Mein Konto
    Unser Interview zu "Solo: A Star Wars Story": Ron Howard lobt Lord und Millers "großartige" Vorarbeit

    Wir haben den Regisseur des neuen „Star Wars“-Spin-offs in Cannes zum Gespräch getroffen und mit Ron Howard über den Einfluss seiner geschassten Vorgänger Phil Lord und Chris Miller gesprochen.

    2017 Lucasfilm Ltd. & ™, All Rights Reserved. / Jonathan Olley

    Es ist das erste Mal überhaupt, dass ein Regie-Oscargewinner einen „Star Wars“-Film inszeniert, dabei hatte Ron Howard („A Beautiful Mind“, „Apollo 13“) einst die Regie zu „Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung“ als zu „einschüchternde Aufgabe“ abgelehnt. Aber nachdem das Regie-Duo Phil Lord und Christopher Miller wegen „kreativer Differenzen“ im Juni 2017 nur drei Wochen vor Ende der regulären Dreharbeiten vom „Solo: A Star Wars Story“-Set gefeuert wurde, sprang Howard in letzter Minute ein – und drehte Berichten zufolge 70 bis 80 Prozent des „Han Solo“-Spin-offs neu. Eine schwierige Aufgabe, die der erfahrene Filmemacher souverän gemeistert hat. Aber viel Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, hatte Howard laut eigener Aussage vor dem spontanen Einspringen bei der Vorgeschichte des berühmten Weltraumschmugglers Han Solo sowieso nicht.

    FILMSTARTS: Du bist nicht als Regisseur großer Actionszenen bekannt. Was hat dich überzeugt, „Star Wars“ zu drehen?

    Ron Howard: Ich hatte das vorher nie ernsthaft in Erwägung gezogen, kenne aber George Lucas seit einer langen Zeit und konnte bei vielen der Filme hinter den Vorhang schauen. Als ich dann das „Solo“-Skript gelesen hatte, war ich als Fan wirklich zufrieden. Ich dachte: „So kann eine Abenteuergeschichte über einen jungen Han Solo funktionieren, denn sie ist unterhaltsam und überrascht mich.“ Also dachte ich, ich könnte meinen Beitrag leisten. Es stimmt: Viel große Actionszenen habe ich nicht gemacht, vielleicht die Rennszenen in „Rush“ und einige Sequenzen in „Im Herzen der See“, außerdem „Willow“ und „Backdraft“ damals. Eine der schönen Überraschungen von „Solo“ war, wie viel Spaß es mir gemacht hat, die Action zu inszenieren.

    In diesem Fall war die Action außerdem für die Figuren wichtig. Ich wollte sicherstellen, dass der Zuschauer immer die Perspektive von Han Solo versteht. Sowohl in den Action- als auch in den Figurenszenen sollte immer deutlich werden, was den jungen Han Solo beeinflusst, ob sie nun lustig oder gefährlich sind.

    Solo: A Star Wars Story

    FILMSTARTS: Was braucht ein Film, um „Star Wars“ zu sein?

    Ron Howard: Wookiees helfen! Menschen, Droiden und Aliens kommen da auf ganze eigene Art zusammen. Dazu gehören auch die ikonischen Bilder des Imperiums. Das erdrückende Gefühl, die TIE Fighter zu sehen. Die Produktionsdesigner und die Leute, die fürs Design der Kreaturen zuständig sind, verstehen diese Ästhetik sehr genau. Sie verbindet die Kinofilme mit den Animationsfilmen, Comicbüchern und Videospielen. Ich war allerdings angenehm überrascht, dass es sich nicht wie Fließbandfertigung anfühlt. Das sind sehr kreative Leute, die es lieben, in diesem Sandkasten zu arbeiten, der einen großen Spielraum bietet.

    Viel Lob für Lord und Miller

    FILMSTARTS: Wie wir jetzt mehrfach gesehen haben, kommt es bei der Arbeit an „Star Wars“ schon mal zu kreativen Differenzen. Heißt das, es gibt bestimmte Regeln, an die man sich halten muss?

    Ron Howard: Es braucht das Verständnis für die „Star Wars“-Kultur. Ich bin an den Film rangegangen, fast als wäre es eine wahre Geschichte, so wie ich in „Rush“ der Formel 1 gerecht werden wollte oder in „Apollo 13“ der NASA.

    Was die kreativen Differenzen bei „Solo“ angeht: Bevor ich eingestiegen bin, habe ich davon nichts mitbekommen. Phil Lord und Chris Miller sind großartig, unglaublich talentiert und mir gegenüber sehr großzügig, respektvoll und unterstützend. Ich kam an Bord, weil mir das Drehbuch wirklich gefiel – und ein ordentlicher Teil von dem, was schon gemacht worden war. Ich war mit vielen Dingen einverstanden und behielt sie, entweder teilweise oder komplett.

    FILMSTARTS: Welche von Phils und Chris‘ Ideen fandest du super?

    Ron Howard: Ich möchte keine konkreten Beispiele geben, denn ich will nicht, dass das Publikum in den Film geht und darauf schaut, wer was gemacht hat. Diese Filme sind dafür gemacht, dass sich die Zuschauer darin verlieren. Ich mochte auf jeden Fall den Humor, den Phil und Chris eingebracht haben und behielt außerdem die Ästhetik im Wesentlichen bei. Sie haben außerdem großartige Entscheidungen bei der Besetzung getroffen.

    FILMSTARTS: Du kennst dich mit „Star Wars“ aus. Hast du dich in diesem riesigen Universum trotzdem verloren gefühlt?

    Ron Howard: Ich hatte nicht wirklich Zeit, verloren zu sein. Ich musste mich bei diesem Film so sehr auf meine Instinkte verlassen, wie nie zuvor. Reingegangen bin ich in dem Geist, zu helfen, auszuführen und mehr vom Skript umzusetzen. Ich musste die ganze Zeit vorwärtsdrängen. Das war eine interessante Übung. Es hat nicht lange gedauert, bis ich mich wohlfühlte und ich mehr von mir in die Szenen eingebracht habe.

    Ich habe die ganze Crew so gelassen, wie sie war, niemanden ausgewechselt, denn ich wollte nicht, dass sich jemand außer mir neu reinfinden musste. Es war ein Experiment in Sachen Führung, denn ich arbeitete nicht mit meinem gewohnten Team. Das ist nicht unbedingt, wie ich künftig arbeiten will, aber es war eine wirklich interessante und befriedigende Erfahrung.

    FILMSTARTS: Hat es sich jemals so angefühlt, als hättest du das Kind von jemand anderem großgezogen?

    Ron Howard: Immer bis zu einem gewissen Grad. Aber ich wurde trotzdem auf das Kind stolz und fühle mich für den Film verantwortlich.

    "Chewbacca"-Spin-off: Das Untertitel-Problem

    FILMSTARTS: Wird Chewbacca eigentlich auch mal seinen eigenen Film bekommen?

    Ron Howard: Ich liebe ihn, aber wer weiß. Das würde nicht einfach werden, denn es gibt die Regel, dass Chewbacca nie untertitelt wird. Es werden aber demnächst auf jeden Fall viele unterschiedliche Ecken der Galaxis erkundet werden. Jon Favreau [spricht in „Solo: A Star Wars Story“ den Weltraumpiloten Rio] etwa produziert eine Realserie, über die er sich wirklich freut. Trotzdem arbeiten wir, wenn wir „Star Wars“ machen, nicht wie in einer Fabrik. Kathleen Kennedy setzt sich als Produzentin für die Regisseure ein. Es gab Konflikte und Enttäuschungen und sie musste Änderungen vornehmen, aber das liegt nicht in ihrer Natur. Es waren einfach die Umstände. Sie will nicht alles kontrollieren, sie möchte, dass die Regisseure und Autoren die Richtung vorgeben.

    FILMSTARTS: Welche Charaktereigenschaften machen Han Solo zu Han Solo?

    Ron Howard: Swagger, Selbstsicherheit, Draufgängertum, aber er muss außerdem ein Paradox sein. Er ist ständig hin- und hergerissen. Er lebt in einer Grauzone, Dinge sind nicht einfach nur schwarz oder weiß für ihn. Er ist ein Angeber, er ist mutig, er kann was, ist aber auch unsicher und zweifelt. Er hat Probleme, zu vertrauen. Es steckt viel Charme darin, dass er gut aussieht, fähig ist und in gefährlichen Situationen großartige Instinkte hat, aber er macht auch Fehler und ist eben nicht immer der klügste Typ im Raum.

    FILMSTARTS: Hat Han Solo Ideale?

    Ron Howard: In diesem Film ja, später ist er zynischer. Ich mochte an der Geschichte, dass es dort im Grunde darum geht, Freiheit zu erlangen. Das sehen wir bei Han, das sehen wir bei Qi'Ra [gespielt von Emilia Clarke]. Viele der Figuren, die er trifft, haben ihre eigenen Unterdrücker, von denen sie sich befreien wollen. Es gibt keinen Krieg, aber Individualismus und Hoffnung werden unterdrückt. Das ist ein Thema, das bei „Star Wars“ immer ziemlich zentral ist. Als ich an „Solo“ gearbeitet habe, wurde mir klar, warum Leute es mögen, diese Filme mehr als nur ein Mal zu schauen. Es gibt da eine einzigartige Kombination von Unterhaltungswerten, die bei anderen Filmen vielleicht nicht akzeptiert werden: diese Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit, die Einflüsse unterschiedlicher Kulturen. Und dann sind da diese moralischen Dilemma, mit denen sich die Figuren plagen müssen, und die Technik des modernen Kinos, die sich gleichzeitig klassisch anfühlt. Es ist diese Kombination, die „Star Wars“ sehr einzigartig macht. Das zu inszenieren, ist wie 3D-Schach zu spielen, wirklich kompliziert.

    FILMSTARTS: Ein Mensch-Droide-Paar, der Einsatz für Minderheiten – es stecken wirklich interessante Ideen im Film. Waren die von Anfang an im Skript?

    Ron Howard: Zum großen Teil. Die Beziehung von Lando und L3 war zum Beispiel schon sehr definiert. Wir haben darauf aufgebaut. Die Szene, in der sich L3 von Frau zu Frau mit Qi'ra unterhält, wurde zum Beispiel von Jon Kasdan erst in der Nacht vor dem Dreh geschrieben und wir haben sie dann einfach als Experiment ausprobiert.

    „Solo: A Star Wars Story“ läuft seit dem 24. Mai 2018 in den deutschen Kinos.

    facebook Tweet
    Ähnliche Nachrichten
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top