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    Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln

    Zurück in die Neunziger – mit mehr Perfektion & weniger Charme

    Von Lutz Granert

    In den 1990er Jahren sorgten ein gutgläubiger britischer Erfinder und sein scharfsinniger Beagle, der seinem Herrchen immer wieder aus Patsche hilft, auch international für Furore. Die stets etwas verpeilten und aberwitzigen Abenteuer um Wallace und Gromit wurden mithilfe der sogenannten „Claymation“-Technik geschaffen, bei der die aus Knetmasse hergestellten Figuren für jedes Einzelbild und eine flüssige Bewegung leicht verändert werden mussten. Das wahnsinnig aufwändige und zeitintensive Verfahren wurde so etwas wie das Markenzeichen der britischen Produktionsfirma Aardman Animations und verhalf „Wallace & Gromit“-Schöpfer Nick Park zu einem ordentlichen Karriereschub, der daraufhin auch die erfolgreichen abendfüllenden Animationsfilme „Chicken Run“ (2000) und „Wallace & Gromit – Auf der Jagd nach dem Riesenkaninchen“ (2005) verantwortete.

    Letzterer wurde gar mit dem Oscar für den Besten Animationsfilm ausgezeichnet. Nach einem weiteren Kurzfilm sowie einer britischen BBC-Serie, die 2010 ausgestrahlt wurde, ist es jedoch ruhig geworden um Wallace und Gromit. Bis jetzt. Nachdem Netflix vor einigen Jahren eine Zusammenarbeit mit Aardman Animations gestartet und im Dezember 2023 das lang erwartete Sequel „Chicken Run 2: Operation Nugget“ veröffentlicht hat, geht bei dem Streaminganbieter nun mit „Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln“ ein weiteres abendfüllendes Animationsabenteuer unter der routinierten Regie von Nick Park exklusiv an den Start. Der Plot knüpft direkt an den oscarprämierten Kurzfilm „Wallace & Gromit: Die Techno-Hose“ von 1993 an, aber auch wenn Fans sicherlich ihren Spaß haben werden, so hat die späte Fortsetzung doch trotzdem einiges vom einstigen originellen, sichtbar handgemachten Charme eingebüßt.

    Mit seiner neuen Erfindung hofft Wallace auf Ruhm und Reichtum. Aber da wird ihm noch ein altbekannter Pinguin einen Strich durch die Rechnung machen… Netflix
    Mit seiner neuen Erfindung hofft Wallace auf Ruhm und Reichtum. Aber da wird ihm noch ein altbekannter Pinguin einen Strich durch die Rechnung machen…

    Nach dem missglückten Diebstahl des blauen Diamanten ist der zwielichtige Pinguin Feathers McGraw hinter Gittern (sprich: im Zoo) gelandet. Wallace (deutsche Stimme wie eh und je: Peter Kirchberger) und sein bester Freund Gromit werden als Helden gefeiert, weil sie maßgeblich zur Ergreifung des schrägen Vogels beigetragen haben, der zuvor kurzzeitig als Untermieter bei ihnen eingezogen war. Da Wallace nach wie vor knapp bei Kasse ist, hofft er mit seiner neuen Erfindung auf einen Erfolg. Tatsächlich entpuppt sich der eifrige Gartenzwerg-Roboter Norbot nach einem publikumswirksamen Fernsehauftritt als großer Verkaufsschlager – nur hat der sinistre Pinguin aus seinem Käfig heraus den willfährigen Haushaltshelfer heimlich umprogrammiert. Der fleißige Gartenhelfer soll nämlich seine Flucht und einen neuerlichen Diamantendiebstahl organisieren...

    Vieles wie eh und je

    Wer die Kurzfilm-Abenteuer aus den Neunzigern kennt, wird sich auch in „Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln“ schnell heimisch fühlen. So hat Wallace etwa seine automatisierte Morgen-Routine mit zahlreichen (mehr oder weniger nützlichen) Erfindungen inzwischen noch weiter perfektioniert: Der Ablauf vom Kippen aus dem Bett über ein Bad in der Wanne bis hin zum automatisierten Anziehen und Marmeladenbrot-Schmieren am Frühstückstisch läuft nun noch ausgefeilter ab. Außerdem wird der Pinguin wegen eines roten Gummihandschuhs auf dem Kopf auf Fahndungsfotos immer noch mit einem Huhn verwechselt.

    Und der auf den neuen Gartenroboter schnell eifersüchtige Vierbeiner Gromit schmökert wie in den früheren Beiträgen der Reihe immer wieder in expliziter Hunde-Literatur, etwa von Autorin Virginia Woof. Gerade im ersten Filmdrittel fahren die beiden Autoren Nick Park und Mark Burton („Shaun das Schaf: Der Film“) etliche solcher durchaus pointierten Namens- und Sprachwitze auf, die sich auch in der deutschen Synchronisation wiederfinden, wenn etwa von tatkräftigen „Heimzwergern“ die Rede ist.

    Nach seiner Umprogrammierung verwandelt sich der Gute-Laune-Gartenzwerg Norbot in einen gerissenen Diamantendieb. Netflix
    Nach seiner Umprogrammierung verwandelt sich der Gute-Laune-Gartenzwerg Norbot in einen gerissenen Diamantendieb.

    Nachdem Norbot aber umprogrammiert wurde und eine ganze Armee aus bösartigen Gartenzwergen mit gruseligen Augen hergestellt hat, welche die Gärten interessierter Kunden plündern, kippt der Film zunehmend in ein arg kinderfreundliches, regelrecht naives und auch wenig originelles Abenteuer. Ein ungleiches Polizei-Duo aus deppertem Chefinspektor und überambitionierter Jung-Beamtin oder trampelnden Norbots, welche bei einer Verfolgungsjagd die fehlenden Räder eines Autos kompensieren, könnten auch einer Folge aus der Reihe „Shaun das Schaf“ entsprungen sein, für die das Produktionsstudio Aardman Animations ja ebenfalls verantwortlich zeichnet.

    Die Kritik beschränkt sich aber nicht nur auf viele dann doch etwas platt geratene Gags, sondern auch auf die zu sehr nach Perfektion strebende Weiterentwicklung der Stop-Motion-Animationstechnik. Dabei machte den Charme von „Wallace & Gromit“ doch eigentlich auch das immer etwas ruckelige und unrunde Agieren der Figuren aus. Besonders die Hintergründe fallen bisweilen störend ins Auge. Sie sind nun viel zu platt und glatt – was bei dem im 20. Jahrhundert verorteten Szenario mit all seinen analogen Telefonen, mechanischen Geräten und Röhrenmonitoren einen schizophrenen Eindruck hinterlässt. Der handgemachte und zum Teil eben auch unperfekte Charme, der vor allem die leicht ruckeligen „Wallace & Gromit“-Kurzfilme ausmachte, geht da bisweilen verloren.

    Fazit: Einige Pointen haben in „Wallace & Gromit: Vergeltung mit Flügeln“ durchaus Wiedererkennungswert und bieten gefälligen Fan-Service. Darüber hinaus bietet das auf Tempo getrimmte Animationsabenteuer aber vor allem arg kindgerecht geratene Gags und erreicht nur selten den Charme der alten (Kurz-)Filmabenteuer.

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