Die Netflix-Neuverfilung von Edward Berger ist definitiv ein sehr guter Film, auch wenn er, vor allem am Schluss, ziemliche Schwächen hat.
Dass der Film mit der Buchvorlage und dem Film von 1930 nicht deckungsgleich ist, finde ich persönlich nicht so schlimm. Es ist auch schier unmöglich, die epische Tiefe und die schauspielerische Klasse des Originals von Lewis Milestone zu erreichen. Auch ist das literarische Meisterwerk von Erich Maria Remarque unerreichbar. Bergers Werk ist eher ein Film nach Motiven des Buches – alles andere hätte unweigerlich zu schwierigen und unnötigen Vergleichen geführt.
Bis auf kleine Details, die vernachlässigt werden können, ist die Neuverfilmung eine der authentischsten Produktionen der letzten Jahre. Netflix ist ja für seine historisch genauen Interpretationen bekannt und hier passt uniform- und waffentechnisch (fast) alles. Diese Authentizität muss einfach mal hervorgehoben und auch besonders gelobt werden. Emotionale und authentische Filme können nur gelingen, wenn die Thematik ernst genommen wird. Zu einer würdevollen Annäherung an das Leiden der jungen Soldaten in diesem mörderischen Konflikt, gehört einfach dazu, dass diese so abgebildet werden, wie sie damals aussahen.
In apokalyptischen Bildern zeigt Berger das sinnlose Sterben an der Westfront 1914-1918. Es sind teilweise Szenen, die sich am Rand des Möglichen und Ertragbaren bewegen und die schier nicht mehr zu steigern sind. Der Plot wird durch Computertechnik atemlos nach vorne gepeitscht, allerdings wird wie in vielen modernen Produktionen, die Tiefe die Charaktere nicht völlig ausgeschöpft und die Kameraden von Paul Bäumler können den innen zustehenden Raum nicht so füllen, wie es Milestone 1930 seinen Protagonisten ermöglichte.
Im Westen nicht Neues ist einer der besten Filme des Genres und wäre definitiv ein cineastischer Meilenstein, wenn nicht das völlig überdrehte und historisch inkorrekte Ende wäre. Es gab nur einen Sturmangriff in den letzten Minuten des Krieges, der wurde aber nicht von einem deutschen, sondern von einem amerikanischen Offizier befohlen und leider driftet die Hinrichtungsszene der Verweigerer in historischen Populismus ab. In der ganzen deutschen kaiserlichen Armee gab es von 1914-1918 ganze 48 Todesurteile. Schade, dass Edward Berger sich da gehen lies und offensichtlich seinem Antikriegsdrama noch mehr Drama verleihen wollte.