In wenigen Wochen startet „Joker: Folie À Deux“ in den deutschen Kinos – und somit die Fortsetzung eines kontroversen Milliarden-Dollar-Hits: „Joker“ wurde von manchen Filmfans umjubelt, von anderen mit genervtem Kopfschütteln begrüßt. Nicht nur FILMSTARTS-Chefkritiker Christoph Petersen war von der losen Comicadaption enttäuscht, auch der Verfasser dieses Heimkino-Tipps blieb beim Anblick des DC-Films eher kalt.
So wurde mein Sehgenuss dadurch ausgebremst, dass sich Regisseur Todd Phillips in meinen Augen arg verkrampft an seinen Vorbildern entlanghangelt. Wie passend, dass eine von Phillips' „Joker“-Vorlagen kurz vor Kinostart von „Joker: Folie À Deux“ eine famose Heimkino-Neuauswertung spendiert bekam: Martin Scorseses Thriller-Meisterwerk „Taxi Driver“ erschien diese Woche als 4K-Edition im limitierten Steelbook!
Somit lässt „Taxi Driver“ als Einstimmung auf das „Joker“-Sequel (erneut) zelebrieren oder als gelungene Ablenkung davon begutachten – je nach Vorliebe. So oder so feiert der einflussreiche Klassiker, der uns in die zerrüttende Psyche eines Einzelgängers absteigen lässt, sozusagen sein 4K-Solodebüt. Bislang war „Taxi Driver“ nämlich allein als Teil der längst vergriffenen Columbia Classics Collection Box 2* in UHD-Qualität erhältlich.
Wer das Set nicht haben wollte oder nicht rechtzeitig zugeschlagen hat, kann nun endlich zu einer 4K-Einzelveröffentlichung des atmosphärischen, vielschichtigen Films greifen. Das Thrillerdrama wurde für die 4K-Version aufwändig restauriert – und zwar auf Basis des Original-Kameranegativs.
Neben dieser gestochen scharfen, die ursprüngliche Ästhetik von „Taxi Driver“ aber nicht verfälschenden Restauration enthält das Steelbook den Film in HD auf Blu-ray sowie zahlreiche Extras. Darunter befinden sich Audiokommentare, ein Vergleich zwischen Film und Storyboard, ein ausführliches Making-Of und ein 40-minütiges Q&A.
"Taxi Driver": Darum geht's
Seit er traumatisiert aus dem Vietnamkrieg zurückgekehrt ist, hält sich Travis Bickle (Robert De Niro) als Taxifahrer über Wasser. Sein Dasein im zugemüllten, ranzigen New York ist frei von Träumen und Hoffnungen, aber reich an kurzen, stumpfen Stimuli, mit denen er sich von seinen Kriegserinnerungen abzulenken versucht. Doch diese Selbsttherapie durch Freizeitbeschäftigungen wie Abstecher in Pornokinos fruchtet nicht:
Travis verschreckt seine einzige Anvertraute (Cybill Shepherd), wird zunehmend von Wahnvorstellungen geplagt, und redet sich mit wachsendem Eifer ein, er müsse den Big Apple vom (vermeintlichen) Abschaum befreien. Er versucht etwa, eine minderjährige Prostituierte (Jodie Foster) zu bekehren. Als ihm dies nicht gelingt, greift er zur Waffe...
Intensiv, aber ausdifferenziert
Vielfach wurde „Joker“ als mit Namen aus dem DC-Kosmos versehene Mischung aus „Taxi Driver“ und dem ebenfalls von Scorsese inszenierten „The King Of Comedy“ bezeichnet. Zu klar sind die dramaturgischen, thematischen und ästhetischen Parallelen. Doch für mich spielen die versifften, trotzdem vielschichtigen New-York-Porträts der Regielegende Scorsese qualitativ in einer völlig anderen Liga als der grünstichige Blockbuster.
Schon die ästhetische Reibung, die in „Taxi Driver“ durch eine entrückt-künstliche Kameraführung und die so echt wirkende, diesig-gammelige Darstellung des damaligen New Yorks entsteht, ist hochgradig faszinierend. Und sie unterstreicht, wie facettenreich Paul Schraders Drehbuch ist: Der Provokateur setzt zwar auf eine radikale Perspektive, aber er lässt es nicht auf dieser zugespitzten Oberfläche beruhen.
So garstig Travis auch wird: Diese Figur besteht aus Widerhaken, die uns dazu drängen, nach ausdifferenzierten Antworten bezüglich dieses Sogs aus Einsamkeit, Vorverurteilung und Geringschätzigkeit zu suchen. Begleitet vom jazzigen Score des Hitchcock-Kollaborateurs Bernard Herrmann wirft „Taxi Driver“ durch seine scharfe Beobachtungsgabe Fragen auf, wo „Joker“ und viele andere Scorsese-Trittbrettfahrer sich verrenken, um mit Versatzstücken prophylaktisch Antworten zu geben.
Das heißt aber nicht, dass sich Scorsese bei „Taxi Driver“ an keinerlei Inspirationsquellen bediente – er geht nur deutlich raffinierter und faszinierender mit seinen Referenzen um. Kürzlich gestattete er sogar in einer passionierten Dokumentation einen Einblick in seinen Umgang mit dem Schaffen seiner Vorbilder. Mehr erfahrt ihr im folgenden Heimkino-Tipp:
Heimkino-Highlight: Der neue Film von Martin Scorsese ist ein waschechtes Muss für jeden Filmfan*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links oder beim Abschluss eines Abos erhalten wir eine Provision. Auf den Preis hat das keinerlei Auswirkung.