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    Better Watch Out
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Better Watch Out
    Von Christoph Petersen

    Ist das Leben nicht schön?“, „Stirb langsam“, „Black Christmas“ – es gibt eine Reihe von Filmen, die wir uns zu Weihnachten einfach immer wieder gern ansehen! Und 2017 kommt noch ein weiterer Film dazu: Chris Peckovers unabhängig produzierter Heiligabend-Horror „Better Watch Out“ hat nach seiner Premiere auf dem Fantastic Fest in Texas einen wahren Bieterwettstreit zwischen den Studios ausgelöst – und nachdem wir ihn nun gesehen haben, verstehen wir auch warum. „Better Watch Out“ ist hochwertig produziert, spannend, lustig, blutig und weihnachtlich – eine Mischung, die in der kommenden Festtagssaison (der Film startet weltweit kurz vor Weihnachten) sicherlich genug Horrorfans in die Kinos locken dürfte. Aber aufgepasst: Selbst wenn „Better Watch Out“ auf den ersten Blick wie ein polierter Hochglanz-Horrorspaß anmutet, haben die Macher ihren Independent-Status (zum Glück!) doch dazu genutzt, um einige Elemente des Plots sehr viel radikaler auszureizen, als es im Hollywood-Studiosystem wohl je möglich gewesen wäre.

    Für Luke (Levi Miller) ist dieser Heiligabend die letzte Chance, seine große Liebe für sich zu erobern – der Zwölfjährige ist nämlich total in seine extrem attraktive, allerdings auch fünf Jahre ältere Babysitterin Ashley (Olivia DeJonge) verschossen, die nach den Feiertagen zum Studieren in eine andere Stadt umziehen wird. Als seine Eltern Deandra (Virginia Madsen, „Sideways“) und Robert (Patrick Warburton, „Rules Of Engagement“) endlich aus dem Haus sind, holt der halbstarke Herzensbrecher auch direkt eine Flasche Champagner raus, um seine Angehimmelte in die passende Stimmung zu bringen – doch anstatt auf seine Avancen einzugehen, telefoniert Ashley lieber die meiste Zeit mit ihrem nervigen Freund Ricky (Aleks Mikic). Aber dann funktioniert plötzlich das Telefon nicht mehr, an der Tür klingelt ein Pizzalieferant, obwohl noch gar nichts bestellt wurde, und durch das Fenster fliegt ein Pflasterstein, auf dem steht, dass jeder sterben wird, der das Haus verlässt. Ist damit Lukes große Chance gekommen, seiner Babysitterin seine Männlichkeit ein für alle Mal unter Beweis zu stellen?

    Für Freunde schwarzen Humors macht „Better Watch Out“ von den ersten Szenen an Laune, wenn der verheiratete Vater und sein zwölfjähriger Sohn zeitgleich und wenig subtil der Babysitterin nachstellen – aber darüber hinaus kann man eigentlich nicht viel schreiben, ohne direkt zu viel über den Plot und seine Wendungen zu verraten. Deshalb an dieser Stelle erst mal nur möglichst vage so viel: „Better Watch Out“ ist weniger – wie man nach den ersten paar Minuten erwarten könnte – klassisches Terrorkino à la „The Strangers“ und Co., sondern entpuppt sich stattdessen als unerwartet provokante Horror-Satire, in der die sexuelle Frustration und das pathologische Anspruchsdenken der Weißer-Gartenzaun-Bürgerlichkeit ziemlich schonungslos offengelegt werden.

    Wir verraten in dieser Kritik zwar nicht das Ende des Films, aber den ersten zentralen Twist, nach dem der Film eine völlig neue Richtung einschlägt. Wer „Better Watch Out“ noch nicht gesehen hat, sollte deshalb direkt das Fazit lesen und den folgenden Absatz überspringen. Also: Achtung Spoiler!!!

    Nach einer guten halben Stunde kommt heraus, dass Luke und sein bester Kumpel Garrett (Ed Oxenbould, der rappende Junge aus M. Night Shyamalans „The Visit“) die Drohungen und den Einbruch nur inszeniert haben, um so die verängstigte Ashley leichter rumzubekommen – und ab hier legt „Better Watch Out“ als Teenager-Variante von „Funny Games“ eigentlich erst so richtig los. Für einen Mainstream-Horrorfilm geht Regisseur Chris Peckover nämlich ganz schön weit: Der zwölfjährige Luke entpuppt sich als wahrer Psycho, der nicht nur die Brüste seiner ebenfalls noch minderjährigen Babysitterin befummelt, sondern auch störende Konkurrenten auf brutal blutige Weise aus dem Weg räumt (und zwar „Kevin – Allein zu Haus“-Style, nur dass es hier realistischere Folgen hat, wenn jemand mit voller Wucht einen Farbeimer in die Fresse kriegt). Gerade weil der Ton des Films selbst in diesen Momenten eher leicht und fröhlich bleibt, wirkt die kindlich-farbenfrohe Szenerie mitunter so verstörend. Zudem gibt Luke Levi einen erstaunlich überzeugenden Psychopathen ab – dabei hat der Nachwuchsstar erst vor zwei Jahren noch Peter Pan verkörpert. Selten haben wir einen kleinen Jungen so sehr verachtet wie Luke – dass sein Plan bei genauerer Betrachtung nie wirklich Sinn ergibt, spielt da nur eine untergeordnete Rolle.

    Fazit: „Kevin – Allein zu Haus“ trifft „Funny Games“: „Better Watch Out“ ist ein verschmitzt provokanter, schön schwarzhumoriger Heiligabend-Horror-Spaß!

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