FILMSTARTS: David Yates hat uns gerade in seinem Interview bestätigt, dass du die erste Wahl für die Hauptrolle in „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ warst. Hast du das Angebot denn sofort angenommen?
Eddie Redmayne: Ja, auf jeden Fall. Ich habe David sechs oder sieben Monate zuvor getroffen und wir haben nur ganz lose über die Idee des Films gesprochen, als es noch nicht einmal ein Drehbuch gab. Das Skript war dann auch für mich der letzte ausschlaggebende Punkt. Als ich es schließlich las, war es verrückt, wie aufregend es war, wieder in diese magische Welt von J.K. Rowling einzutauchen, die wir alle kennen, und trotzdem dabei auch ganz neue Sphären zu entdecken. Das war einfach wundervoll!
FILMSTARTS: Du bist also selbst ein großer Fan der „Harry Potter“-Bücher?
Eddie Redmayne: Ja, ich habe alle Bücher gelesen und die Filme gesehen. Für mich war das jedes Jahr wie ein Ausbruch aus der Realität. Hier zum Beispiel drehen wir ja eine Szene im MACUSA, dem amerikanischen Zaubereiministerium tief unter der Erde. Und all die Schreibmaschinen, die ihr hier seht, tippen durch Magie von selbst. Ein regelrechter Bürokratie-Kerker. (Lacht.) Das beschriebene Papier verwandelt sich dann origami-artig selbst in Ratten, die dann in einer Art Rohrpost verschwinden. Wenn man bei den Dreharbeiten zusieht, sieht das erstmal sehr unspektakulär aus. Aber was ich gerade an diesem Projekt mag, ist, wie eng man mit den Effekte-Team zusammenarbeitet, diesen ganzen talentierten Leute, die einem ihre Zeichnungen und Ideen zeigen, damit auch wir verstehen, wie magisch dann der fertige Film aussehen soll.
FILMSTARTS: Der Ton des Films soll diesmal auch ein anderer sein als bei den „Harry Potter“-Filmen?
Eddie Redmayne: Als ich das Skript gelesen habe, sah ich da einen Abenteuerfilm, einen Thriller, aber auch witzige und bewegende Elemente. Wenn es uns gelingt, all das auch auf die Leinwand zu transportieren, erreichen wir hoffentlich eine wunderbare Balance.
FILMSTARTS: Deine Rolle umfasst neben einer ernsten und einer magischen Seite auch Slapstick-Humor, oder?
Eddie Redmayne: Im Skript beschreibt J.K. Rowling den Gang von Newt als „sehr speziell“. Das war für mich der Ausgangspunkt. Außerdem ist da noch Dan Fogler, ein wunderbarer Comedian in der Rolle von Jacob, der auch tollen körperlichen Humor mitbringt.
FILMSTARTS: Was ist eigentlich zum Hogwarts-Hintergrund deiner Figur Newt bekannt?
Eddie Redmayne: Newt war ein Hufflepuff, aber ich kann euch leider nicht viel zu seiner Vergangenheit erzählen, weil ich einiges darüber selbst nicht weiß. Im Gegensatz zu Joanne K. Rowling. Das Besondere an der Arbeit mit J.K. Rowling war, dass sie, obwohl es keinen Roman zu diesem Film gibt, dieses unglaubliche Hintergrundwissen zu allen Aspekten hat. Wir trafen uns und redeten eine Stunde lange genau über solche Details: Woher kommt er? Was für eine Beziehung hatte er zu seiner Familie? Aber das kann ich leider nicht preisgeben. Das liegt bei ihr. (Lacht.)
FILMSTARTS: Newt ist außerdem ein Entdecker, der viel gereist ist und Tierarten erforscht hat, bevor er nach New York kommt. Weißt du mehr über diese Lebensphase?
Eddie Redmayne: Auch darüber habe ich mit J.K. geredet. Ich habe das Lexikon „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ gelesen und mich mit Newts Reisen und dem Wesen der verschiedenen Tiere vertraut gemacht. J.K. Rowling erklärte mir dann, welche wir im Film zu sehen bekommen und warum. Newt sucht vor allen Dingen nach bedrohten phantastischen Tierwesen, da sie den Geheimhaltungsstatus der magischen Gemeinde gefährden, und kümmert sich um sie. Er ist ein großer Idealist und wünscht sich, dass es mit den richtigen Bildungsprogrammen möglich wird, die Tiere als vollwertige Mitglieder der Zaubergemeinschaft zu integrieren.
FILMSTARTS: Von allen phantastischen Tierwesen, die wir im Film zu sehen bekommen, welche hast du am meisten ins Herz geschlossen?
Eddie Redmayne: Ich denke, ich habe zwei Lieblinge. Eins ist der Niffler. Das ist eine wahre Hass-Liebe, denn er gehorcht einfach nicht. Doch insgeheim hat Newt eine tiefe Zuneigung zu ihm. Das andere ist der Bowtruckle, der ganz offensichtlich ein Bindungsproblem hat. (Lacht.)
FILMSTARTS: Trotzdem werden die Tiere erst später am Computer ergänzt. Während des Drehs standen euch daher nur Puppen als Orientierung zur Verfügung. Wie bist du damit zurechtgekommen?
Eddie Redmayne: Meine Angst war, dass ich alles vor Green Screens machen muss und meine Vorstellungskraft nicht besonders gut ist. Ich habe bereits in anderen Projekten die Erfahrung gemacht, dass es sehr kompliziert sein kann, sich seine komplette Umwelt auszumalen. Aber hier haben sie diese unglaublichen Kulissen designt, die schiere Größe der Sets ist der Wahnsinn! Es gibt echte Autos auf den Straßen, Komparsen soweit das Auge reicht. Man bekommt wirklich das Gefühl, in einem historischen Film mitzuwirken, doch Newts Liebe zu den Tieren ist einer der wichtigsten Aspekte überhaupt. Und obwohl David Yates schon an so vielen großen Filmen gearbeitet hat, fragte er mich: „Was brauchst du, um diese Beziehung so realistisch wie möglich darzustellen?“
Also traf ich mich mit dem Movement Director Alex Reynolds, ein gelernter Tänzer, mit dem ich bereits bei „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ und „The Danish Girl“ zusammengearbeitet hatte. Gemeinsam besuchten wir Zoologen und Tierspurenleser und schauten uns an, wie sie mit Tieren interagieren. Das war der Ausgangspunkt, doch für einige phantastische Tiere war schnell ersichtlich, dass wir mit Menschen als Ersatz arbeiten müssen, was die Interaktion als Schauspieler unglaublich erleichtert. Auch Puppenspieler kamen bei den Proben zum Einsatz, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich ein Tier bewegt und um die eigenen Reaktionen später beim Dreh auch ohne Puppe imitieren zu können.
Mit dem Erumpent, einem nashornartigen Wesen, gibt es beispielsweise eine Szene, in der ich versuche, ihn zu zähmen. Die haben wir zuerst mit Puppenspielern geübt, die später für die Aufnahmen das Set verließen. Doch es war wunderbar, diese Erinnerung und Erfahrung vorher macht zu haben. Das Puppen-Team, das auch schon das Musical „Gefährten“ zum Leben erweckte, war großartig.
FILMSTARTS: Was war neben der Interaktion mit den Tierwesen-Puppen die herausforderndste Aufgabe, die du zu bewältigen hattest?
Eddie Redmayne: Die Anforderungen waren schon nicht so einfach: „Steh auf, stell dir vor, ein Tier sitzt auf deiner Schulter, eins schnappt nach deinem Fuß, während du dort (zeigt in andere Richtung) ein Gespräch führst.“ Und ich bin ein schlechter Multi-Tasker. Man gibt also sein Bestes, auch wenn man sich lächerlich vorkommt und hofft, dass es sich später zusammenfügt. Katherine Waterston und ich beschrieben es immer wie die Bewegungsübung, bei der du eine Hand auf dem Kopf auf und ab bewegst, während die andere Kreise vor deinem Körper zeichnet. (Macht die Bewegung vor, lacht.)
FILMSTARTS: Wo du gerade von deiner Filmpartnerin Katherine Waterson sprichst: Der Film wird auch eine Liebesgeschichte enthalten. Was kannst du uns über diesen romantischen Aspekt der neuen „Harry Potter“-Welt verraten?
Eddie Redmayne: Was ich an dem Film mag, ist, dass er nur einen Zeitrahmen von wenigen Tagen umspannt. Das ist kurz und Leute finden sich bzw. werden unverhofft vom Schicksal zusammengeworfen. Da hätten wir die zwei Hexen-Schwestern Porpentina und Queenie, den Muggel Jacob und mich. Ungleicher könnten die Figuren nicht sein, aber durch die gemeinsamen Ereignisse machen sie einige neue Entdeckungen. Newt beispielsweise ist bis dahin ein Einzelgänger, der sich mit Tieren viel wohler fühlt als mit Menschen, und auf einmal trifft er Tina, mit der er auf einer Wellenlänge liegt. Das entwickelt sich ganz behutsam, aber es war wunderbar, das zu spielen. Zu Beginn können sie sich nämlich nicht ausstehen, aber am Ende spürt man eine Verbundenheit.
FILMSTARTS: Was ist das besondere an deinem Zauberstab und wie viel wird gezaubert?
Eddie Redmayne: Das ist DER Traum, der wahr wird, wenn man an einem solchen Film mitarbeitet. Du kommst zu den Proben hier nach Leavesden, London - und sie haben eine komplette Abteilung nur für Zauberstäbe. Dann führt man Gespräche über die Charaktereigenschaften der Figur und sie entwickeln daraus sieben verschiedene Designs für mögliche Zauberstäbe. Und dann hat man die Qual der Wahl: Etwas mit Leder? Tieren? Muscheln oder Fossilien? Alle Exemplare waren so verschieden. Aber Newt ist ein bescheidener Typ, ohne große Erwartungen, der sehr naturverbunden ist. So ist es letztendlich ein holzgeschnitzter Zauberstab mit einer Muschel am Griff geworden.
Und ich darf damit einige Zaubersprüche vollführen, wie zum Beispiel Petrificus Totalus. Mein Lieblingszauberspruch! Ich habe mir auch noch einmal die anderen Filme angesehen, um zu sehen, wie sie anwendet werden. Die Dreharbeiten dazu haben echt Spaß gemacht, auch wenn es nur eine kurze Szene im Film ist, in der ich einen Mann mit dem benannten Spruch belege. Der Stuntman, mit dem ich arbeitete, war unglaublich. Er erstarrte und fiel aus dem Stand steif auf den Boden. Bei solchen Szenen ist es schwer, in der Rolle zu bleiben, weil es einen immer wieder schockiert, wie er das macht, ohne sich zu verletzen.
FILMSTARTS: Als Daniel Radcliffe das erste Bildmaterial zu „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ sah, hat er dich beleidigt, weil er neidisch auf dein Kostüm war. Wie reagierst du darauf?
Eddie Redmayne: Ja, das habe ich gelesen. Aber ich muss ihm sagen, dass ich immer nur historische Dramen gemacht habe. Wenn er sich beschwert, dass er nur Jeans tragen darf, ist meine Antwort: Es wäre mein Traum, mal Jeans zu tragen! Ich werde immer in Tweed, Knickerbockers und elisabethanische Gewänder gesteckt. Aber es ist schön, dass er sich so über mein Outfit freut. Es stammt von Kostümdesignerin Colleen Atwood, die ihr ja auch schon kennengelernt habt. Sie ist einmalig.
FILMSTARTS: Das ist deine erste Hauptrolle in einem richtig großen Blockbuster. Millionen von Leuten verfolgen, wie der Film entsteht und kennen J.K. Rowling und die „Harry Potter“-Welt in- und auswendig. Wie denkst du, wirst du in zehn bis 15 Jahren auf Newt und dieses Projekt zurückblicken?
Eddie Redmayne: Oh Gott! Für mich ist Newt so eine fantastische Figur, das ist eine unglaublich seltene Gelegenheit, ein wahrer Traum. So eine Figur zu spielen, die nicht den Erwartungen der Leser der Bücher gerecht werden muss, sondern die wir selbst erschaffen können, ist großartig. Es ist natürlich die Erfindung von J.K. und David, aber sie ließen mir auch die Möglichkeit, Elemente hinzuzufügen. Ich liebe diese Figur und hoffe sehr, dass es dem Publikum auch so gehen wird.