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    Zuhause ist es am schönsten
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Zuhause ist es am schönsten
    Von Antje Wessels

    Von „Willkommen bei den Sch‘tis“ über „Ziemlich beste Freunde“ bis zu „Monsieur Claude und seine Töchter“ – wenn bei unseren französischen Nachbarn ein Film zum Kassenhit avanciert, dann läuft er anschließend in der Regel auch bei uns in Deutschland ziemlich gut bis herausragend. Mit italienischen Filmen sieht die Sache hingegen schon ganz anders aus. Nur selten erreichen selbst Erfolgsproduktionen von dort überhaupt unsere Kinos – und wenn doch, dann finden sie in der Regel kein großes Publikum. Selbst die Beamten-Komödie „Der Vollposten“, in Italien ein Megahit und mit Bastian Pastewka als deutscher Stimme groß vermarktet, ist hierzulande böse gefloppt.

    Auch das italienische Familiendrama „Zuhause ist es am schönsten“ wird diesen Negativtrend trotz mehr als neun Millionen Kinobesuchern in seiner Heimat eher nicht stoppen. Denn auch wenn der austauschbare Titel an die massenhaft in die Kinos gespülten Wohlfühlkomödien aus Frankreich erinnert, bietet der Film des hollywooderprobten Regisseurs Gabriele Muccino („Ein letzter Kuss“) zum Glück alles andere als das übliche belanglose Feel-Good-Einerlei. Stattdessen entpuppt sich „Zuhause ist es am schönsten“ trotz komödiantischer Einschübe als überraschend ambitionierte und schonungslose Bestandsaufnahme einer wiedervereinten italienischen Großfamilie, bei der vor allem das enthemmte, geradezu spektakuläre Schauspiel des durch die Bank großartigen Cast begeistert.

    Alba (Stefania Sandrelli) und Pietro (Ivano Marescotti) haben ihre ganze Großfamilie zu ihrer Goldenen Hochzeit in ihr luxuriöses Feriendomizil auf Ischia eingeladen. Dennoch stehen alle Zeichen auf Sturm, denn im Clan gibt es jede Menge Spannungen, Eifersüchteleien und Gerüchte über Affären. So kriegt sich Sohn Carlo (Pierfrancesco Favino) etwa mit seiner neuen Ehefrau Ginevra (Carolina Crescentini) in die Haare, weil die es gar nicht gut findet, dass auch seine Ex Elettra (Valeria Solarino) eingeladen ist. Auch Carlos Schwester Sara (Sabrina Impacciatore) hat Eheprobleme – nur weiß sie selbst davon noch gar nichts, schließlich konnte ihr Gatte Diego (Giampaolo Morelli) die Telefonate mit seiner Geliebten zumindest bislang noch vor ihr geheim halten. Für Enkel Paolo (Stefano Accorsi) wiederum beginnt die Feier vielversprechend, als er eine Affäre mit seiner Cousine Isabella (Elena Cucci) beginnt. Doch dann bricht ein Unwetter über die traumhaft schöne Insel herein und die angestauten Emotionen drohen, sich in einem einzigen gewaltigen Gewitter zu entladen…

    In seinen zwölf Jahren in Los Angel hat Gabriele Muccino gefällige Superstar-Dramen mit Will Smith („Das Streben nach Glück“, „Sieben Leben“), eine romantische Fußball-Komödie mit Gerard Butler („Kiss The Coach“) und ein Generationen-Porträt mit Russell Crowe, Amanda Seyfried und Diane Krüger („Väter und Töchter“) gedreht. Da wäre es für ihn sicherlich kein Problem gewesen, „Zuhause ist es am schönsten“ ebenfalls mit Hollywoodstars zu besetzen. Stattdessen kehrte er aber in seine italienische Heimat zurück – und das ist auch gut so! Denn selbst wenn „Zuhause ist es am schönsten“ thematisch an solche Hollywood-Familienmelodramen wie „Im August in Osage County“ erinnert, machen eben erst das Setting und das authentische Schauspiel der – zumindest für deutsche Zuschauer – unverbrauchten Darsteller den Film so berauschend lebendig.

    Wenn eine über lange Zeit getrennte Familie wieder zusammenkommt, sind – zumindest im Kino - Streit und das Aufbrechen unterschwellig brodelnder Konflikte vorprogrammiert. Das ist zwar auch in „Zuhause ist es am schönsten“ nicht anders, aber allein das schiere Ausmaß der verschiedenen Brandherde sorgt dafür, dass man hier nie das Gefühl bekommt, etwas Vergleichbares schon einmal gesehen zu haben. Dabei begeistert bereits die energische, energiegeladene Stoßrichtung des Skripts der Autoren Gabriele Muccino und Paolo Costella, die darin ebenso kraftvoll wie präzise herausarbeiten, wie aus den vielen kleinen Feuerchen – eine falsche Handlung hier, ein unbedarfter Kommentar dort – irgendwann ein kaum noch unter Kontrolle zu bekommender Flächenbrand entsteht. Das ohnehin nur am Rande hereinragende Unwetter hätte es da als symbolischen Überbau gar nicht zwingend gebraucht, man versteht schließlich auch so, dass sich all die aufgestauten Emotionen erst einmal entladen müssen, bis in der Familie wieder Frieden einkehren kann.

    Einen solchen Frieden gibt es in „Zuhause ist es am schönsten“ aber nicht für jeden – wie gesagt, hier gibt es kein plattes Rundum-Wohlfühlkino. Das Skript hat schlicht nicht für alle Hauptfiguren ein Happy End übrig, wenn etwa einer der bis dahin unschuldigsten Protagonisten in der buchstäblich allerletzten Szene doch noch sein wahres Gesicht zeigt und den Ehepartner Hals über Kopf verlässt. Viel spannender als die Versöhnung ist hier ohnehin der Streit. Selbst wenn es eine Weile braucht, bis alle Positionen markiert sind (neben elf Hauptrollen gibt es noch viele mehr Nebenfiguren), interessiert man sich ehrlich für die Probleme aller Figuren – und seien die zum Teil auch noch so absurd. Das ist in erster Linie der Verdienst der zum Großteil improvisierenden und durchweg vor Spielfreude nur so sprühenden Besetzung.

    Kameramann Shane Hurlbut („Need For Speed“), mit dem Muccino bereits bei „Väter & Töchter“ zusammengearbeitet hat, hält sich mit Sperenzchen zurück und konzentriert sich stattdessen darauf, zu den Familienmitgliedern auch visuell eine extreme Nähe aufzubauen. Die felsige Küste der Insel wirkt dabei wie eine natürliche Grenze, die die miteinander auf Ischia eingepferchten Protagonisten einfach nicht überwinden können (oder wollen). Auch auf musikalischer Ebene beweisen die Macher Fingerspitzengefühl: Während der Score dem Zuschauer nicht allzu aufdringlich vorgibt, was er gerade zu fühlen hat, versammelt sich die Familie gleich mehrfach um das große, lackschwarze Klavier im riesigen Wohnzimmer, wo mitreißende italienische Chansons gesunden werden – zumindest kurze Momente der Zusammengehörigkeit zwischen all dem Zank und Streit.

    Fazit: In dem italienische Familiendrama „Zuhause ist es am schönsten“ wird gelacht, geweint, gesungen und ganz viel gezankt – und all das vor traumhafter Kulisse und zum Leben erweckt von einem phänomenal aufspielenden Cast.

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