Wie viele Beziehungen wären wohl gerettet worden, wenn „Er" einfach in den Actionstreifen und „Sie" in die romantische Komödie marschiert wäre, anstatt sich an der Kinokasse auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen? Wir tippen einfach mal: eine ganze Menge! Da klingt es fast zu schön um wahr zu sein, dass mit „Freundschaft Plus" von „Ghostbusters"-Regisseur Ivan Reitman nun eine romantische (Sex-)Komödie in die Kinos kommt, die für beide Geschlechter gleichermaßen geeignet ist. Einziges Problem: Die erste Hälfte richtet sich an Verächter klassischer Romantikkomödien, die zweite an Fans solcher Schmalzballaden. Aus dem gemeinsamen Genießen wird – trotz dem wunderbar harmonierenden Leinwandpaar Natalie Portman und Ashton Kutcher - also wieder nichts.
Als Produktionsassistent Adam (Ashton Kutcher, „Valentinstag") erfährt, dass seine Ex-Freundin (Ophelia Lovibond) inzwischen mit seinem eigenen Vater (Kevin Kline, „Das Haus am Meer") angebändelt hat, fasst er den folgenschweren, alkoholbegünstigten Entschluss, solange Frauen aus dem Telefonbuch seines Handys anzurufen, bis eine von ihnen einwilligt, jetzt sofort und auf der Stelle mit ihm Sex zu haben. Schnitt! Adam erwacht splitterfasernackt auf der WG-Couch von Emma (Natalie Portman, „Die Schwester der Königin"), die er nach einem unschuldigen Kuss im Jugendlager aus den Augen verloren und erst kürzlich zufällig wiedergetroffen hat. Zwar kommt nach einigen Wirrungen heraus, dass in der vergangenen Nacht nichts weiter passiert ist, aber Adam und Emma verabreden sich dennoch dazu, fortan - wann immer einer von beiden Lust hat – miteinander in die Kiste zu hüpfen. Denn für eine innige Beziehung und tiefe Emotionen hat die angehende Ärztin schlichtweg keine Zeit. Aber Sex ohne Gefühle, kann das auf Dauer wirklich gutgehen?
In Anbetracht des fortgeschrittenen Alters des Regisseurs - Ivan Reitman („Kindergarten Cop", „Evolution") ist immerhin Jahrgang 1946 - fällt die erste Stunde von „Freundschaft Plus" überraschend frech und forsch aus. Hier wird gegen die üblichen Romantikentwürfe der Traumfabrik Hollywood angestänkert, als gäbe es kein Morgen mehr. Emma will bedingungslosen Sex (bevorzugt ohne Frühstück) und weist den junge Hüpfer flachlegenden Vater ihres Freundes in die Schranken, indem sie ihm beim Essen in einem schnieken Restaurant eröffnet, wie grandios sein Sohn im Bett ist. Nach der gemeingefährlichen Schizophrenen in „Black Swan" gibt Natalie Portman diesmal einen waschechten Männertraum - allerdings einen, der die Zügel selbst in der Hand hält, während Ashton Kutcher als Adam eigentlich nicht viel zu melden und lediglich Spalier zu stehen hat, wenn sein Handy summt und von dem Sexwunsch seiner Bettbekanntschaft kündet.
Doch auch im Jahr 2011 darf es – zumindest im Mainstreamkino - leider noch immer nicht dabei bleiben. Stattdessen schwingt sich Adam bei einer nächtlichen Minigolfrunde doch noch zum romantischen Helden auf, der seine Liebste aus ihrer Verlorenheit errettet. Wie sich herausstellt, hat Emma nämlich keinesfalls voller Selbstbewusstsein und aus einer festen Überzeugung heraus gehandelt, vielmehr ist das genaue Gegenteil der Fall: Emma wollte nämlich nicht auf eine feste Beziehung verzichten, weil ihr eine solche gerade nicht in den Kram passt, sondern weil sie Angst davor hatte, verletzt zu werden. Da ist sie wieder, die problembelastete Prinzessin, die nur darauf wartet, endlich von ihrem prunkvollen Prinzen ins Leben zurückgeholt zu werden – ganz ehrlich: Diesmal hätten wir lieber nicht nur die erste Stunde, sondern ganz auf sie verzichtet.
Natalie Portman wird demnächst in David Gordon Greens brachialhumoriger Mittelalter-Komödie „Your Highness" zu sehen sein, zudem schreibt sie gerade selbst an einem Drehbuch für eine schlüpfrige Komödie. „Freundschaft Plus", den die Aktrice auch selbst mitproduziert hat, ist nun also so etwas wie ihr erster Gehversuch im frech-vulgären Fach. Leinwandpartner Ashton Kutcher darf sich hingegen nicht selbst neu erfinden, sondern gibt wieder den knuffigen Loverboy, den er bisher mit wenigen Ausnahmen (zum Beispiel „The Butterfly Effect") in eigentlich all seinen Filmen gespielt hat – aber solange er es mit so viel Charme wie hier tut, sollte man ihn doch am besten einfach gewähren lassen. Für eine ganze Reihe von Gags gut ist auch Kevin Kline als Übervater, der es ja eigentlich nur gut mit seinem Sprössling meint, es mit seinen Alt-68er-Methoden (freie Liebe & freies Hasch) gelegentlich jedoch arg übertreibt.
Fazit: „Freundschaft Plus" ist dank zweier toller Hauptdarsteller recht spritzig und kurzweilig geraten. Trotzdem schade, dass die Komödie erst auf „modern" macht, nur um schlussendlich dann doch wieder die immer gleiche Hollywoodmoral zu bedienen. Wir sind gespannt, ob Will Glucks „Freunde mit gewissen Vorzügen" mit Justin Timberlake und Mila Kunis, der im September 2011 in die Kinos kommt und praktisch genau dieselbe Geschichte erzählt, mehr Mut beweisen wird.