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    Zum Verwechseln ähnlich
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Zum Verwechseln ähnlich
    Von Antje Wessels

    Manchmal kommt zusammen, was zusammengehört. So auch Lucien Jean-Baptiste und sein neues Projekt „Zum Verwechseln ähnlich“. Darin geht es um ein schwarzes Ehepaar in Frankreich, das sich aus der Not heraus, keine eigenen Kinder bekommen zu können, um eine Adoption bemüht und von der Behörde einen weißen Jungen zugewiesen bekommt. Wenige Tage bevor man mit dem Drehbuch, das zunächst noch „Black Adoption“ hieß, an Jean-Baptiste herangetreten war, hatte der gebürtig von der Karibikinsel Martinique stammende Regisseur, Schauspieler, Schriftsteller und Synchronsprecher einen Artikel über ein nigerianisches Pärchen gelesen, dem exakt das passiert war. Für den Filmemacher war da schon klar: Dieses Thema gehört verfilmt. Ein Jahr und einige persönliche Änderungen am Drehbuch später ist mit „Zum Verwechseln ähnlich“ nach „Triff‘ die Elisabeths!“ nun Jean-Baptistes nächste Komödie über die Konfrontation zwischen Schwarz und Weiß im Kasten. Stand in „Triff die Elisabeths!“ noch das Thema Integration im Mittelpunkt, geht es in „Zum Verwechseln ähnlich“ vor allem darum, wie wichtig es ist, den ureigenen Wurzeln treu zu bleiben, ohne sich aber dabei dem Fortschritt zu verschließen. Dabei herausgekommen ist eine Geschichte mit wichtiger Toleranzbotschaft, die allerdings viel zu oft von lautstarkem Schabernack und Hektik verwässert wird.

    Für Paul (Lucien Jean-Baptiste) und Sali (Aïssa Maïga) hängt der Himmel voller Geigen. Ihre Hochzeit war ein rauschendes Fest und gerade haben sie ihren eigenen Blumenladen in Paris eröffnet, die Hochzeit der beiden war ein rauschendes Fest und für die zwei steht der nächste große Schritt an: das Gründen einer Familie. Da Sali keine eigenen Kinder bekommen kann, entschließt sich das Paar zu einer Adoption. Zwar erreicht die beiden schon bald der erlösende Anruf, dass ein geeignetes Baby gefunden sei, doch die Mitarbeiter vom Amt zögern, als sie ihnen das Foto des kleinen Benjamin zeigen. Denn der Säugling ist weiß – und seine Adoptiveltern schwarz. Für Paul und Sali ist es Liebe auf den ersten Blick, während sich ihr Umfeld so gar nicht mit der Entscheidung des Paars anfreunden kann. Vor allem Salis konservative Eltern, die einst aus dem Senegal nach Frankreich gekommen sind, möchten Benjamin nicht als ihren Enkel anerkennen. Zunächst stehen Paul und Sali über den Dingen, doch nach und nach häufen sich unangenehme Zwischenfälle. Ob die Entscheidung, ein weißes Kind zu adoptieren, vielleicht doch nicht die beste Idee war?

    Für Lucien Jean-Baptiste geht es bei „Zum Verwechseln ähnlich“ vor allem um eine Beobachtung: Viele vermeintliche Probleme beruhen auf Vorurteilen Außenstehender, während die direkt Betroffenen die Sache meist ganz entspannt sehen. Das wird bereits in jener Szene deutlich, in der  Paul und Sali ihren Benjamin das erste Mal sehen: Das Strahlen in den Augen der Neu-Eltern lässt dem Zuschauer das Herz aufgehen, während die Umstehenden bereits die Nase rümpfen, bevor sie die beiden überhaupt mit dem Kleinen haben interagieren sehen. So etwas wie die unterschiedlichen Hautfarben spielen für die Protagonisten überhaupt keine Rolle – und Jean-Baptiste wird in den kommenden 90 Minuten nie müde, das zu betonen. Man leidet tatsächlich mit, wenn Sali auf dem Spielplatz dafür ausgelacht wird, zu behaupten, nicht etwa die Babysitterin, sondern die Mutter des Kleinen zu sein. Die wöchentlichen Besuche der latent fremdenfeindlichen Betreuerin Claire (Zabou Breitman, „C'est la vie“ ) werden zu kaum zu meisternden Spießrutenläufen für das junge Paar, bei denen man der verklemmten Hosenanzugträgerin am liebsten rechts und links eine scheuern und fragen würde, weshalb diese familiäre Harmonie so gezielt zerstört werden soll, bloß weil hier etwas geschieht, was nicht unbedingt der Norm entspricht. Und die ein wenig zu plakativ geratenen Szenen in den Wartezimmern von Kinderärzten oder anderen Einrichtungen unterstreichen die gesellschaftliche Engstirnigkeit zusätzlich.

    Mit diesen wirkungsvoll zugespitzten, meist aber auch besonders charmanten Momenten rennen die Filmemacher beim wohlgesonnenen Publikum offene Türen ein: Die Darsteller bieten dem Zuschauer dabei einen emotionalen Anker und sorgen mit differenzierter Charakterzeichnung für Realitätsnähe. Auf solche eher ruhige Szenen folgen aber immer wieder grobe Slapstickeinlagen  oder gleich minutenlange, hysterische Keifereien (wie etwa beim vermeintlichen Höhepunkt des Films im Krankenhaus). Dabei lassen einige Nebenfiguren den aufklärerischen Kern der Geschichte fast vergessen und der Film droht zuweilen in schrillen Albernheiten zu versinken: Das gilt vor allem für den von Vincent Elbaz („Madame Mallory und der Duft von Curry“) gespielten, strunzdoofen Familienfreund Manu und mehr noch für die vollkommen überdreht aufspielende Marie-Philomène Nga („Ein Dorf sieht schwarz“) in der Rolle von Salis Mutter.

    Fazit: In Ansatz und Aussage ist die französische Komödie „Zum Verwechseln ähnlich“ ein liebevolles Plädoyer für einen toleranten und entspannten Umgang zwischen Schwarz und Weiß. Doch wird dies durch lautstark-hysterische Auseinandersetzungen und oberflächlichen Slapstick immer wieder fast im Keim erstickt.

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