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    "Twin Peaks: The Return": Unser erster Eindruck von der Rückkehr der Kultserie

    Seit dem 22. Mai 2017 sind die ersten vier Episoden der neuen „Twin Peaks“-Staffel von David Lynch und Mark Frost auch in Deutschland zu sehen. Wir haben einen Blick riskiert und verraten euch, ob der Auftakt Lust auf mehr macht.

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    Dale Cooper (Kyle MacLachlan) und ein Riese (Carel Struycken) sitzen einander gegenüber, gemeinsam lauschen sie einem nicht sehr lauten, aber bestimmten und vor allem schauerlichen Kratzen, das aus einem Grammophon schallt. „Es kann jetzt nicht alles laut ausgesprochen werden. Erinnere dich an 430“, gibt der Hüne dem früheren FBI-Agenten mit auf den Weg. Es ist nicht die erste Begegnung der beiden, schließlich stand dieser Riese Cooper bereits in früheren „Twin Peaks“-Folgen mit kryptischen Hinweisen zur Seite. Und natürlich befinden wir uns zu Beginn von „The Return“ nicht einfach irgendwo, sondern in der berühmten Black Lodge, einem mythischen Ort zwischen Diesseits und Jenseits, Bewusstsein und (Alb-)Traum – genau hier spielte im Jahr 1991 bereits das vorzeitige Finale der Kultserie und hier war es auch, wo Cooper seine Seele opferte, um seine geliebte Annie (Heather Graham) aus den Fängen des Dämons Bob (Frank Silva) zu befreien.

    26 Jahre sind mittlerweile vergangen, seit die „Twin Peaks“-Schöpfer David Lynch und Mark Frost mit einer eigenwilligen Mischung aus Mystery-Drama, Seifenoper und Kriminalgeschichte die Fernsehlandschaft revolutionierten und den Weg bereiteten für innovative Qualitätsserien wie „Akte X“, „Lost“ oder Lars von Triers „Geister“. Damals prophezeite Sheryl Lee als Mordopfer Laura Palmer dem Zuschauer in der Serie ein Wiedersehen nach 25 Jahren und nun machen die Macher diese Ankündigung mit nur geringfügiger Verspätung tatsächlich wahr.

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    David Lynch kehrt zehn Jahre nach seinem bisher letzten Kinofilm „Inland Empire“ auf den Regiestuhl zurück und inszeniert höchstpersönlich sämtliche 18 Folgen der neuen Staffel, die er selbst weniger als Fortsetzung betrachtet, sondern als unabhängige neue Miniserie im Geiste des Originals. Geradezu schlafwandlerisch wird im typischen assoziativen Stil des Regisseurs an Motive und Ereignisse aus der finalen Staffel 2 der ursprünglichen Serie angeknüpft, klar erkennbare Bezüge gibt es auch zum umstrittenen Kino-Prequel „Twin Peaks: Fire Walk With Me“ von 1992. Alte Fans werden sich zudem über das Wiedersehen mit vielen der von damals bekannten Figuren freuen. Für komplette „Twin Peaks“-Neulinge gilt die Empfehlung, sich vorher die alten Folgen oder zumindest den Film anzuschauen – dieses bedeutende Stück Fernsehgeschichte nachzuholen lohnt sich sowieso und es zu kennen, vergrößert das Vergnügen an „Twin Peaks: The Return“ noch.

    Kyle MacLachlan spielt in „The Return“ wieder die Hauptrolle und die Integrität seines (Ex-)FBI-Agenten Dale Cooper steht auf dem Spiel. Der besonnene, sensible Ordnungshüter, den wir aus den vorigen Staffeln kennen, ist seit seinem Annie-Rettungsversuch nämlich in der Black Lodge gefangen, während eine böse, gar nicht mehr an Kirschkuchen denkende Version von ihm mit langen Haaren und Lederjacke in der „realen“ Welt – beziehungsweise dem, was man anhand des Gezeigten am Ehesten dafür halten könnte – mordend und sabotierend ihr Unwesen treibt. Das Phantastische hält jetzt nicht mehr bloß in dem verschlafenen, titelgebenden Städtchen Twin Peaks im Bundesstaat Washington Einzug, sondern verbreitet sich weit darüber hinaus: In New York, in Spielcasinos in der Vorstadt und sogar im All, wohin Cooper zwischenzeitlich einen kleinen Abstecher unternimmt.

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    Gerade der Big Apple tut sich bereits zu Anfang in ganz besonderem Maße als weltliche Schauerstätte hervor, womit klar wäre, dass das übersinnliche Grauen dieses Mal nicht lediglich auf nächtlichen Landstraßen oder in dunklen Wäldern, sondern auch inmitten beleuchteter Wolkenkratzer lauert. In einer Fabriketage bewacht der junge Sam (Benjamin Rosenfield) einen großen, geheimnisvollen Glaswürfel und soll darauf achten, ob sich etwas darin tut – die Ruhe und Beharrlichkeit, mit der die Kamera das Objekt, das seinerseits mit Kameras ausgestattet ist, wiederholt abtastet, legt dann tatsächlich sehr schnell nahe, dass sich hinter diesem so mit Bedeutung aufgeladenen Quader noch etwas ganz anderes verbirgt. Was genau mit Sam und seiner Freundin Tracy (Madeline Zima) passiert, mit der er verbotenerweise im Aufsichtsraum Sex hat, passiert, wird noch zu klären sein – auf den Fall angesetzt ist zumindest, unterstützt vom Kollegen Albert (Miguel Ferrer), niemand Geringeres als der schwerhörige Chefermittler Gordon Cole, abermals verkörpert von David Lynch persönlich.

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    Abgesehen von der räumlichen Expansion ist in der nur vermeintlich harmonischen Welt von „Twin Peaks“ vieles beim Alten geblieben – dies beweist niemand so sehr wie die sympathisch-einfältige Lucy (Kimmy Robertson), die auch 2017 erst noch in der Gegenwart ankommen muss: Ihr Ehemann Andy (Harry Goaz) erklärt ihr mit einer Engelsgeduld, wie ein Mobiltelefon funktioniert ... Noch wie damals arbeitet das Paar (er als Deputy, sie als Sekretärin) unter Sheriff Truman in Twin Peaks. Hier wird auch schon mal ausführlich über Schokoladenhasen debattiert, die Uhren ticken immer noch ein wenig anders als in schnelllebigen Metropolen.

    Schon die ersten vier Episoden kündigen „Twin Peaks: The Return“ als launisches Monster an, das nur schwer zu bändigen sein wird. Von sprechenden, blattlosen Bäumen mit Gehirn bis hin zu Agenten aus der Steckdose - das Geschehen geht über den ganz normalen Wahnsinn deutlich hinaus. David Lynchs Einfallsreichtum scheint sich einmal mehr aus atmosphärischen Fieberträumen oder abgefahrenen Drogenphantasien zu speisen, entsprechend seltsam und faszinierend ist auch „Twin Peaks: The Return“.

    Die ersten vier Episoden sind im Originalton bereits über Sky On Demand, Sky Go und Sky Ticket abrufbar, die deutsche Synchronfassung wird bei Sky Atlantic HD ab dem 25. Mai 2017 ausgestrahlt. Es folgt im Wochenabstand jeweils eine weitere Folge.

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