Die Oscar-Saison läuft. In den nächsten Wochen und Monaten werden die verschiedensten Filmpreise vergeben, am Ende steht die große Goldjungenverleihung. Ganz vorne im Terminkalender stehen die Gotham Awards, ein Preis, bei dem man sich vor allem auf unabhängige Produktionen konzentriert, Hollywood-Werke dagegen gemieden werden. Und trotzdem ist der New Yorker Filmpreis ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu den Oscars.
Nun wurde der am 9. März 2017 in den deutschen Kinos startende „Moonlight“ als Bester Film ausgezeichnet. In dem auf verschiedenen Zeitebenen ablaufenden Drama geht es um das Heranwachsen eines jungen Mannes. Der bereits von Kritikern gefeierte „Moonlight“ gilt damit nun endgültig als ernsthafter Oscar-Kandidat. Für viele Award-Spezialisten ist er nun auch erst einmal der Top-Favorit. In den beiden vergangenen Jahren wurde mit „Birdman“ und „Spotlight“ schließlich bei den Gotham Awards bereits der spätere Oscar-Gewinner ausgezeichnet.
Eine feste Regel darf man daraus allerdings nicht ableiten, dafür sind die Gotham Awards zu klein. So entscheidet dort nur eine Jury aus nicht einmal einer Handvoll Personen über die Auszeichnungen. Wie eingangs erwähnt, sind große Hollywood-Produktionen nicht dabei. So war der von vielen Insidern als großer Oscar-Favorit gehandelte „La La Land“ nicht unter den Nominierten. Und ein Film wie Martin Scorseses „Silence“ wurde ohnehin noch nicht gezeigt. Wie allerdings die Experten vom Hollywood Reporter bemerken, haben die Gotham Awards große Signalwirkung. Wer hier ausgezeichnet wird, rückt ins Rampenlicht. Die Oscar-Wähler wissen nun, dass sich die mit einem Film wie „Moonlight“, der nicht nur als Bester Film, sondern auch für das Beste Drehbuch sowie mit einem Spezialpreis für das Ensemble und dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde, intensiv beschäftigen müssen. Wer den Film bislang noch nicht gesehen hat, dürfte das nun nachholen. Zudem zeige der massive Applaus der anwesenden Stars und Hollywood-Macher bei der Bekanntgabe der Auszeichnung, dass „Moonlight“ extrem viele Fans in Hollywood habe. Und das ist definitiv ein Indikator für weitere Preise.
Auch die ausgezeichneten Schauspieler dürften durch die Gotham Awards nun Aufwind bekommen. Als bester Darsteller wurde so Casey Affleck für „Manchester By The Sea“ gekrönt. Er gilt ohnehin als einer der großen Favoriten im Oscarrennen. Bei den Darstellerinnen gewann derweil Isabelle Huppert für „Elle“, was ihr laut den Experten vom Hollywood Reporter einen extrem Push geben könnte, da sie bei den Listen für das Oscarrennen bislang nicht ganz oben stand (ausländische Filme haben es bei dem amerikanischen Preis in den Hauptkategorien meist etwas schwerer). Nun dürfte sie definitiv auf dem Zettel vieler Wähler stehen. Die Kollegen von Variety ziehen in diesem Fall einen Vergleich zu Matthew McConaughey, der für seine Darstellung in „Dallas Buyers Club“ anfangs nicht ganz vorne bei den diversen Oscar-Überlegungen stand. Als er bei den Gotham Awards dann ausgezeichnet wurde, beschäftigte sich plötzlich jeder mit ihm und einige Monate später schlug er die Konkurrenz um Leonardo DiCaprio („The Wolf Of Wall Street“).
Beim Hollywood Reporter verweist man zudem darauf, dass die bloße Anwesenheit bei den Gotham Awards mittlerweile sehr wichtig sei, um die Oscar-Chancen zu erhöhen. Daher lassen es sich die Stars nicht mehr nehmen, der Verleihung beizuwohnen. So war Amy Adams zu Gast, obwohl sie nicht selbst nominiert war. Ihr wurde aber Tribut für ihre Verdienste um die Filmindustrie gezollt. Laut den Einschätzungen des Hollywood Reporters sei es vorher fraglich gewesen, ob Adams eine Nominierung für „Arrival“ bekommen wird. Sie stünde beim in diesem Jahr sehr umkämpften Schauspielerinnenrennen ziemlich genau auf der Kippe. Eine flammende Rede von Cate Blanchett darüber, wie großartig Adams sei, könnte aber nun genau der Schubser gewesen sein, der Adams zu einer Oscarnominierung verhilft. So eine Rede präge sich ein, bei den Oscar-Wählern dürfte die Performance von Adams in dem seit dem 24. November 2016 laufenden „Arrival“ nun rückblickend noch einmal eine gehörige Spur aufgewertet worden sein.
Nachfolgend noch die Gewinner bei den Gotham Awards in der Übersicht:
Bester Film: „Moonlight“
Bester Schauspieler: Casey Affleck für „Manchester By The Sea“
Beste Schauspielerin: Isabelle Huppert für „Elle“
Spezialpreis der Gotham Jury: das Ensemble von „Moonlight“
Beste Dokumentation: „O.J.: Made In America“
Regie-Durchbruch-Preis: Trey Edward Shults für „Krisha“
Schauspieler-Durchbruch-Preis: Anya Taylor-Joy für „The Witch“
Bestes Drehbuch: „Moonlight“