Das Psychodrama „Joker“ ist einer der ungewöhnlicheren Hits der jüngeren Vergangenheit: Inszeniert von „Hangover“-Regisseur Todd Phillips, ist der Film ein in dreckige Farben getauchter Blick auf das Wesen einer psychisch instabilen Person, die zum gewalttätigen Schurken wird.
Da dies als Verschmelzung aus DC-Comic-Versatzstücken und Referenzen auf das Schaffen Martin Scorseses präsentiert wird, würde man diesen kuriosen Mix im Regelfall kaum als Massenerfolg verdächtigen. Doch es ist dem Joaquin-Phoenix-Vehikel gelungen: Bei einem Budget von weniger als 80 Millionen Dollar nahm die DC-Comicverfilmung global über eine Milliarde Dollar ein. Darüber hinaus erhielt „Joker“ elf Oscar-Nominierungen – in zwei Kategorien gewann er sogar den Academy Award: Beste Musik und Bester Hauptdarsteller.
Allerdings sorgte Phoenix' Arbeitsmethode nicht nur für einen Oscar-Erfolg, sondern vorübergehend auch für angespannte Stimmung hinter den Kulissen. Denn der Oscar-Gewinner bevorzugte einen gänzlich anderen Prozess als sein Co-Star Robert De Niro...
"Joker": Das Aufeinandertreffen von Referenz und Hommage
In „Joker“ geht es um den einsamen und psychisch angeschlagenen Clown Arthur Fleck (Joaquin Phoenix), der davon träumt, Stand-up-Komiker zu werden und in seiner liebsten Late-Night-Show aufzutreten. Im Zuge seines psychischen Zerfalls wird er zum Gewalttäter und Idol eines brutalen Mobs – begegnet während dieses Wandels aber auch seinem Vorbild: TV-Moderator Murray Franklin.
Dieser wird von Robert De Niro gespielt, womit Todd Phillips den Inspirationsquellen seines Films Tribut zollt: dem Thriller „Taxi Driver“ über einen einsamen Psychopathen, der abrutscht, und der bitterbösen Komödie „The King Of Comedy“. Die dreht sich um einen Möchtegernkomiker, der eine zunehmend gefährlichere Begeisterung für sein Vorbild entwickelt.
In beiden Scorsese-Klassikern übernahm Robert De Niro die Hauptrolle. Dass er also in „Joker“ von der Rolle des wahnhaften Protagonisten zur Vorbildfigur wechselt, lässt sich als Spiegelung der „Joker“-Entstehungsgeschichte betrachten. So komfortabel De Niro aber in die mehrdeutige Vorbildrolle passte: Die Unterschiede zwischen Phoenix und De Niro sorgten dafür, dass es für Regisseur Todd Phillips kurz unbequem wurde...
Spontaneität versus Vorbereitung
Vor seinem ersten „Joker“-Drehtag äußerte De Niro einen konkreten Wunsch: Er wollte eine Leseprobe des vollständigen Drehbuchs mit dem restlichen Cast. Das sei für ihn Standardprozedur und daher unverzichtbar. Damit manövrierte er Todd Phillips in eine Zwickmühle, wie der Regisseur Vanity Fair erläuterte.
Denn: Joaquin Phoenix bevorzugt exakt die gegenteilige Vorgehensweise. Er ist überzeugt, dass die besten Darbietungen einfach passieren und Proben dies verhindern. Also zögerte Phoenix, dem Wunsch De Niros nachzugehen, woraufhin der für „Der Pate II“ und „Wie ein wilder Stier“ mit dem Oscar prämierte Star eine klare Ansage machte: Er forderte Phillips auf, er solle Phoenix klar machen, „dass er ein Schauspieler ist und dabei sein muss!“
Phoenix jedoch blieb desinteressiert: Zwar willigte er letztlich ein, für eine Leseprobe De Niros Büro in Manhattan einen Besuch abzustatten. Allerdings habe er sich laut Phillips bloß durch diese Probe gemurmelt. Daraufhin habe De Niro ihn für ein Gespräch unter vier Augen zur Seite gebeten – was Phoenix allerdings abgelehnt hätte. Daher musste Phillips einschreiten und seinem Hauptdarsteller verdeutlichen, dass er in dieser Angelegenheit unbedingt auf De Niro zugehen sollte.
Phoenix stimmte widerwillig zu und ein privates Gespräch später versöhnten sich die Stars. Zwar sprachen sie daraufhin auch am „Joker“-Set nur im nötigsten Maße miteinander, allerdings sei dies keine Folge verschleppter Animositäten gewesen: Sowohl Phoenix als auch De Niro beteuerten, dass es für sie normal wäre, sich am Set auf die Arbeit zu konzentrieren, statt zwischen Takes Smalltalk zu machen. Wie De Niro für die Vanity Fair zusammenfasste: „Es ist einfacher so.“
Auch zwischen Tom Hardy und Charlize Theron hat es beim Dreh von „Mad Max: Fury Road“ übrigens ordentlich gekracht. Die ganze Geschichte lest ihr im folgenden Artikel:
"Ich wusste nie, was auf mich zukommt": So ist der Streit zwischen Tom Hardy und Charlize Theron bei "Mad Max: Fury Road" eskaliertDies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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