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    Vom "Fluch der Karibik"-Regisseur: Total abgefahrener Western mit Johnny Depp neu im Heimkino
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    Raffiniert erzählt, atemberaubend getrickst und völlig irre: Endlich feiert der ebenso durchgedrehte wie bildgewaltige Western-Geniestreich „Rango“ sein 4K-Debüt!

    Nachdem sie das Piratengenre zu ungeahnten Höhen trieben, tauschten sie die hohe See gegen den Wilden Westen: Regisseur Gore Verbinski und Star-Schauspieler Johnny Depp folgten im Anschluss an drei gemeinsame „Fluch der Karibik“-Teile ihrer Passion für Western. Entstanden ist einer der außergewöhnlichsten Vertreter des Genres:

    Rango“ ist grotesk, temporeich, albern, nachdenklich, ja sogar poetisch – und wurde von der „Star Wars“- und „Jurassic Park“-Effektschmiede Industrial Lights & Magic animiert! Jetzt schafft es der mit einer unvergleichlichen Ästhetik auftrumpfende, kauzige Animationsfilm in gestochen scharfer Qualität ins Heimkino: Am 27. Juni 2024 feierte „Rango“ seine 4K-Premiere!

    Die Edition enthält neben der Kinofassung auf 4K-Disc eine Bonus-Blu-ray mit einer längeren, alternativen Schnittfassung, einem Einblick in die Entstehung des Films und weiteren Extras.

    "Rango": Ein Überfluss an Details in einer kargen Wüste

    Ein Chamäleon (Stimme im Original: Johnny Depp) mit großer Vorstellungskraft und verschwindend kleiner, eigenständiger Identität strandet in der Mojave-Wüste. Dort macht es Bekanntschaft mit einer Leguanin (Isla Fisher), die es in ihre Heimat bringt: Ein ausgetrocknetes Kaff, in dem sich das Chamäleon als Revolverheld namens Rango vorstellt. Aus Zuneigung zu seiner neuen Bekanntschaft – und aus Alternativlosigkeit – beschließt das Chamäleon, diese Identität mit Tatendrang zu füllen und dem Verschwinden des Wassers nachzugehen. Ein gefährliches Mysterium, das Tapferkeit und ein klares Selbstbild abverlangt...

    „Rango“ gewann bei den 84. Academy Awards den Oscar für den besten Animationsfilm und befindet sich im offiziellen FILMSTARTS-Ranking der stärksten Trickfilme aller Zeiten:

    Die besten Animationsfilme aller Zeiten

    Eine Entscheidung, die sich bereits beim Anblick der von „Rango“ gebotenen Bildgewalt erläutern dürfte: Bei seinem ersten abendfüllenden, komplett animierten Kinoprojekt ging das sonst auf Effektarbeit spezialisierte Trickhaus Industrial Lights & Magic konstant in die Vollen! Der Detailreichtum, mit dem die Schuppen, Haare und Federn der tierischen Figuren dargestellt werden, die Fülle an Staub, Dunst und Dreck, der dieser Welt Textur verleiht:

    Unter Anleitung des VFX-Spezialisten Hal Hickel, mit dem Verbinski schon die verfluchte Karibik auf die Leinwand zauberte, schuf ILM eine das Auge fast überfordernde, wahnsinnige Ästhetik. Dass diese immun gegen den Zahn der Zeit zu sein scheint, ist zudem den herrlich-kaputten, verlebten, krummen und schiefen Figurenentwürfen von Davy-Jones-Designer Crash McCreery zu verdanken – sowie Kameralegende Roger Deakins.

    Der Oscar-Preisträger, der auch „No Country For Old Men“, „Skyfall“ und „Blade Runner 2049“ verantwortete, verlieh „Rango“ eine außerordentliche Bildsprache, die auf einem faszinierenden Grat zwischen täuschendem Realismus und gekünstelter Theatralik wandert. Ein Look, der nicht bloß imposant ist, sondern die Essenz von „Rango“ unterstreicht, formt und herauskitzelt. Denn diese animierte Western-Komödie über sprechende, singende, verdurstende, leidende und kämpfende Tiere ist zugleich eine brillante Auseinandersetzung mit Erzähltraditionen.

    Wenn Eulen Geschichte(n) erzählen

    Vom Auftakt an, der Mariachi-Eulen zeigt, die als griechischer Chor dienen, geht es in „Rango“ um das Geschichtenerzählen, Mythenbildung und Identitätsstiftung: Der Protagonist ist ein zunächst orientierungsloses Chamäleon. Und sein Abenteuer entspricht schrittgenau der mit unserem kulturellen Geflecht verwachsenen, archetypischen Heldenreise. Doch diese grundlegende Struktur wird durch skurrilen Witz, dynamisch inszenierte Action und malerisch-sonderbare Bilder mit individuellem Charakter erfüllt.

    Das neurotische Chamäleon probiert derweil kontinuierlich stereotype Persönlichkeiten aus – erst dank einer Ikone lernt es, seine eigene Identität zu formen und Geschichte zu schreiben. Und das in einem Western! Dem Genre, das unablässig das Aufrechterhalten, Zerstören und Wiedererrichten von Mythen abbildet, und das zwecks kultureller Identitätsstiftung unentwegt dazu genutzt wird, Geschichte zu verzerren! In „Rango“ geht es somit um wahrhaftige Lügen, erlogene Wahrheiten und alles, was dazwischen fließt.

    Das klingt kompliziert, doch das Skript von „Gladiator“-Autor John Logan (nach einer Story von ihm, Verbinski und „Coherence“-Macher James Ward Byrkit) ist ein flotter Ritt. Noch dazu ein Ritt entlang einer wilden Masse an Querverweisen auf Western, seien sie in der Tradition von John Ford, Sergio Leone oder Alejandro Jodorowsky, sowie auf „Chinatown“, die tragikomische Satire „Willkommen Mr. Chance“ und viele weitere Filme. Rückgriffe, die dieser Erzählung über Erzählungen weitere Textur verleihen, die man zugleich schlicht als markante Akzente dieses individuellen Spektakels bewundern kann.

    Denn wo sonst wird kämpfend durch einen Canyon geflogen, während „The Dark Knight“-Komponist Hans Zimmer den Walkürenritt Wagners zum wirr-epochalen Westernthema mit Banjo-Power pervertiert? Solch einen verqueren Spaß gönnt uns nur „Rango“! Auch wenn Depp, Verbinski und Zimmer noch einen Western gemacht haben, der über die Implikationen seines Genres brütet und gleichzeitig diebische Freude an absurd-monumentaler Action hat:

    Dieser Johnny-Depp-Western ist ein riesiger Flop, hat aber eine der besten Actionszenen des Jahrhunderts – unser Streaming-Tipp

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