Wann immer ein neuer Pixar-Film ansteht, ist das für mich Anlass zur Freude: Zwar hat mich die Trickschmiede aus Emeryville in der Vergangenheit ein paar Mal enttäuscht. Trotzdem ist Pixars Trefferquote erstaunlich – zumal die Produktionen, die mir zusagen, mich derart begeistern, dass sie die Ausreißer nach unten mühelos übertönen. Dennoch sorgt das Studio regelmäßig dafür, dass Wut an die Steuerkonsole in meinem Oberstübchen tritt.
Nicht aber aus eigenem Verschulden, sondern weil Pixar-Filme bei einem nimmermüden Teil ihrer Fangemeinde kreative Knöpfe drücken, die besser unberührt blieben: Eine populäre Fan-Theorie besagt, dass sämtliche Pixar-Filme im selben Universum spielen. Und wann immer ein neuer Pixar-Film erscheint, argumentieren Leute immer anstrengendere Erklärungen dafür herbei.
Auch der wundervolle „Alles steht Kopf 2“, der in der FILMSTARTS-Kritik starke vier Sterne erhalten hat, wurde zum Anlass genommen, inhaltliche Verknüpfungen herbei zu fabulieren, wo keine sind. Wenigstens habe ich in meiner Abneigung gegenüber solchen Theorien prominente Unterstützung: „Alles steht Kopf 2“-Star Maya Hawke hat die perfekte Antwort auf die nervige Fan-Angewohnheit, zwei Dinge zu nehmen und sie wider aller Vernunft zu vereinen!
Nicht alles ist ein zusammenhängendes Universum!
Wie es mittlerweile bei Fortsetzungen gang und gäbe ist, wurden Teile der „Alles steht Kopf 2“-Besetzung versammelt und vom Film- und Serienportal Entertainment Weekly mit Fan-Theorien konfrontiert. Manche von ihnen beschränken sich darauf, dass Fans sich anhand der in Trailern gezeigten Szenen ausmalen, wie sich die Handlung entwickeln dürfte.
Andere Theorien sind haarsträubende Versuche, angebliche Hinweise zu enttarnen, dass Pixar auf die Enthüllung einer großen, zusammenhängenden Story hinarbeitet. So werden die „Alles steht Kopf 2“-Originalstimmen von Freude (Amy Poehler), Zweifel (Maya Hawke), Angst (Tony Hale), Ekel (Liza Lapira) und Wut (Lewis Black) mit der Spekulation konfrontiert, dass „Elemental“ eine Ergänzung der „Alles steht Kopf“-Filme darstellt.
Laut dieser Theorie spielt „Elemental“ im limbischen System der jungen Teenagerin Riley, deren Gedanken- und Gefühlswelt in „Alles steht Kopf“ und „Alles steht Kopf 2“ beleuchtet wird. Während Hale und Lapira diese Theorie freundlich abnicken, spiegelt Black meine Reaktion wider und schüttelt ratlos-grantig den Kopf (zu sehen via YouTube). Es ist aber Hawke, die mir aus der Tiefe meiner Seele spricht!
Sie ruft ebenso verwirrt wie frustriert aus: „Es sind zwei verschiedene Filme. Und sie sind beide cool – unabhängig voneinander!“ Eine Antwort, die ich künftig am liebsten allen vorspielen würde, die beim Anblick zweier Produktionen als einzigen Gedanken die Vermutung fassen können, dass die eine heimlich ein Sequel der anderen sein muss!
Diese ständigen Crossover-Fantasien machen keinen Spaß mehr
Die Häufigkeit, mit der diese monotonen „Alles spielt im selben Universum“-Theorien aufkommen, ist für mich schon Frust genug. Vor allem aber ärgert mich die Implikation, dass manche Filmfans verlernt haben, einzelne Werke für sich stehen zu lassen und dort vorkommende, kleine Späße als solche zu erkennen.
Alles wird auf den heimlichen Masterplan abgeklopft, und der lässt sich auf den banalen Kommerzgedanken herunterbrechen, dass man alles gesehen haben muss, um die Narrative zu vervollständigen. Die einzelnen Stärken der Filme und die Kunstfertigkeit hinter ihnen werden derweil lieblos ignoriert. Filmfans, die unwillig sind, sich bei Betrachtung eines Films auf ihn zu konzentrieren, sondern mit Eifer nach Hinweisen auf eine größere Narrative suchen, verlieren also das Wesentliche aus dem Blick.
Und sie verfärben etwas, das ebenso harmlos wie spaßig ist: Pixar-Filme enthalten tatsächlich Querverweise auf andere Produktionen desselben Hauses. Sie sind aber bloß als Jux gedacht, sozusagen als narrativ belangloser, kleiner Gruß an das Publikum, das genauer hinschaut. Das soll Freude hervorlocken, und nicht Zweifel hochpeitschen, welches Teil des Puzzles man womöglich versäumt oder an die falsche Stelle gelegt hat.
Der Chef höchstpersönlich stimmt zu
Wenn euch Maya Hawkes Flehen, verschiedene Filme bitte individuell zu genießen, noch nicht überzeugt: Hoffentlich kann euch Pixar-Kreativchef Pete Docter umstimmen! Der stimmt zwar diplomatischere Töne an, dessen ungeachtet dementiert auch er die Theorie, dass alle Pixar-Filme im selben Universum spielen.
„Ich will ja niemandem den Spaß verderben“, erläuterte er bereits 2015 im Interview mit ET Online. Aber er betonte: „Wir versuchen wirklich, für jeden Film einzigartige Welten zu kreieren.“ Die Bemühungen einzelner Fans, diese Welten so zu verbiegen, dass sie doch alle ein und dieselbe Welt darstellen, „verschafft mir etwas Kopfschmerzen, um ehrlich zu sein“, so Docter.
Und nicht nur die Pixar-Cinematic-Universe-Theorie gehört eingemottet! „Alles steht Kopf 2“ trägt zudem eine beliebte These über den ersten Teil zu Grabe, wie ihr hier nachlesen könnt:
Seit 9 Jahren diskutieren Fans: Nach "Alles steht Kopf 2" ist das große Pixar-Rätsel noch mysteriöser