In zahlreichen Haushalten scheint Sehnsucht nach Wohlfühlunterhaltung, knisternder Romantik und wunderschönen Aufnahmen australischer Landschafts- und Stadtpanoramen vorzuherrschen. Denn bei Netflix geht momentan die Romantikkomödie „Wo die Lüge hinfällt“ durch die Decke.
Doch dies ist keiner dieser Fälle, in denen ein wirtschaftlicher Kino-Fehlschlag plötzlich im Streaming sein Publikum findet. Denn das neckisch-romantische Vergnügen mit Sydney Sweeney und Glen Powell feierte bereits im Kino große Erfolge: „Wo die Lüge hinfällt“ stellte einen Rekord auf, für den die Sommerlaune versprühende Komödie prestigeträchtige Konkurrenz ausstechen musste.
Sydney Sweeney und Glen Powell haben Leonardo DiCaprio und Claire Danes übertrumpft
Zwar spielt der Löwenanteil von „Wo die Lüge hinfällt“ in Australien, die Wurzeln der von Lug, Selbstbetrug, Frust und Begier durchzogenen Geschichte führen jedoch ins alte England: Die von „Einfach zu haben“-Regisseur Will Gluck inszenierte Liebeskomödie basiert auf William Shakespeares „Viel Lärm um nichts“.
Gluck und seine Schreibpartnerin Ilana Wolpert ließen somit einen Trend der 1990er- und frühen 2000er-Jahre wieder aufleben, als es in Mode war, Klassiker der Literatur- und Theatergeschichte ins Heute zu verlegen und mit junger Besetzung neu zu interpretieren. Zu dieser Filmgattung gehört zum Beispiel „10 Dinge, die ich an Dir hasse“. Die Teeniekomödie mit Heath Ledger, Julia Stiles und Joseph Gordon-Levitt basiert ebenfalls auf einem humorvollen Shakespeare-Stück – „Der Widerspenstigen Zähmung“.
Und diesen prominent besetzten Kulterfolg von 1999 ließ „Wo die Lüge hinfällt“ an den Kinokassen ebenso zurück wie „William Shakespeares Romeo + Julia“ mit Leonardo DiCaprio und Claire Danes, sowie Hunderte weitere Shakespeare-Verfilmungen. Denn mit einem weltweiten Einspielergebnis von 220,16 Millionen Dollar ist „Wo die Lüge hinfällt“ die erfolgreichste Shakespeare-Realverfilmung der Kinogeschichte – jedenfalls ohne Inflationsbereinigung.
Mehr Shakespeare gibt's bei Prime Video
Eine andere, wesentlich weniger einträgliche, dessen ungeachtet äußerst sehenswerte Shakespeare-Verfilmung ist übrigens kürzlich im Abo bei Amazon Prime Video aufgetaucht:
Neu bei Amazon Prime Video: Ein bildgewaltiges 4-Stunden-Epos mit haufenweise SuperstarsDie von „Thor“-Regisseur Kenneth Branagh inszenierte „Hamlet“-Verfilmung verschlang ein Budget von 18 Millionen Dollar, generierte aber an den Kinokassen nur 4,7 Millionen. Und das trotz eines namhaften Casts, der unter anderem Kate Winslet, Robin Williams und Judi Dench umfasst.
Auch "Hamlet" wurde schon extrem erfolgreich adaptiert...
Dasselbe Stück, das Branagh mit akribischer Treue zum Originaltext auf Zelluloid bannte, diente übigens auch als Inspiration für die bis dato erfolgreichste (sehr lose) Shakespeare-Interpretation der Filmgeschichte überhaupt:
Ungeachtet der Inflation ist es das computeranimierte „Der König der Löwen“-Remake von 2019 mit 1,66 Milliarden Dollar. Unter Berücksichtigung der Inflation geht die Krone an dieselbe Geschichte – nämlich an den Zeichentrickklassiker „Der König der Löwen“ von 1994, dessen Einspiel sich inflationsbereinigt auf über zwei Milliarden Dollar beläuft.
Übrigens: In den deutschen Kinos erreichte „Wo die Lüge hinfällt“ bislang rund 1,58 Millionen Menschen – dank der Open-Air-Kino-Saison dürfte diese Summe weiter steigen. Solltet ihr euch dazugesellen, drücken wir euch die Daumen, dass der Abstecher ins Freiluftkino weniger brisant wird als es die Dreharbeiten zum RomCom-Hit waren:
"Wir wären Geschichte gewesen": Der Dreh zum Netflix-Hit "Wo die Lüge hinfällt" wäre beinahe in einer Katastrophe geendet