In der launigen Hollywood-Satire „Hail, Caesar!“ von den Coen-Brüdern gelang dem Kalifornier Alden Ehrenreich („Blue Jasmine“) der Durchbruch mit einer fulminanten Performance als bodenständiger Cowboy-Star auf Abwegen. Diese außergewöhnliche Talentprobe brachte dem 28-Jährigen die Hauptrolle des jungen Han Solo in dem „Star Wars“-Spin-off „Solo: A Star Wars Story“ ein, wo die Vorgeschichte des legendären Weltraumschmugglers erzählt wird. Dass ausgerechnet Ehrenreichs Schauspielkünste während der schwierigen Dreharbeiten mit dem spektakulären Last-Minute-Regiewechsel von Phil Lord und Christopher Miller („21 Jump Street“) zu Ron Howard drei Wochen vor Ende der regulären Dreharbeiten angezweifelt wurden, ist angesichts des Ergebnisses auf der Leinwand mindestens grob unfair, wahrscheinlich sogar absurd, weil Ehrenreich einen guten Han Solo abgibt!
FILMSTARTS: Weißt du, ob dein Han-Solo-Vorgänger Harrison Ford den Film gesehen hat?
Alden Ehrenreich: Ja, hat er. Zwei Mal sogar und er fand ihn wohl super. Er kam rein, als wir Presse-Interviews gemacht haben und hat mich überrascht. Und das bedeutet für uns alle natürlich unglaublich viel: Auf der einen Seite gibt es das, was Harrison denkt, und auf der anderen das, was der Rest der Welt denkt. Und George Lucas mochte ihn übrigens auch sehr.
Solo: A Star Wars StoryFILMSTARTS: Gab es einen Moment, an dem du dachtest, dass Harrison Fords Fußstapfen zu groß sein könnten?
Alden Ehrenreich: Sobald man für so einen Film unterschreibt, weiß man, dass man eine riesige Herausforderung annimmt, aber das ist ja auch das Spaßige daran. Wenn man sich dafür entscheidet, entscheidet man sich auch für alle Schwierigkeiten, die damit einhergehen. Und obwohl der Druck etwas größer ist, weil das hier schließlich „Star Wars“ ist, ist es doch dieselbe Art von Druck, wie bei jedem anderen Film: Man will gute Arbeit leisten und man will, dass die Leute die Arbeit schätzen. Und darüber hat man nur wenig Kontrolle.
"Solo" ist ein Biopic über eine fiktive Figur
FILMSTARTS: Wie viel Raum für Mehrdeutigkeiten gibt es bei einer Figur wie dieser? Das ist ja schließlich ein Actionfilm.
Alden Ehrenreich: Ich finde, es ist vielmehr ein Biopic über eine fiktive Figur. Und deswegen gibt es eine stärkere Konzentration auf die Erlebnisse einer einzelnen Figur und man lernt mehr über diese. Ich hatte das Gefühl, dass ich mehr an der Figur arbeiten konnte, als man es bei einem Film dieser Größenordnung normalerweise machen kann. Ich hatte also Glück: Ich durfte einen „Star Wars“-Film machen mit allem, was dazu gehört, aber gleichzeitig auch eine echte Rolle spielen.
FILMSTARTS: Wie fandest du Han Solo vor dem Film und hat sich dein Eindruck durch die Dreharbeiten geändert?
Alden Ehrenreich: Auf jeden Fall. Als Kind sieht man einfach seine coole Art, aber dieser Film zeigt einem, dass da noch mehr dahinter steckt.
Ehrenreich liest keine Reaktionen im Internet
FILMSTARTS: Einige Fans waren von „Star Wars: Die letzten Jedi“ überhaupt nicht angetan und haben sehr emotional und negativ reagiert. Bist du auf schlechte Fan-Reaktionen zu „Solo: A Star Wars Story“ vorbereitet?
Alden Ehrenreich: Ich sehe das so: Die Reaktionen sind für mich irrelevant. Meine Arbeit ist erledigt. Wie ich schon sagte: Wenn man so einen Job annimmt, weiß man, auf was man sich einlässt. Ich gehe nicht ins Internet, ich schaue mir das nicht an. Ich bin aber auch sicher, dass die Fans den Film mögen werden, es ist einfach ein großes, spaßiges „Star Wars“-Abenteuer.
FILMSTARTS: Es gibt zahlreiche Momente, in denen Schlüsselszenen aus Hans Geschichte gezeigt werden. Gab es für dich eine Szene, die besonders heraussticht?
Unser Interview zu "Solo: A Star Wars Story": Ron Howard lobt Lord und Millers "großartige" VorarbeitAlden Ehrenreich: Zum ersten Mal den Millennium Falken zu sehen! Auch sich darin aufzuhalten, ist toll, aber die Nacht, in der der Falke zum ersten Mal von außen gezeigt wird – das war ziemlich eindrucksvoll und intensiv und sehr, sehr cool. Und eine andere coole Sache ist: Wenn man den Falken für ein paar Monate geflogen ist, dann weiß man, wo alle Knöpfe sind und wie sich die Sitze anfühlen, es gibt sogar ein Kuhle im Sitz, wo man gesessen hat – das fühlt sich dann an, als würde einem das Schiff tatsächlich gehören.
FILMSTARTS: Wie gut muss man sich mit „Star Wars“ auskennen, um alle Anspielungen zu verstehen?
Alden Ehrenreich: Jeder, der die ursprüngliche Trilogie gesehen hat, wird wahrscheinlich mehr Dinge verstehen. Ich hatte zum Beispiel den Fall, dass ein Familienmitglied keinen der anderen Filme gesehen hatte und mich danach mit Fragen durchlöchert hat. Allerdings hatte ich auch das Gefühl, als ich ihn gesehen habe, dass es einfach eine tolle Abenteuer-Geschichte ist – unabhängig von „Star Wars“.
Vorsprechen in der der Wookiee-Sprache
FILMSTARTS: War eine Menge Übung nötig, um die Sprache der Wookiees sprechen zu können?
Alden Ehrenreich: Ich musste das schon bei meinem Vorsprechen draufhaben, also habe ich mir bei YouTube ein Video von einem Typen angeschaut, der einem zeigt, wie man die ganzen „Star Wars“-Geräusche macht. Es ist eigentlich so ein bisschen wie Gurgeln. Und Joonas Suotamo, der Chewbacca spielt, hat mir dann noch ein paar Kniffe und Tricks gezeigt (macht Wookiee-Geräusche).
FILMSTARTS: Weißt du, was du gerade gesagt hast? Oder habt ihr dem nie wirklich eine Bedeutung zugeordnet?
Alden Ehrenreich: Nur bei der einen Szene, wo es Untertitel gibt [Anm. d. Red.: die, bei der sich Han und Chewie kennenlernen]. Da gibt es gewisse Wiederholungen und die mussten natürlich genau gleich klingen.
FILMSTARTS: Welche typischen „Star Wars“-Momente gibt es in „Solo: A Star Wars Story“ denn noch?
Alden Ehrenreich: Es gibt ganze Szenen, die sich so anfühlen, als hätten Lawrence und Jonathan Kasdan sie aus einer Dialogzeile der alten Filmen gebaut. Beispielsweise die Szene auf Kessel, wo sich Han und Chewie in Verkleidung einschleichen. Da gibt es in „Krieg der Sterne“ eine Szene, in der sie als Sturmtruppler verkleidet sind und Han so etwas sagt wie „Das wird nicht funktionieren“. Aber auch viele der Biopic-Momente, ohne dass sich das erzwungen anfühlt. Bei einem Film über die Vergangenheit einer Figur gehört es einfach dazu, dass man viele der Dinge sieht, die Han in der Original-Trilogie erwähnt. Es fühlt sich organisch an.
Erster Actionfilm für Alden Ehrenreich
FILMSTARTS: „Solo“ und „Hail, Caesar!“ könnten nicht unterschiedlicher sein. Gibt es dennoch Gemeinsamkeiten bei der Arbeit daran?
Alden Ehrenreich: „Star Wars“ ist sicherlich stilisierter. Auch die Coens haben natürlich einen bestimmten Stil, aber auch wenn ihre Figuren überzeichnet sind, folgen sie einer gewissen Logik. „Solo“ ist hingegen eine Action-Komödie, ein Abenteuer. Aber dennoch ist es im Grunde genommen dieselbe Arbeit: Man setzt alles daran, dass die Szene klappt und dass man gut mit den anderen Darstellern zusammenarbeitet. Bei „Solo“ kam dann aber noch die körperliche Seite hinzu, viel mehr als ich jemals gedacht hätte. Ich hatte vorher noch nie einen Actionfilm gedreht, aber es hat viel Spaß gemacht, das zu lernen. Auch ein Gefühl für eine Actionszene zu entwickeln: Mit dramatischen Szenen habe ich schon eine Menge Erfahrung und weiß, was ich gut finde, aber bei Actionszenen musste ich erst noch rausfinden, was zu meiner Figur passt. Ich spiele ja nicht Jet Li, sondern jemanden, der zumeist gerade eben so überlebt.
Keine fertigen Szenen von Phil Lord und Chris Miller gesehen
FILMSTARTS: Worin bestand der Hauptunterschied in der Arbeit mit dem Team Phil Lord/Christopher Miller und Ron Howard?
Alden Ehrenreich: Phil und Chris haben einen bestimmten Stil, den du in ihren Filmen erkennst. Ich mag es sehr, mit ihnen zu arbeiten. Dann gab's aber diese kreativen Differenzen, aber als Ron Howard übernahm, sprach er wirklich die Sprache von „Star Wars“. Er liebte „Star Wars“ und alle waren sehr begeistert, die Möglichkeit zu haben, mit ihm zu arbeiten.
FILMSTARTS: Kannst du ein bisschen genauer beschreiben, was du mit dem Stil von Lord/Miller meinst?
Alden Ehrenreich: Sie haben ihre eigene Art zu arbeiten, die sie wahrscheinlich auch bei uns etwas mehr eingebracht haben. Aber ich weiß es nicht wirklich, denn ich habe ihre fertigen Szenen nicht gesehen. Also habe ich keine große Ahnung, was die Unterschiede waren, denn wir drehten mit Phil und Chris und Ron dieselben Szenen. Wir haben mit Phil und Chris improvisiert, wir haben mit Ron improvisiert. Jon Kasdan war dabei und hat uns sehr unterstützt. Ich bin nicht die beste Person, die Frage nach dem Stil zu beantworten. Die Leute im Schneideraum wissen das besser.
FILMSTARTS: Heißt das, dass sich durch den Wechsel für dich nichts verändert hat?
Alden Ehrenreich: Was mein Schauspiel angeht, meinen Job, Han zu spielen, sagte mir Ron: „Mach weiter so wie bisher.“ Es gab keine wirkliche Kurskorrektur. Ich war offen dafür, aber das war gar nicht gewollt. Die Veränderungen passierten wohl woanders.
FILMSTARTS: Wie war das, mit einem wandelnden Bettvorleger zu arbeiten?
Alden Ehrenreich: Ich wusste nicht, was ich erwarten sollte. Aber Joonas brachte so viel Herz mit und ist einfach der perfekte Chewie: Über zwei Meter groß, hat blaue Augen, ging zur Filmschule und ist unglaublich lustig. Er war mit dem Original-Chewie Peter Mayhew im Boot Camp. Trotz aller Limitierung, zum Beispiel was die Kommunikation angeht, hab ich gespürt, mit einem präsenten, offenherzigen Schauspieler zu arbeiten.
FILMSTARTS: Die blauen Augen waren wirklich wichtig?
Alden Ehrenreich: So ist es, genauso wie sein Stunt Double. Wenn der Schauspieler braune Augen hätte, würde man sie wahrscheinlich kaum sehen, weil dann der Kontrast zum braunen Fell fehlen würde. Es gibt übrigens ein ganzes Team, das sich am Set nur um die Wookiees kümmert. In der Kreaturenabteilung ist ein Bereich nur für Wookies da, wo sie das Fell herstellen und die Kostüme. Das ist wie in der Weihnachtsmann-Werkstatt.
Ehrenreichs liebste "Star Wars"-Momente
FILMSTARTS: Was sind deine liebsten „Star Wars“-Momente?
Alden Ehrenreich: Ich habe drei: Erstens, als Han in der Schlacht um den ersten Todesstern zurückkommt, um Luke zu retten, der Wooohooo-Moment. Ich weiß noch, wie es sich als Kind angefühlt hat, das zu gucken. Zweitens, seine Todesszene und Chewies Schrei danach, das ist so kraftvoll, wie es nur geht. Außerdem mag ich Yoda. Es ist klasse, wie George es geschafft hat, diese irgendwie sehr geistreichen philosophischen Konzepte auf eine verständliche Art rüberzubringen, darunter das Konzept der Macht.
FILMSTARTS: Fehlt die Macht im neuen Film?
Alden Ehrenreich: Nun, dieser Film spielt in einem anderen Teil der „Star Wars“-Welt. Als Kind mochte ich die Cantina und dieser Film ist eine Art Erweiterung davon. Es geht um die Unterwelt, um Gangster. Der „Solo“-Film ist außerdem deswegen anders, weil es um moralische Ambivalenz geht, nicht um den Kampf zwischen Licht und Dunkelheit. Es ist sehr unklar, wer die Guten und wer die Bösen sind, und das passt wunderbar zur Figur Han Solo. Der hat sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden.
FILMSTARTS: Bis du darauf vorbereitet, dass du den Han Solo nun nie mehr loswirst?
Alden Ehrenreich: Wir werden sehen, ob das passiert. Für manche Schauspieler gilt das, für andere nicht. Bei Natalie Portman zum Beispiel denken die Leute bestimmt nicht zuerst an „Star Wars“. Aber ich liebe die Figur Han Solo und habe deswegen kein Problem damit, falls es passiert.
„Solo: A Star Wars Story“ läuft seit dem 24. Mai 2018 in den deutschen Kinos.