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    Courageous - Ein mutiger Weg
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Courageous - Ein mutiger Weg
    Von Robert Cherkowski

    Wer es einmal erlebt hat, vergisst es nicht: Es klingelt und vor der Tür stehen Mitglieder einer Freikirche oder eines christlichen Verbandes, die ein Gespräch über Jesus Christus und darüber „wie er auch heute noch über uns wacht" führen wollen. Rührend ist es schon, mit welchem Elan die freiwilligen Missionare ihrer Berufung nachgehen. Für die Anhänger mag es gut und schön sein, im Glauben soviel Rückhalt gefunden zu haben – die meisten Menschen aber wollen ihre spirituellen Überzeugungen lieber selbst definieren, statt dazu überredet zu werden. „Courageous" ist das filmische Äquivalent zu diesen Hausbesuchen. Finanziert von der „Sherwood Baptist Church", einer Großkirche aus dem frömmelnden Red State Georgia, ist Alex Kendricks vierter Spieflim ein filmgewordenes Stück erbauende Lebenshilfe, vorgetragen mit einem Eifer, der gelegentlich unangenehm undistanziert wirkt.

    Auch im verschlafenen US-Bundesstaat Georgia, weit weg vom superkriminellen Großstadtmoloch, brodelt es. Die Wiesen sind weit und grün, die Holzzäune vor den mittelständischen Ein-Familien-Häusern unschuldig weiß. Der Kampf gegen die wuchernde Gang-Kriminalität in den Vorstädten jedoch fordert einen mutigen Einsatz von den zuständigen Streifenpolizisten Mitchell (Regisseur Alex Kendrick), Hayes (Ken Bevel), Fuller (Kevin Downes) und dem Neuling Thomson (Ben Davies). Ehe und Kinder sind kaum weniger kompliziert. Neben seiner Tochter hat Mitchell einen pubertierenden und zunehmend entfremdeten Sohn. Hayes liegt im Clinch mit seiner Tochter, weil er ihr den Umgang mit dem jungen Rowdy Derrick (Donald Howze) verbietet. Und der geschiedene Fuller muss sich schweren Herzens das Sorgerecht für seinen Sohn mit der Ex teilen. Dann verunglückt eines der Kinder, jugendliche Gang-Verstrickungen werden offenbar und uneheliche Sprösslinge treten auf den Plan – Zuflucht vor ihren kleinen und großen Schicksalsschlägen finden die Männer in ihrem starken Glauben...

    Nach Football-Spielern in „Facing the Giants" und heldenhaften Feuerwehrmännern in „Fireproof - Gib deinen Partner nicht auf" haben sich die kreativen Köpfe der „Sherwood Baptist Church" erneut ein ur-amerikanisches Rollenmodell ausgesucht, um das herum sie ihre kleine Fabeln vom Glauben als rettende Instanz in den Stürmen des Lebens geschrieben haben. Diesmal sind es Polizisten, die sich in staatstragender Hingabe zu Gott bekennen, oder erst noch zu ihm finden müssen. Diese Cops sind in der Tat die denkbar nettesten Jungs – gelegentlich wünscht man sich bei einer derart weihevollen Stimmung aber schon, dass Woody Harrelson in seiner heftigen „Rampart"-Rolle in ihrer Mitte aufschlagen und sie zumindest ein wenig vollschmuddeln möge. Doch wahrscheinlich würden ihn die netten Kerle bloß bei alkoholfreiem Bier und Barbecue ins Gebet nehmen und zu Jesus führen. Kurz: „Courageous" ist Lebenshilfe und christlicher Werbefilm im Drama-Gewand.

    Zahlreiche Filmemacher haben sich mit dem zeitlosen Menschheitsthema Glauben auseinandergesetzt. In Form und Inhalt war das gelegentlich fragwürdig, doch nie so manipulativ wie hier. Man mag von einem exzentrischen Werk wie Mel Gibsons Erlöser-Folter-Opus „Die Passion Christi" halten, was man will – angebiedert hat sich Mad Mel dabei jedenfalls nicht. Auch Abel Ferraras „Mary" mag manchen als prätentiöse Nabelschau in Erinnerung geblieben sein, ganz sicher aber keine so missionarische wie „Courageous". Hier gibt es so überzeugte wie einfache Antworten auf komplizierte Fragen. Die wenigen Glaubensdebatten sind stets so aufgebaut, dass von Anfang an klar ist, wer das Recht (sprich: Gott) auf seiner Seite und welche heidnische Seele noch viel zu lernen hat. Oft wirken diese sauberen Erbauungsdialoge wie der Aufbau für einen wirklich fiesen Witz, der dann doch nicht kommt.

    Die befremdlich naiven und erzkonservativen Wert- und Weltbilder, die mit „Courageous" propagiert werden, sind in ihrer Schlichtheit nicht selten unfreiwillig komisch. Wenn mehrmals mit dem Holzhammer kommuniziert wird, dass ein traditionelles Familienleben mit starken und autoritären Vaterfiguren im privaten und der christliche Glauben im religiösen Maßstab die Allheilmittel für alles sind, werden mit gleißender Hingabe die „goldenen" 50er heraufbeschworen. Spätestens wenn die berühmt-berüchtigten Keuschheitsringe ins Spiel kommen, kann man sich ein hämisches Lachen über die Unbeholfenheit, mit der die Botschaft hier vermittelt wird, nicht verkneifen – dagegen wirkt selbst „Twilight" verhältnismäßig wild.

    Dabei ist „Courageous" durchaus ansprechend inszeniert und hätte sogar das Potential zu einem packenden Ensemblestück gehabt. Das konzentrierte Skript arbeitet die Konflikte der Protagonisten schnell und präzise heraus und hält die roten Fäden straff beisammen. Auch die Darsteller, die sich aus wiedergeborenen Christen und semi-prominenten Anhängern der „Sherwood Baptist Church" rekrutieren, leisten gute Arbeit – die emotionalen Talfahrten der Figuren sind durchweg anschaulich und berührend gespielt. Speziell Kendrick als Mitchell und Robert Amaya als vom Pech verfolgter Immigrant Jarvier, dem der mürrische Polizist zu einem Job verhilft, haben in ihren gemeinsamen Szenen ein starkes komödiantisches Timing.

    Weiterhin ist „Courageous" gut fotografiert und begeistert in seinen Actionszenen durch interessante Perspektiven und die selten gewordene Tugend der Übersichtlichkeit. Bloß, die offensichtliche und alles andere als subtile religiöse Agenda wirft immer wieder ein betrübliches Licht auf diesen kompetent gestalteten Film. Die Manipulation des Publikums ist an und für sich kein Problem im Kino, ganz im Gegenteil. Schließlich soll Erzählkino an die Hand nehmen und in eine Welt jenseits der Leinwand entführen. Wenn diese Entführung jedoch in der „Sherwood Baptist Church" endet, sind definitiv erhöhte Vorsicht und eine gewisse Reflektionsgabe erforderlich.

    Fazit: Obwohl „Courageous" ansprechend gemacht, gut gespielt und beizeiten berührend ist, bleibt der negative Beigeschmack, dass es sich hier doch nur um ein religiöses Propagandawerk handelt.

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