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    Golem - Wiedergeburt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Golem - Wiedergeburt
    Von Christoph Petersen

    Der Golem, wie er in die Welt kam“ zählt neben „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“ und „Das Cabinet des Dr. Caligari“ zu den bedeutendsten Horror-Stummfilmen überhaupt. Nun haben die israelischen Brüder Doron und Yoav Paz 98 Jahre später eine Quasi-Fortsetzung zu dem Klassiker von Carl Boese und Paul Wegener inszeniert. Die erste Szene aus ihrem auf Englisch gedrehten „Golem - Wiedergeburt“, in der ein großgewachsenes Monster in einer Synagoge ein wahres Splatterfest anrichtet, bezieht sich genau wie das Vorbild aus dem Jahr 1920 auf die Geschichte vom Prager Golem: Laut dieser Legende aus der jüdischen Mystik soll ein Rabbi im 16. Jahrhundert ein solches menschenähnliches Wesen erschaffen haben, um so die Prager Juden vor ihren Feinden zu schützen.

    Nach einem Zeitsprung ins Jahr 1673 erzählen die regieführenden Brüder dann allerdings ihre eigene Geschichte: Hanna (Hani Furstenberg) lebt mit ihrem Mann Benjamin (Ishai Golan) in einer kleinen abgeschotteten jüdischen Gemeinde. Seit das Paar vor sieben Jahren sein erstes Kind verloren hat, versucht Benjamin alles, um wieder einen Sohn zu zeugen. Hanna hingegen sucht in Gottes Worten nach Hilfe, selbst wenn sie sich dafür unter den Bodendielen verstecken muss, weil nur den Männern das Studieren der Thora erlaubt ist. Als die Gemeinde von christlichen Invasoren heimgesucht wird, die den Juden eine Mitschuld an der wütenden Pestepidemie geben, nutzt Hanna ihr Thora-Wissen, um einen Golem zu erschaffen. Der sieht zwar aus wie ein harmloser Junge, aber das Blut fließt trotzdem schon bald in Strömen…

    Mit dem Found-Footage-Gruselfilm „Jeruzalem“, in dem eine amerikanische Touristin mit Videobrille in Jerusalem mitten in eine Dämonen-Invasion hineingerät, haben die Paz-Brüder 2015 einen echten Überraschungs-Hit gelandet. Dass der Film so erfolgreich wurde, dürfte sicherlich auch damit zusammenhängen, dass die Macher ein aus „Cloverfield“ und Co. hinlänglich bekanntes Szenario in ein weniger verbrauchtes Setting verlegt haben: Höllenkreaturen in Jerusalem sind eben längst noch nicht so abgegrabbelt wie Höllenkreaturen in New York! Etwas Ähnliches gilt nun auch für „Golem - Wiedergeburt“, der im Kern zwar lediglich den üblichen Teufelskind-außer-Kontrolle-Plot abspult, sich aber trotzdem frischer anfühlt, weil er sich zur Abwechslung eben mal nicht auf die katholischen, sondern auf die jüdischen Glaubensgrundsätze bezieht.

    Das heißt allerdings nicht, dass Drehbuchautor Ariel Cohen („Take Mama“) sonderlich tief in die Hintergründe der Legende hinabtauchen würde. Stattdessen gibt es zunächst den im Horrorgenre fest verankerten Kinderwunsch-Konflikt – und spätestens, wenn dann der Golem herausbeschworen wird, dem man nur ein wenig Lehm von der Stirn wischen muss, damit er wie ein argloser Achtjähriger aussieht, befinden wir uns endgültig wieder in bekannten Fahrwassern. Dabei haben die Macher aber zumindest beim Casting der Titelkreatur einen echten Volltreffer gelandet: Der Kinderdarsteller hat einen grandios leeren Blick, der es einem auch schon eiskalt den Rücken runterlaufen lässt, bevor seine Augen per CGI dunkelgefärbt und seine Adern im Gesicht schwarz hervorgehoben werden. Die Unterstützung aus der Effektabteilung wäre hier also gar nicht nötig gewesen…

    … zumal der Aufwand an anderer Stelle eh besser investiert gewesen wäre: Schon die Entscheidung, dass man einen ausgewachsenen Golem nur für wenige Sekunden in der Eröffnungsszene zu sehen bekommt, dürfte zumindest auch mit den Limitierungen des Budgets zusammenhängen. Dasselbe gilt für die Fähigkeiten des Golems: Weil es sehr herausfordernd zu zeigen ist, wie ein kleiner Junge eine Gruppe erwachsener Widersacher buchstäblich in ihre Einzelteile zerlegt, lässt der Golem die Köpfe seiner Feinde in vielen Fällen einfach per Telekinese platzen. Das ist sehr viel günstiger, aber natürlich auch sehr viel weniger spektakulär. Und wenn sich der Golem schließlich in Staub aufzulösen droht, ist deutlich zu sehen, dass dem Jungen einfach nur ein wenig Sand auf den Arm gestreut wurde, der dann mit einem Ventilator weggeblasen wird. Das geht auch in dieser Preisklasse überzeugender.

    Fazit: „Golem - Wiedergeburt“ bietet mal ein anderes Setting für einen religiösen Horrorfilm mit vereinzelten Splatter-Szenen. Aber das ist dann auch schon das größte Pfund, das die „Jeruzalem“-Regisseure Doron und Yoav Paz in die Waagschale werfen können.

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