Bevor John Travolta 1994 in „Pulp Fiction“ eine seiner ikonischsten Rollen überhaupt spielte, befand sich die Karriere des Vincent-Vega-Darstellers längst im Sinkflug. In den späten 70er Jahren stieg er mit Tanzfilmen wie „Grease“ oder „Nur Samstag Nacht“ zum Star auf, doch bereits ein Jahrzehnt später hatte er Probleme damit, an seine großen Erfolge anzuknüpfen. Das „Nur Samstag Nacht“-Sequel „Staying Alive“ (von Sylvester Stallone!) war weder bei den Kritiker*innen noch an der Kinokassen ein Erfolg, und auch wenn die Komödie „Kuck' mal, wer da spricht“ (1989) ein großes Publikum in die Kinos und letztlich drei Fortsetzungen nach sich zog, brachte sie Travoltas Karriere nicht wieder in Schwung – im Gegenteil.
Im Podcast „Joe Rogan Experience“ erinnerte sich Quentin Tarantino daran zurück, wie der damals von allen abgeschriebene Travolta es schließlich trotzdem in einen der größten Kultfilme der 90er Jahre schaffte – obwohl zunächst nicht nur die Produzenten skeptisch waren, sondern auch der „Pulp Fiction“-Schöpfer selbst...
Tarantino hatte für Vincent Vega einen ganz anderen Schauspieler im Kopf
„Das einzige, womit er [Travolta] zu der Zeit von sich reden gemacht hat, waren diese ,Kuck' mal, wer da spricht'-Filme“, erzählte Tarantino – trotzdem landete Travolta auf seiner Liste. „Wenn man einen Vertrag mit TriStar abschließt, schreibt man jeden auf, der mehr oder weniger für die jeweilige Filmrolle in Frage kommt. Man schreibt alle auf, und wenn sie zustimmen, kann man jeden dieser Leute besetzen, den man will.“
Um sich in alle Richtungen abzusichern – schließlich muss nicht nur das Studio zustimmen, auch die Schauspieler*innen selbst haben ein Wörtchen mitzureden –, schrieb Tarantino „einen Arsch voll“ Namen auf, wie er selber sagte. „Ich habe sämtliche Leute aufgeschrieben, die auch nur in den wildesten Ausläufern meiner Vorstellungskraft für den Film in Frage kämen“, so der heute 60-Jährige – darunter eben auch John Travolta.
Als Tarantino mit den Verantwortlichen von TriStar über seine Besetzungsvorschläge sprach, baten sie ihn allerdings, Travolta von der Liste zu streichen. Der war sowieso nur zweite Wahl, denn eigentlich hatte Tarantino die Rolle für seinen Stammschauspieler Michael Madsen („Reservoir Dogs“, „The Hateful 8“) geschrieben. Doch Madsen konnte nicht, weil er sich schon für den Western „Wyatt Earp“ verpflichtet hatte – und Travolta war wieder im Rennen.
Nachdem der „Pulp Fiction“-Vertrag von TriStar Pictures zu Miramax wechselte, traf sich Tarantino mit Travolta zum Essen. „Ich habe mit John zu Mittag gegessen, und er ist wirklich ein toller Kerl. Ich fing an zu denken: ,Er könnte wirklich ein legitimer Ersatz für Michael Madsen als Vincent sein'“, erzählte der Filmemacher weiter – und begann damit, seine Wahl gegen die zahlreichen Skeptiker zu verteidigen, zu denen nicht nur das Studio, sondern auch Winston-Wolf-Darsteller Harvey Keitel gehörte. „Trvolta macht doch nur Direct-to-Video-Filme und diese Babysprache-Sachen“, soll Keitel sinngemäß eingewandt haben. Tarantino könne schließlich jeden für die Rolle haben, sogar Daniel Day-Lewis!
Tarantino blieb dennoch bei seiner Meinung, auch wenn ihn nach eigenen Aussagen die gesamte Branche für verrückt hielt. Doch er hatte noch ein Ass im Ärmel: Brian De Palmes Thriller „Blow Out“, in dem Travolta 1981 zu sehen war. Er lud die Produzenten zu einer Vorführung ein, und die gaben daraufhin schließlich klein bei. Wie eigentlich immer hat Tarantino am Ende Recht behalten: Travolta feierte mit der Rolle des Vincent Vega sein großes Comeback – und trug maßgeblich dazu bei, „Pulp Fiction“ zu dem Kult-Meisterwerk zu machen, das er heute ist.
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