Nicht jeder Filmemacher möchte sein wie Stanley Kubrick. Dem legendären Visionär und Bilderstürmer mit seinen unbändigen künstlerischen Ambitionen stehen Dutzende von mehr oder weniger fähigen Regie-Handwerkern gegenüber, die einfach nur für rohes, schnörkelloses Genre-Kino stehen. Einer dieser unbekannten Helden, deren Werke nur selten tatsächlich den Weg auf die große Leinwand finden, ist Isaac Florentine. Er dreht seit Jahren einen Action-Kracher nach dem anderen, aber weder dem Feuilleton noch dem Multiplex-Publikum ist sein Name ein Begriff. Seine Filme wie „The Shepherd" oder „Ninja – Revenge Will Rise" sind bescheiden produziert und von hemdsärmeliger, pragmatischer Funktionalität. Seine Schauplätze sind nicht die längst zu Tode gefilmten Skylines amerikanischer Metropolen, sondern die Gassen des ehemaligen Ostblocks. Seine Stars sind körperbetont auftretende Martial-Arts-Ikonen wie Jean-Claude Van Damme, Scott Adkins oder Michael Jai White - Schauspieler, die den Höhepunkt ihrer Karriere längst hinter sich haben, wenn es ihn denn überhaupt gab. Der Action-Thriller „Assassin's Bullet - Im Visier der Macht" hat die typischen Florentine-Zutaten: Der Schauplatz ist Bulgarien, die Story wirr und spekulativ, die Hauptrolle spielt der unerschrockene Christian Slater. Und auch das insgesamt durchwachsene Ergebnis ist durchaus typisch, denn die bewundernswerte Geradlinigkeit geht Hand in Hand mit einer gewissen Einfallslosigkeit.
Der Ex-FBI-Agent Robert (Christian Slater) wird von seinem Vorgesetzten nach Osteuropa geschickt, um eine Mordserie aufzuklären, die es in sich hat. Unter den Opfern befinden sich zahlreiche Kriminelle, die vor nicht allzu langer Zeit über Verbindungen zum internationalen Terrorismus verfügten. Alle Indizien weisen in Richtung eines streng geheimen Agentennetzwerkes namens „Sofia", das bevorzugt unlautere Methoden einsetzte und dabei auf höchst umstrittene Mitarbeiter zurückgriff. Bald schon findet sich Robert in einem Sumpf aus Intrigen wieder und bekommt es mit schmutzigen Seilschaften zu tun: Die Grenzen von Gut und Böse sind für ihn in der Halbwelt von Geheimdienstlern und Kriminellen schnell nicht mehr klar erkennbar. Während die Mordserie nicht abreißt, fragt sich Robert, was es mit der ebenso mysteriösen wie attraktiven Attentäterin Vicky (Elika Portnoy) auf sich hat, die sich durch den Reigen der Verschwörer, Gangster und Geheimagenten kämpft und zahllose Leichen zurücklässt.
Vordergründig scheint es hier um die Schattenseiten amerikanischer Außenpolitik zu gehen, um finstere Seilschaften im Krieg gegen den Terror. Einen altmodischen Politthriller mit klassischen Qualitäten wie „Die drei Tage des Condor" oder „Zeuge einer Verschwörung" darf man allerdings nicht erwarten. Mit einem stringenten Drehbuch oder so etwas wie innerer Logik hält sich Florentine nicht auf. Mit spekulativer Freude stürzt er sich auf das vorgeblich heiße Pflaster Bulgarien. Das mag zwar plakativ und plump sein, aber seine Mischung aus Korruption, Mafia und Ränkespielen ist der passende Rahmen für einen schnellen und brutalen Thriller. Dementsprechend krude sind Christian Slaters Ermittlungsmethoden: Mit zwielichtiger Totschlägervisage hängt er in schmierigen Clubs herum, schlürft Cocktails und guckt gequält aus der Wäsche. Die Story ergibt nicht furchtbar viel Sinn, aber dafür verströmt die bulgarische Agenten-Sause ein beeindruckend schäbiges Flair, das die hier dargestellte Welt genauso beschreibt wie den Film selbst. Hier ist einfach alles ein wenig schmuddeliger, kleiner und geschmackloser als in anderen Ländern und anderen Filmen.
Die Action ist passend zur groben Erzählung roh, hart und angenehm unglamourös. Hier gibt es keine Big-Budget-Materialschlacht voller Explosionen und vor allem keinen CGI-Schnickschnack. Stattdessen haut man sich noch gepflegt die Hucke voll und verzichtet dabei auf jegliche Mätzchen. Verglichen mit ebenso kostengünstig produzierten Actionfeuerwerken aus Asien wie etwa der Dauerkeilerei „The Raid" oder auch mit Blick auf Luc-Besson-Produktionen wie „Colombiana" oder „96 Hours" wirkt „Assassin's Bullet - Im Visier der Macht" allerdings schlicht zu ideenlos. Auch ein gutes B-Movie lebt von seinen Schauwerten und gerade hier versagt der sonst durchaus versierte Florentine. Allzu unspektakulär wirken die Hinterhöfe und Lagerhallen, vor denen sich die verschiedenen Parteien auf arg berechenbare und dadurch ermüdende Weise Saures geben. So bleibt letztlich ein nicht wirklich befriedigendes Stück Genre-Unterhaltung mit reichlich ungenutztem Potential.
Fazit: Beim ständigen Hin und Her zwischen wirrem Agenten-Thriller und lauwarmem Action-Spektakel sind Isaac Florentine auf halbem Weg die Ideen ausgegangen.