Im Kino gelang ihm ein kleines Wunder: „Der gestiefelte Kater 2: Der letzte Wunsch“ hatte zwar ein eher durchwachsenes Startwochenende, doch dank hervorragender Mundpropaganda mauserte er sich zum Hit. Während die meisten Filme von Woche zu Woche deutlich nachlassen, verbuchte das Animationsabenteuer nur minimale Verluste – wenn es nicht sogar gegenüber der Vorwoche zulegte! Bereits die 3,5-Sterne-Kritik bei FILMSTARTS gestattet einen Einblick, was die neuste Geschichte rund um den Publikumsliebling mit Degen und Schnurrhaaren ausmacht.
Doch das glorreiche Abschneiden an den Kinokassen offenbart zugleich: Der Film hat Fans, die ihn nochmals deutlich stärker feiern. Der Autor dieser Zeilen zählt sich dazu und stellt den DreamWorks-Hit sogar über den allseits gefeierten „Spider-Man: A New Universe“. Wenn ihr ebenfalls große Fans seid oder endlich mitreden wollt: „Der gestiefelte Kater 2“ ist ab sofort bei Amazon Prime Video im Abo verfügbar!
"Der gestiefelte Kater 2": Koffeinschock, Panikattacken & Lebenswünsche
Der gestiefelte Kater (Originalstimme: Antonio Banderas, deutsche Version: Benno Fürmann) führte ein Leben auf der Überholspur – mit hohen Kosten: Er hat bereits acht seiner neun Leben verbraucht! Ausgerechnet jetzt lauert ihm ein unbarmherziger Wolf (Wagner Moura / Michael Lott) auf, weshalb der verwegene Gentleman-Ganove sein Dasein umkrempelt. Erst will er zum braven Stubentiger werden, doch weil ihn das unglücklich macht, begibt er sich auf die Suche nach dem mystischen Wunschstern.
Mit dessen Hilfe will der schnurrende Kämpfer seine verbrauchten Leben zurückholen. Auf dieser Mission begegnet der Degenheld seiner alten Flamme Kitty Samtpfote (Salma Hayek / Carolina Vera), einem optimistischen Hund und dem gierigen Kuchenbäcker Jack. Außerdem ist Goldlöckchen mitsamt ihrer Bärenfamilie hinter dem Wunschstern her – Chaos ist also vorprogrammiert, obwohl der Kater es doch eigentlich ruhig angehen sollte!
„Der gestiefelte Kater 2“ versetzt uns direkt zu Beginn in die Stiefel des Titelhelden: Los geht’s mit einer ausgelassenen Party, die in einen fantastischen Kampf gegen einen mächtigen Steinriesen übergeht. All das unterlegt von ruheloser, temperamentvoller Musik, eingefangen in einem berauschenden Look, der so wirkt, als wäre ein Bilderbuch zum Leben erwacht – zu einem Leben im dauerhaften Koffeinschock und beeinflusst von dynamischen Animes sowie einer ins Verspielte umgekrempelten Spaghettiwestern-Kernigkeit.
Daraufhin wird der Kater zu einer Zäsur gezwungen. Eine Warnung, die er großkotzig in den Wind schlägt. Erst die Präsenz des furchteinflößenden, brutal kämpfenden Wolfs bringt ihn zum Umdenken. Sie lehrt ihm Angst und Demut, drängt ihn dazu, sein hedonistisches Einzelgängerdasein voller Draufgängertum zu hinterfragen.
Von diesem Moment an wird aus der wilden, selbstbewusst-chaotischen Actionkomödie ein schwer vergleichliches, magisches Abenteuer, in dessen Zuge der „Shrek 2“-Szenendieb charakterlich über sich hinauswächst. Und das gerät dank raffinierter Dialoge, die glaubhaft innerhalb Sekundenbruchteilen von schnippisch-frech zu unverblümt-verletzlich wechseln, außerordentlich nachvollziehbar und mitreißend.
Ein Änderung suchender Einzelgänger und sein ihn auffangender Umgang
Regisseur Joel Crawford und die für das Drehbuch hauptverantwortlichen Paul Fisher & Tommy Swerdlow umgeben den schlagfertigen Mantelträger mit markanten Dickschädeln, die durch ein kräftezehrendes Abenteuer gezwungen werden, zu reflektieren. Manche lernen langsam dazu, andere gar nicht – und der Titelheld muss vergangene Fehler aus neuer Warte betrachten. Dabei wird sein Wesen nicht von Grund auf verändert. Allerdings bewegen neu bemerkte Schwächen, Panikattacken und folgenreiche Interaktionen den Kater dazu, seine umgänglichen Seiten zu pflegen und langfristiger zu handeln.
Nicht zuletzt deshalb hat „Der gestiefelte Kater 2“ den Verfasser dieser Zeilen nachhaltiger umgehauen als „Spider-Man: A New Universe“. Beide Filme eint, dass sie die Dimensionalität eines klassischen Computeranimationsfilms mit Elementen verschiedener Zeichentrick-Traditionen vermengen: Grobe Pinselstriche, filigrane Kritzeleien, Figuren, deren Bewegungsabläufe je nach Situation mal flüssiger oder stockender geraten sind – und viel mehr!
Zahllose Stilemente geben jedem einzelnen Bild individuellen Charakter, sowohl im „Spider-Man“-Abenteuer als auch „Der letzte Wunsch“. Doch zumindest für den passionierten Trickfan, der diesen Beitrag hier verbrochen hat, blieb beim Marvel-Animationsfilm allein der Stilmix hängen. Die Freude darüber, dass mehrere ästhetische Ansätze kollidieren, war weit größer als der Genuss der eigentlichen Story.
Das soll an dieser Stelle keinen Kampf „Kater versus Spider-Man“ vom Zaun brechen – ich gönne „Spider-Man: A New Universe“ aufgrund seines Stils und seiner Glanzmomente seinen Erfolg. Ich kann euphorische Reaktionen (etwa in Form von 4,5 Sternen bei FILMSTARTS) verstehen, ich schließe mich nur nicht vollauf an. Aber „Der letzte Wunsch“?
Wie die Filmschaffenden märchenhaften Zauber, sarkastische Märchenparodie, raue Western-Direktheit, wild entfesselnde Anime-Dynamik und Swashbuckler-Spaß vereint haben, hat mir im Kino den Atem geraubt. Wie sie diesen tonalen Versatzstücken visuell gerecht wurden und Nachdruck verliehen haben, verlieh mir Gänsehaut. Und dass hinter dem spektakulären Look eine extrem kurzweilige, zugleich berührende Geschichte steckt, die durch diese Ästhetik verstärkt wird, brachte mich zum Schwärmen.
Wie der draufgängerische Einzelkämpfer im Erfolgsrausch ausgebremst wird, Panikattacken durchmacht, Trost findet und charakterlich reift, ohne sein innerstes Wesen aufzugeben, ist herzzerreißend sowie beschwingt. Das macht „Der gestiefelte Kater 2“ inhaltlich genauso vielseitig wie seine Ästhetik: Man kann ihn als temporeichen, vor Kreativität überbordenden Fantasy-Abenteuerwirbel sehen. Als verletzliche Geschichte über das Älterwerden. Als aufmunternde Bestätigung, dass es nie zu spät ist, Schwäche zuzugeben. Oder als stimmiges Sammelsurium all dessen, und vielem mehr.
Und noch ein spaßiger Genre-Mischmasch mit großem Western-Einschlag ist neu im Abo von Prime Video zu finden. Mehr dazu erfahrt ihr im folgenden Streaming-Tipp:
Neu auf Amazon Prime Video: Einer der spaßigsten Western der 1990er-Jahre – vom "Lethal Weapon"-Macher!Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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