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    Die Hochzeit unserer dicksten Freundin
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Die Hochzeit unserer dicksten Freundin
    Von Björn Becher

    Auf den ersten Blick liegt ein Vergleich mit dem Überraschungshit „Brautalarm" auf der Hand. In „Die Hochzeit unsrer dicksten Freundin" geht es schließlich ebenfalls um die krachenden Abenteuer der frustrierten Freundinnen der Braut kurz vor der Hochzeit und die Komödie von Debütregisseurin Leslye Headland ist damit durchaus so etwas wie ein zweites „,Hangover` mit Frauen". Doch bei allen Ähnlichkeiten begnügen sich Headland und ihre Mitstreiter nicht mit der simplen Variation eines Erfolgsrezepts und setzen jede Menge originelle Akzente. Das zeigt sich schon an der Vorlage, denn „Die Hochzeit unsrer dicksten Freundin" basiert auf einem Theaterstück Headlands aus einem Zyklus über die sieben Todsünden. Das Thema hier ist die Völlerei, aber derer macht sich nicht etwa die schwergewichtige und mit einem guten Appetit gesegnete Braut schuldig, sondern ihre drei schlanken Freundinnen. Das Leben des Trios ist ausschweifend und maßlos, doch dabei fehlt etwas Entscheidendes - diese Erkenntnis reift in einer turbulenten Nacht: „Die Hochzeit unsrer dicksten Freundin" ist ein großer und garantiert nicht jugendfreier Spaß mit viel Herz und glänzend aufgelegten Darstellern.

    Die kontrollsüchtige Regan (Kristen Dunst) hat für ihre einstigen besten Schulfreundinnen Gena (Lizzy Caplan) und Katie (Isla Fisher) eine schockierende Nachricht: Ausgerechnet die übergewichtige Becky (Rebel Wilson), die zur Schulzeit von allen als „Pigface" gehänselt wurde, ist die erste aus ihrem Quartett, die heiratet, und hat sich mit dem gutaussehenden und vermögenden Dale (Hayes MacArthur) auch noch einen absoluten Traummann geangelt. Immerhin bietet die bevorstehende Hochzeit in New York den drei Freundinnen endlich mal wieder Gelegenheit, so richtig die Sau rauszulassen. Doch Becky hält nichts von einem krachenden Junggeselinnenabschied am Abend vor der Hochzeit und wirft die völlig zugedröhnten Gena und Katie kurzerhand raus. Doch damit fängt die Nacht erst richtig an, denn als Gena, Katie und Regan versehentlich das Hochzeitskleid zerstören, steht die ganze Feier auf der Kippe. Der Versuch alles zu retten, führt sie auf einer Party-Odyssee durch einen Stripclub, ein Brautmodenhaus und einen Swimmingpool quer durchs New Yorker Nachtleben, wo sie auch immer wieder Dale und seinen mit ihm den Junggesellenabschied feiernden Gästen um Genas Jugendliebe Clyde (Adam Scott), den Egomanen Trevor (James Marsden) und den schüchternen Joe (Kyle Bornheimer) begegnen.

    Eigentlich war es nur eine Fingerübung, als Leslye Headland 2008 eines ihrer Theaterstücke über die sieben Todsünden als Filmdrehbuch adaptierte, sie wollte einfach nur Erfahrungen im Drehbuchschreiben sammeln. Doch als einige Zeit später das erfolgreiche Produzenten-Duo Adam McKay und Will Ferrell („Die Stiefbrüder") das Stück sah und an die Regisseurin mit dem Vorschlag einer Verfilmung herantrat, kramte sie das Skript wieder hervor und überarbeitete es mit der Unterstützung der Hollywood-Profis. Daraus entstand für nur schlappe drei Millionen Dollar eine feine kleine Komödie mit einer exzellenten Besetzung. Vor allem Kirsten Dunst („Spider-Man", „Melancholia") brilliert als zugeknöpfter Kontrollfreak Regan. Sie terrorisiert ihre Umwelt regelrecht und tut dabei alles, um immer im Mittelpunkt zu stehen. Doch – und das ist das gemeinsame Kunststück von Headland und Dunst – die zunächst geradezu hassenswerte Figur bekommt im weiteren Verlauf des Films eine fast tragische Note und gewinnt die Sympathien der Zuschauer zurück.

    Headland gibt keine ihrer Figuren vorschnell auf und so beschert sie nicht nur Regan, sondern auch der über weite Strecken ebenfalls ziemlich anstrengenden Katie – Isla Fisher wiederholt hier ihre Rolle als nymphomanisches Dummchen aus „Die Hochzeits-Crasher" - am Ende eine neue Facette: Ihre emotionale Poolszene mit dem schüchternen Joe ist das dramatische Highlight des Films. Die geschickte Verknüpfung von komischen und ernsten Elementen ist sowieso eine der größten Stärken des Films. Ganz besonders gut gelingt dies mit der Beziehung zwischen Gena und Clyde, die sich als Herzstück des Films herausstellt: Zwischen der dramatischen Offenbarung ihrer gemeinsamen tragischen Hintergrundgeschichte übers romantische Wiederfinden bis zu einem krachenden Gag sind es nur wenige Minuten, aber Lizzy Caplan („Cloverfield") und Adam Scott („Piranha 3D"), die schon in der nur kurzlebigen und sträflich unterschätzten Serie „Party Down" perfekt harmonierten, treffen die unterschiedlichen Register punktgenau. Caplan beeindruckt ohnehin als Rampensau, die Koks im Minutentakt schnupft, einen Strip-Club aufmischt und einen Blow-Job-Monolog hält, der schon jetzt zu den lustigsten Szenen des Kinojahres gehört. In diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben sollte noch James Marsdens („X-Men") starke Darbietung als sexgeiler Widerling Trevor.

    Dass Regisseurin und Drehbuchautorin Leslye Headland selbst zur Altersgruppe ihrer Heldinnen Anfang Dreißig gehört, merkt man. Sie kennt ihre Sorgen und Nöte, die in Filmen wie „Brautalarm" oder TV-Serien wie „Girls" in jüngerer Vergangenheit bereits verstärkte mediale Aufmerksamkeit erhielten, und nimmt sie jederzeit ernst. Das ist stets spürbar, auch wenn „Die Hochzeit unsrer dicksten Freundin" mit seinen Drogen- und Partyexzessen natürlich bisweilen extrem überzeichnet ist. Allerdings dürfte der eine oder andere jüngere Zuschauer bei manchem Dialogfeuerwerk etwas stutzen – schließlich zitieren Headlands Figuren vor allem die Popkultur, die ihre Generation prägte. Und mal ehrlich: Wer erinnert sich noch an das „Pool-Schicksal" von Aufreißer Mike Damone (Robert Romanus) in Amy Heckerlings Spaß „Ich glaub' ich steh' im Wald" (das in der bereits erwähnten Poolszene einen schönen Widerpart findet) oder kennt „My Girl – Meine erste Liebe" aus dem Effeff? Headland übertreibt es mit solchen Verweisen, die nebenbei immerhin die Glaubwürdigkeit ihrer Figuren erhöhen, jedoch nicht und sorgt stets im richtigen Moment für einen generationenübergreifend verständlichen visuellen Gag. Und „Die Hochzeit unsrer dicksten Freundin" ist dabei so sympathisch, dass man selbst den Einsatz des abgenudeltsten Love-Songs aller Zeiten – „I'm Gonna Be (500 Miles)" von The Proclaimers – verzeiht, zumal dieser schlussendlich so absurd schlecht vorgetragen wird, dass es wieder lustig und (!) romantisch ist.

    Fazit: Die Heldinnen aus „Die Hochzeit unsrer dicksten Freundin" sind süchtig nach Aufmerksamkeit, nach Sex oder nach Drogen und müssen sich ihren Problemen stellen – dabei sorgen sie in dieser etwas anderen Komödie für jede Menge Spaß.

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