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    Im Westen nichts Neues
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    Cursha
    Cursha

    7.130 Follower 1.057 Kritiken User folgen

    4,5
    Veröffentlicht am 29. Dezember 2022
    Dieser Film könnte nicht besser in die Zeit passen. Gerade wo Krieg in Europa herrscht ist dieser Film doch ein wundervolles Beispiel dafür wie abscheulich Krieg ist, das es nichts Heldenhaftes gibt, das es dort schmutzig zugeht und das Millionen junger Männer sinnlos ihr Leben geben müssen für machthungrige Führer, die sich selbst nie die Finger schmutzig machen. Schnell wandelt sich die Euphorie in pure Angst. Dabei sieht der Film unglaublich gut aus und kommt mit einem erschreckenden Realismus um die Ecke. Die Effekte sind wirklich stark, die Musik laut und dröhend. Dabei ist es wunderbar einen solchen Film aus Deutschland zu bekommen. Dabei steht der Film der Verfilmung von 1930 in nichts nach. Hinzu kommen grandiose Schauspieler von Albrecht Schuch, Daniel Brühl, Edin Hasanovic bis Devid Strisow. Ein fantastischer, erschreckender Antikriegsfilm!
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    5,0
    Veröffentlicht am 12. Dezember 2022
    Stark, hart, verstoerend, schmerzhaft, ehrlich und mal wieder aktuell: "Im Westen nichts neues".
    Gruss aus Moskau
    a b
    a b

    1 Kritiken User folgen

    2,5
    Veröffentlicht am 13. November 2022
    Gut, eindrucksvoll gemachte Kampfszenen. da kann man nicht meckern.
    aber anosonste.. die Geschichte is einfach ideenlos.. ein typisch deutscher film...
    daher is der film insgesamt eher eine entäuschung.
    nicht zu vergleichen wie mit einem film "soldat ryan"..
    auch ein film wie "unsere muetter unser vaetter" war sehenswerter..
    also ich wuerd ihn mir nicht nochmal angucken..
    D. K.
    D. K.

    1 Follower 11 Kritiken User folgen

    5,0
    Veröffentlicht am 11. November 2022
    Erste 10 min hat schon einen Oscar verdient. Sound, Schauspieler und Story einfach Top. Endlich mal wieder was aus Deutschland.
    Der Siegemund
    Der Siegemund

    19 Kritiken User folgen

    5,0
    Veröffentlicht am 11. November 2022
    Im Netflix-Stream nichts Neues?

    Musste man sich in der letzten Zeit die Frage stellen, ob es „Im Netflix-Stream nichts Neues?“ gibt, wagt sich ausgerechnet der Streaminganbieter, nachdem er Jahre lang gehyped wurde und nun bei vielen Kunden aus unterschiedlichen Gründen in Ungnade gefallen war, an die Verfilmung des Klassikers des Anti-Kriegsfilms „Im Westen nichts Neues“ und schickt das Werk sogar ins Oscarrennen 2022 für Deutschland.

    Die Erstverfilmung, des literarischen Stoffes von Erich Maria Remarque, erregte im Jahre 1929 Aufsehen, durchbrach er die Weise, wie bisher Filme gemacht wurden, in technischer Sicht, wie auch weltanschaulicher Sicht, nämlich gegen ein heroisches Ideal und romantisierendes Heile-Welt Paradigma. Besonders in Deutschland wurden längere Filmszenen zensiert und unter den Nazis verballhornt und verfemt, bis er ganz verboten wurden. Aber auch in den USA hat der Film einige Zensurschnitte erfahren müssen. Das kinematografische Jahrhundertwerk darf auch noch heute als Meilenstein der Filmgeschichte gelten, weil danach kein sog. Anti-Kriegsfilm die Angst und Furcht der Soldaten so ungeschönt dargestellt hat, wenn sie sich in den Schützengräben und Bombenkratern wimmernd, weinend und kreischend in der Deckung zusammenkauern, wo sie in anderen Filmen meist mit tapferer Mine ihr Schicksal ertragen und über sich hinauswachsen.

    So können die Soldaten in jedem anderen sog. Anti-Kriegsfilm trotzdem zu Helden werden, was für den Zuschauer sicherlich wohlgefällig ist, doch bei „Im Westen nichts neues“ existiert der Held genauso wenig, wie der Anti-Held, es gibt nur Futter für die Kanonen. Im Vergleich, zum dem mit dem Oscar ausgezeichneten Klassiker von 1930, könnte also die Herausforderung für die Neuverfilmung nicht größer sein. Nun ist die Neuverfilmung am 28.10.2022 auf Netflix erschienen, war der Film einen Monat zuvor ausgewählten Kinos bereitgestellt worden.


    [SPOILER//////SPOILER//////SPOILER]

    Die Rezeption der ersten Kritiken zeigt einen häufig geäußerten Einwand. Im Gegensatz zu Roman und Erstverfilmung habe man die Verblendung der Jugend, durch die Eltern und Lehrer, nicht mit entsprechender Aufmerksamkeit behandelt. In der Originalverfilmung sieht man zusätzlich zur patriotischen Kriegsrede des Lehrers, die Eltern Pauls, eine besorgte Mutter und einen stolzen Vater, jedoch nur in einer sehr kurzen Sequenz, die weniger als 30 Sekunden dauert. Dass die Eltern an der patriotischen Verblendung Teil hatten ist zwar wichtig, aber die Auslassung ist kein Verlust, denn der Neuverfilmung gelingt hier etwas neues durchaus Pointierteres, nämlich eine bedrohliche und verstörende Atmosphäre, die sich wie einer roter Faden, schon bei der ersten Einstellung auf dem Schlachtfeld, durch die ganze Erzählung zieht.

    An diesem roten Faden angehängt ist auch die heroische Rede des Schulleiters, die zum einen die des Lehrers aus der Erstverfilmung adäquat ersetzt und die zum anderen als Antithese zu den parallel auf dem Schlachtfeld fallenden Soldaten wirkt, welche in Anbetracht der Tötungsmaschinerie aus Stahl, die ihnen entgegengestellt wurde, keine Chance auf ein Überleben hatten.

    Während die Rede bei den jungen Männern auf fruchtbaren Boden fällt, wird dem Zuschauer die Wahrheit vor Augen geführt. Kaum gefallen, werden die verstorbenen Soldaten, anhand ihrer Nummer registriert, entkleidet und ihre Uniform wiederaufbereitet, damit die nächsten damit ausgestattet werden können, wie etwa Paul Bäumer und seine Kameraden.

    So findet Paul das Namensschild seines Vorgängers im Kragen der Uniform und ist nichtsahnend, dass darin gefühlt bloß ein Tag zuvor ein Kamerad gestorben ist. So tief einschlagend, wie diese blutgetränkte Szene, ist jene von den Besitzern wechselnden Lederstiefeln in der Erstverfilmung nicht, auch wenn sie fast den gleichen Zweck erfüllte. Plötzlich überblickt der Zuschauer den ganzen gnadenlosen Kreislauf, einer erschütternden Maschinerie und ahnt, dass in dieser Uniform vielleicht nicht nur ein einziger Mensch gestorben ist, sondern noch viele andere und das Paul und seine Kameraden nicht die letzten sein könnten. Ein menschenfressendes System wird enthüllt und zu einer drastisch erfahrbaren Parabel der industriellen Auslöschung von Menschenleben im Krieg.

    Im direkten Vergleich mit dem Klassiker der Filmgeschichte von 1930 schafft es die Neuverfilmung die Erzählung sowohl passend um einige Handlungsstränge im Sinne Remarques, als auch im Verständnis der heutigen Geschichtsreflexion zu ergänzen. Dabei berücksichtigt die Neuinszenierung moderne Ansprüche, d. h. Vertonung, als auch Kameraarbeit, Kulissen und Schauspiel werden Teil einer Inszenierung, die eine herausragende realistische und bedrückende Atmosphäre erschaffen kann. „Im Westen nichts neues“ ist eine Tortur, für die man sich entscheiden kann sie durchzustehen, aus Respekt vor den gefallenen Soldaten, jungen Männern, die mit Eifer und Stolz eine Wahl getroffen haben, deren Konsequenzen ihnen die Kriegstreiber vorenthalten haben.

    Wenn es nur einen Grund gäbe diesen Gang durch die Hölle mitzuerleben, dann ist jener, dass weder Besuche auf Ehrfriedhöfen, noch das Studium von Geschichtsbüchern diese Erfahrung so immersiv transportieren können, wie dieses filmische Mahnmal für den unbekannten Gefallenen.

    In der näheren Betrachtung der Neuverfilmung ist den Drehbuchautoren mit der fortwährenden Antithetik und der dazugehörigen eindringlichen Inszenierung ein stilistischer Kunstgriff gelungen, denn die Erzählung beginnt mit dem Morden und Sterben auf dem Schlachtfeld und verfolgt diesen roten Faden bis zum Ende, wenn sich der Kreis schließt.
    Ein schwerer Verlust scheint hingegen die Auslassung der Figur des Postboten/Unteroffiziers Himmelstoß. Mit Unteroffizier Himmelstoß fehlt nicht nur die militärische Ausbildung der jungen Rekruten, sondern auch eine wichtige Figur, die sicherlich einer der moralisch wichtigsten Einsichten aus Remarques Werk transportiert. So ist die Figur Himmelstoß anfangs der von Paul und seinen Kameraden respektlos behandelte Postbote, welcher in der zivilen Gesellschaft ein eher unbeachtetes Dasein führt, so die Charakterisierung durch Remarque.

    Mit dem Beginn der Mobilmachung schwingt Himmelstoß große patriotische und heroische Reden und zeigt sich damit als kleiner Mann, der durch das Kollektiv der großen Nation über sich hinauswächst. Nicht ohne literarischen Kontext zu anderen Werken seiner Zeit, ist diese Figur von Remarque erschaffen worden, lässt sie deutlich einen Bezug zu Heinrich Manns „Der Untertan“ erkennen. Viel besser kann man Heinrich Manns Charakterisierung eines wilhelminischen Untertanen nicht auf eine Figur übertragen, denn als der Postbote Himmelstoß zum Unteroffizier aufsteigt, kann man beobachten, was passiert, wenn vorher abgehängte Menschen Macht über andere erlangen. So heißt es im Roman Remarques kommentierend „Seine Macht ist ihm zu Kopf gestiegen.“ Als stereotyper linientreuer Soldat zeigt Himmelstoß sich unterwürfig und gehorsam gegenüber den höheren Rängen und auf der anderen Seite tritt er als tyrannisch-sadistischer Schleifer auf, der Paul und seinen Kameraden das Leben zur Hölle macht. Damit ist auch der Untertan nach Heinrich Mann charakterisiert.

    „Nach oben buckeln, nach unten treten – das ist die Lebensdevise des Untertans“ – Heinrich Mann

    Mit seinem Roman „Der Untertan“ setzt Heinrich Mann einen Meilenstein der Literaturgeschichte. Vom Elternhaus über die Schule bis hin zum Militär stellt er das autoritäre Erziehungssystem im Kaiserreich bloß. Das ist insofern wichtig, weil die Charakterisierung der Figur des Himmelstoß‘ diese Idee fortführt und noch weitere Einsichten ermöglicht, denn gleichzeitig ist er auch ein Exemplar des sog. „autoritären Charakters“, dessen Konzept wesentlich auf den Psychoanalytiker Erich Fromm und den Sozialphilosophen Max Horkheimer zurückgeht. Das Thema des autoritären Charakters hat bis heute nicht an Aktualität verloren und wird innerhalb der Psychologie als autoritäre Persönlichkeit im Rahmen der Autoritarismusforschung untersucht. Die autoritäre Persönlichkeit, als Sammlung von Eigenschaften und Verhalten einer Person, spielt eine bedeutende Rolle für die Entstehung von rechtsextremistischen Strömungen. Die Ursachen für die Prägung eines Menschen zu einer autoritären Persönlichkeit sind in einer autoritären bzw. antiautoritären Erziehung zu finden, eine Erkenntnis, welche durch die Führungs- und Erziehungsstilforschung von Kurt Lewin möglich wurde. Zurück aber zur Figur des Unteroffizier Himmelstoß.

    Nach der Grundausbildung begegnen Paul und seine Kameraden – oder das was davon übrig ist – Unteroffizier Himmelstoß im Kampfeinsatz wieder, aber hier ist der einst stolze Unteroffizier Himmelstoß nur noch ein wimmerndes Häufchen Elend, das sich im Matsch des Schützengrabens verkrochen hat, wie die meisten anderen, was im Kontrast zu seinem seinen vorhergehenden heroischen Reden, aber auch seiner harten und tyrannischen Art als Ausbilder steht.

    Unteroffizier Himmelstoß, der stolze tyrannische Ausbilder, kauert am Boden. © Universal Pictures
    Wenn man ein wenig Literaturkritik am Original von Remarque üben darf, dann wäre es in dem folgenden Punkt, dass es im Roman ein wenig zu kurz kommt, mit welcher Respektlosigkeit Himmelstoß von Paul und seinen Kameraden in der Vergangenheit behandelt wurde. Das ist zwar keine Legitimation für seine Rache an ihnen, aber es zeigt welche Konsequenzen es hat, wenn schwache Menschen von der Gesellschaft an den Rand gedrängt werden. Global kann man heutzutage beobachten was abgehängte Menschen am Rande der Gesellschaft imstande sind zu tun. Wenn sie sich nicht extremistischen Strömungen anschließen, verüben sie terroristische Attentate oder begehen Amokläufe. Inwieweit diese Menschen selbst eine Verantwortung dafür tragen, wenn sie vom Rest der Gesellschaft abgehängt werden, darf nicht dazu führen, dass man sich selbst aus der Verantwortung entlässt, für deren Heilung und Teilhabe zu sorgen bzw. dass Menschen erst gar nicht abgehängt werden.

    Vielleicht ist die Auslassung der Figur des Unteroffiziers Himmelstoß in der Neuverfilmung sogar die einzige Möglichkeit gewesen dramaturgisch pointierter zu agieren, fällt sie ja nicht völlig weg. Offenbar leben Teile der Figur offenbar in der neuen Figur des General Friedrichs fort. Der General residiert in einem geheizten herrschaftlichen Anwesen wie ein Fürst, fernab der Front, genießt allerlei erlesene Speisen der französischen Küche und braucht um sein Leben nicht zu fürchten, eine weitere Antithetik zu den im Matsch und Blut verreckenden Frontsoldaten. Nun war Himmelstoß der Repräsentant des kleinen Mannes aus dem Volk, während Generäle in der Regel, in der historischen Tradition der Monarchie, aus höherstehenden adeligen Familien kamen. Friedrich trägt keinen adeligen Namen, weshalb man bei ihm von einem Emporkömmling aus der Bürgerschaft ausgehen kann. Damit erfüllt er wohl denselben Zweck des Aufsteigers, doch das ist eben nicht so deutlich sichtbar wie bei dem Postboten, der zum Unteroffizier wird. Bei General Friedrich gibt es also nur eine abgeleitete vermutete Biografie, aber als Ersatz hat er, neben einem ähnlichen wilhelminischen Aussehen, auch die gleiche Charakteristik wie Himmelstoß.

    Nicht nur die Synopse der beiden Konterfeis ist verblüffend. Friedrich ist ebenso randständig und einsam wie Himmelstoß, denn er hat keine Freude, Vertrauten oder keine Familie, er ist mit der Armee verheiratet. Zugleich ist er, der heroische Reden schwingende Patriot mit preußisch-wilhelminischer Tugend, durch und durch genauso ein Tyrann wie Himmelstoß, bereit andere in den Tod zu schicken, vom unbedingten Siegeswillen getrieben, aber mit großer eigener Distanz zur Schlacht. So entspricht die Figur des Generals, auch wenn sie weder Teil des literarischen Werkes, noch der ursprünglichen Verfilmung ist, doch dem Gedanken Remarques, dass diejenigen am meisten für den Krieg seien, die die größte Entfernung zu ihm haben würden.

    Doch General Friedrich leistet noch viel mehr als die Figur des Himmelstoß, steht er außerdem symbolisch für jene Teile der obersten Heeresleitung des Deutschen Kaiserreiches, die fern der Schlachtfelder agiert und nicht realisieren wollten, dass der Krieg nicht mehr gewonnen werden kann. Scheinbar nur durch das Machtwort Hindenburgs kam es zur Annahme der Bedingungen für einen Waffenstillstand, die einem Diktat glichen. Trotz Aushandlung des Waffenstillstands zum 11. November 1918 um 11 Uhr, belebt der fiktive General Friedrich die Kämpfe an der Westfront wieder, um noch einmal Territorium zu gewinnen. Das ist historisch nicht belegbar, lassen sich dafür keine unmittelbaren Beweise finden. Diese unhistorische Hinzufügung mag eventuell einzig dramaturgischen Zwecken gedient haben oder es war die Absicht der Drehbuchautoren diese Verdichtung der Geschehnisse herbeizuführen um einen Bezug zur „Dolchstoß-Legende“ herzustellen. Von Seiten der Obersten Heeresleitung wähnte man sich „als im Felde unbesiegt“. Infolgedessen lehnte man eine Kapitulation ab, die durch die Politik vermittelt worden war, insbesondere von den Sozialdemokraten. Man bezeichnete den Vorgang als Dolchstoß, welcher hinterrücks an den deutschen Soldaten verübt worden war, einen Verrat am deutschen Volk und an der Armee. Dies begründete die Entstehung der berühmten „Dolchstoß-Legende“.

    Im Gegensatz zum Roman und den beiden Vorgängerverfilmungen thematisiert die Neuverfilmung durch die Ergänzung dieser Figur des Generals also dankenswerter Weise auch die politischen Entscheidungen, mit dem Fokus auf die Haltung von Teilen der obersten Heeresleitung und fügt somit historische Einsichten mit ein, die Remarque damals noch nicht gehabt haben kann, weil die Konsequenzen des Versailler Vertrags erst nach dem Aufstieg Hitlers und des Dritten Reichs gesehen werden und einer historische Reflexion unterzogen werden können. Puristen beklagen, dass die politische Parallel-Erzählung, um die Verhandlungen des Waffenstillstands und die Dolchstoß-Legende, eine Beifügung darstellte, die in dem Roman nicht existiere. Man kann jedoch davon ausgehen, dass dies auch im Sinne Remarques ist, denn relativiert er Jahrzehnte später, nach dem Zweiten Weltkrieg, angesprochen auf das Fehlen des expliziten Pazifismus-Bekenntnis, seine früher Aussage, dass man doch annehmen müsse, dass jeder Mensch gegen den Krieg sei, folgendermaßen:

    „Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind, besonders die, die nicht hingehen müssen.“

    Der erste Teil der Aussage repräsentiert die jugendliche Naivität Remarques, denn es scheint für ihn klar, dass Krieg per se moralisch verwerflich ist und man Menschen darüber nicht aufklären müsse, aber der historische Revanchismus hat Deutschland bzw. Frankreich immer wieder Legitimationen geliefert. Aber immer war das Vom-Zaun-brechen der Kriege eine Entscheidung von Schreibtisch-Tätern, kühle Strategen am runden Tisch, angetrieben vom Ehrgeiz der Monarchen, welche um ihr Leben selten fürchten mussten. So ist der Erste Weltkrieg nicht etwa der erste Krieg in Europa mit bedauernswert vielen Todesopfern, sind durch den 30-jährigen Krieg, in der Relation zur Bevölkerungszahl, mehr Menschen gestorben, und der Erste Weltkrieg war auch nicht der letzte Krieg.

    Der Erste Weltkrieg hat aus der Sicht der Kontrahenten Deutschland und Frankreich eine tausendjährige Tradition schaut man sich nicht nur die Konflikte zwischen den beiden territorialen Nationalstaaten an. Der letzte Krieg vor dem Ersten Weltkrieg war der Deutsch-Französische Krieg, bei welchem Deutschland Frankreich gedemütigt hatte, indem es das Deutsche Reich ausgerechnet im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles ausrief. Das war die Revanche für die Niederlage Preußens gegen Napoleon, welcher große Teile des heutigen Westdeutschlands Jahre lang besetzt hielt, Kultur, Recht und Gesetz nachhaltig beeinflusste. Sicher könnte man noch weiter zurück gehen, aber die lange Geschichte führt sicher zurück bis in das Frühmittelalter und zu verfeindeten germanischen Stämmen. Der Erste Weltkrieg trägt also einen Namen, welcher erst einmal aus historischer Sicht einen namentlichen Mythos kreiert, doch ist dieser Krieg tatsächlich auch eine Zäsur mit der Vergangenheit, die das Antlitz des Krieges für immer veränderte. Der Erste Weltkrieg ist der Krieg, bei welchem der Mann-gegen-Mann-Ethos, also das Verständnis eines ehrenhaften, fairen und heldenhaften Kampfes zwischen zwei Menschen endgültig obsolet wird, denn von nun an ist es ein Kampf von Mensch gegen Maschine. Dazu gehörte das Maschinengewehr, das in einer Minute 500 Projektile abfeuerte und moderne Artillerie, die ihre pfeifenden Geschosse alle 10 Sekunden abfeuern konnte, genauso wie Panzer, die sich um Schützengräben nicht sonderlich kümmerten. Auch kamen zum ersten Mal Flammenwerfer, sowie chemische Waffen wie Gas zum Einsatz, deren Verwendung man 1925 in den Genfer Konventionen schließlich ächtete und verboten hat. Dieser erste moderne Krieg forderte 17 Millionen Todesopfer und konnte nur durch die Kapitulation Deutschlands und der Unterzeichnung des Knebel-Waffenstillstandsvertrags, in einem Bahnwaggon bei Compiègne, beendet werden.

    Der nach den Konditionen des Waffenstillstandes ausgehandelte Versailler Vertrag wurde von den meisten Deutschen als demütigendes Diktat empfunden, denn die Reparationen hätte man in 1000 Jahren nicht leisten können. Er wurde de facto mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Rückschau als Fehler angesehen, führte er zu einem Ungleichgewicht der Hegemonial-Mächte in Europa und fütterte den historisch gewachsenen Revanchismus, statt eine Balance zwischen den Mächten herzustellen. Die Nazis, in ihrem Rachegedanken und dem Willen zur Weltherrschaft, bedienten sich an der Dolchstoß-Legende, wie auch den unrühmlichen Versailler Vertrag, um das Deutsche Volk erneut aufzuhetzen. Die Nazis gelangten eben nicht durch die Dokumentation des sinnlosen Grauens zu dieser pazifistischen Erkenntnis, weshalb Friedrich Schillers Einsicht

    „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ - Friedrich Schiller, Wilhelm Tell

    zur bitteren Gewissheit wird, denn macht sich die ganze Welt auf in den Krieg, um das Dritte Reich zu stoppen. Der Pazifismus weicht der Realität, weil ohne Widerstand Freiheit und Leben bedroht sind.

    Die Zeitlosigkeit des Werkes spiegelt sich in seiner pazifistischen Hypothese auch wieder im aktuellen Zeitgeschehen, wobei man an der Schwelle zu einem Dritten Weltkrieg steht. Dieses Mal sind die Deutschen nicht die Aggressoren und stehen zusammen mit der Weltgemeinschaft vor der Entscheidung, vor welcher die Alliierten im Zweiten Weltkrieg standen, nämlich ob man dabei zusieht wie ein Land mitten in Europa ein anderes Land mit Panzer-, Artillerie- und Bombenterror überfällt und dabei zivile Opfer ins Visier nimmt. Im Gegensatz zu vielen Scharmützeln, Kriegen- und Stellvertreterkriegen nach dem Zweiten Weltkrieg ist heute wieder eindeutig wer der Aggressor ist.

    Da stellt sich automatisch die Frage, ob ein Verteidigungskrieg ein gerechter Krieg ist oder Pazifismus generell bis zur Selbstaufgabe gehen muss?

    Erich Maria Remarque hat diese Frage nie gestellt, denn in seinem Werk geht es um einen Krieg, bei welchem nicht klar ist, wer das moralische Recht auf seiner Seite hat bzw. wer der Aggressor ist. Alle an diesem Krieg beteiligten Nationen wollten diesen Krieg, so dass es wohl einen Initiator geben mag, er aber nur auch ein Glied in der multikausalen Verkettung von Umständen darstellt. So zielt die Einsicht eines Teilnehmers des Krieges, in vorderster Linie, wie die Perspektive von Erich Maria Remarque, darauf ab, die Traumata des Krieges und seine Folgen für die direkten Beteiligten offenzulegen, was gleich schon im Einband des Buches zu lesen ist:

    „Dieses Buch soll weder eine Anklage noch ein Bekenntnis sein. Es soll nur den Versuch machen, über eine Generation zu berichten, die vom Kriege zerstört wurde – auch wenn sie seinen Granaten entkam.“ – Erich Maria Remarque

    Zur „verlorenen Generation“, also den wenigen Überlebenden und Traumatisierten des Ersten Weltkriegs, zählt auch der Sohn des Osnabrücker Buchbinders Peter Franz Remarque, mit deutsch-französischen Eltern (Remarque/Bäumer), welcher mit Notabitur 1917 als Soldat an die Westfront eingezogen wurde: Erich Maria Remarque. Kaum ein paar Wochen an der Front, wurde er mit Granatsplitter in Beinen und Armen, sowie einem Halsschuss verwundet. Nach über einem Jahr Aufenthalt in Armee-Hospital in Duisburg wurde er, als wären die ersten Verwundungen nicht genug der Strapazen gewesen, im Oktober 1918 wieder an die Front geschickt, also einen Monat vor Kriegsende. Nicht nur diese verstörenden Ereignisse und Erlebnisse sind Teil seines semibiografischen Anti-Kriegsromans „Im Westen nichts neues“ geworden. In der Ich-Form erzählt, aber mit Kommentaren eines auktorialen Erzählers, tritt der fiktive Protagonist Paul Bäumer, aufgeputscht durch Lehrer, Eltern und die Massen freiwillig (im Gegensatz zu Remarque selbst) in den Kriegsdienst ein und erlebt die Hölle auf Erden. Die Schilderungen der Erlebnisse sind nicht nur grausam authentisch, sondern sie sind realistisch. Es ist zu vermuten, dass Remarque nicht der Literaturepoche der „Neuen Sachlichkeit“ und des wiederkehrenden „Realismus“ entsprechen wollte, sondern war er Kind seiner Zeit, die allgemein vom Trauma des Ersten Weltkriegs geprägt war. Er schrieb eher frei, unverhüllt und unverklärt einen Bericht des Grauens in Romanform, welcher gedruckt 1929 erschien und 1930 verfilmt wurde. Es mutet sonderbar an, wenn am Vorabend des Zweiten Weltkrieges sowohl ein Anti-Kriegsroman als auch ein Anti-Kriegsfilm erscheinen, welche in erschütternder Weise die Hölle auf Erde schildern. Müsste man doch nach Ansicht eine Anti-Kriegswerkes bzw. müsste ein Werk der Weltliteratur, das Millionen Menschen auf der ganzen Welt zugänglich geworden ist und welches den Krieg allgemein reflektiert, nicht bewirken, dass viele Menschen zu einer pazifistischen Erkenntnis gelangen. Nur 20 Jahre später, also etwa eine Generation nach der „verlorenen Generation“, war der sinnlose Tod der Soldaten des Ersten Weltkriegs bereits verdrängt worden und es kam erneut zum Schlachten.

    Wie gerne hätte ich meinen 2006 verstorbenen Großvater heute gefragt, wie er den Ersten Weltkrieg als Jugendlicher im Dritten Reich betrachtet hat und ob er von „Im Westen nichts neues“ wusste und wie er dazu steht. Er hat mir viele Kriegsgeschichten erzählt, auch dass er darunter litt, dass er im Dritten Reich als Jugendlicher verblendet wurde und Kriegsheld werden wollte. Die Kameradschaft in Hitlerjugend und Armee hat ihm gefallen, diese hat er auch beibehalten als Werl, als er mit anderen zusammen einen Landesverband für katholische Pfadfinder gründete. Er wollte, dass die Pfadfinder im Gegensatz zu seiner Verblendung, weltoffen gebildet werden und Versöhnung und Toleranz lernen, damit sie sich nicht für einen Krieg gewinnen lassen.

    Die historische Erkenntnis vom Revanchismus zwischen Deutschland und Frankreich, der zu so vielen Kriegen geführt hat, muss heute und für die Zukunft fortwährend alle Verantwortungsträger lehren, dass man Konflikte nicht mehr so befriedet, dass der Verlierer gedemütigt wird. So ist vorhersehbar, dass wenn es einmal zu einem Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine kommt, keine der beiden Seiten über das Maß hinaus zurechtgestutzt werden darf, denn es würde den wahren Konflikt nur einfrieren und nach einiger Zeit steht der Geschlagene wieder auf und es kommt erneut zum Schlachten. Die Lösung für den ehernen Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich war die schmerzvolle Teilung für alle und die Einsicht, dass es keine wirklichen Gewinner gibt, wenn man nicht gemeinsam auf Versöhnung und Kooperation setzt.
    Ioannis Polihroniadis
    Ioannis Polihroniadis

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    2,0
    Veröffentlicht am 8. November 2022
    Die Unsetzung ist ganz gut, die Emotionen und die erdrückende Stimmung reißen einen schon mit.
    Aber ich mag es nicht wenn die Filme nicht akkurat gestaltet sind.

    Es spielt im ersten Weltkrieg und es wurde ein Wehrmachtsverschnitt drausgezaubert.

    Ich finde hier hätte der Regisseur mehr darauf achten können.

    Die Rede ist von Preußen und es heißt nur Deutschland.
    Auch die Uniformen sind eher am 2ten als an dem 1st. Weltkrieg angelehnt.

    Das finde ich sehr schade, da es abgesehen von den Kritikpunkten ein toller Film ist.
    Daniel12343
    Daniel12343

    1 Kritiken User folgen

    1,5
    Veröffentlicht am 7. November 2022
    Dieser Film hat mich sehr geärgert. Nicht so sehr weil er bis auf den Titel und Namen der Charaktere nichts mit der Buchverlage gemein hat, sondern vielmehr weil er außer gut gemachten Special Effects nichts zu bieten hat. Das wird einerseits dem Hype um den Film nicht gerecht und kostet mich andererseits als Zuschauer am Ende über 2 Stunden Zeit.

    Auf mich wirkte der Film wie eine Mischung aus Kriegsfilm-Survival-Action ala 1917 oder Dunkirk und einer etwas besseren Phoenix Doku über WW1.
    War man in den beiden genannten Filmen nah am Hauptprotagonisten und konnte bis zum Ende ihrer Tour de force durch die Kriegswirren mit ihnen mitfiebern, so geht IWnN hier einen anderen Weg und versucht über eine Nebenhandlung zu den Waffenstillstandsverhandlungen in Compiègne einen Spannungsbogen zu etablieren um eine drohende Gefahr über den Hauptprotagonisten Paul heraufziehen zu lassen. Können sich die Parteien noch rechtzeitig einigen oder stirbt Paul schon davor? Gut gedacht, schlecht gemacht. Das Problem an der Idee ist der viel zu große Kontrast zwischen dem einen und dem anderen Handlungsstrang. Man wird immer wieder herausgerissen, kann keine richtige Empathie zu den Protagonisten aufbauen. Für eine feine Charakterzeichnung nimmt sich der Film dann auch keine Zeit. Am Anfang durchläuft Paul den Prozess vom eben noch kriegsbegeisterten Abiturienten hin zum desillusionierten Frontsoldaten innerhalb weniger Minuten. Fortan begleitet man ihn überwiegend im aufwändig inszenierten Schlachtengetümmel an der immergleichen Frontlinie, sieht ihm zu wie er mal hier im Matsch liegt, mal dort eine Handgranate in Richtung Feind wirft. Und da das Ganze physisch wie psychisch anstrengend ist darf auch mal schwer geatmet und geweint werden. Dann cut und Szenenwechsel in den Zugwagon und wieder zurück. Das wird dann halt schnell langweilig weil sich Szenen wiederholen. Einen Zugang zu Paul oder seinen Kameraden/Freunden verschafft mir das nur leider nicht. Keine Ahnung wer da wann gestorben ist und in welcher Beziehung er zu Paul stand. Die Figuren waren mir wegen ihrer eindimensionalen Darstellung schlicht egal und austauschbar.
    Selbst der Tod Pauls hat mich am Ende kalt gelassen. Zudem war mir das Ende auch viel zu pathetisch als Heldengeschichte inszeniert. Ich dachte in einem Antikriegsfilm ginge es darum die Sinnlosigkeit des Krieges darzustellen. spoiler: Stattdessen stiftet Pauls heldenhafter Tod sogar eine Sinnhaftigkeit da er einem anderen deutschen Kindersoldaten durch seinen heroischen Einsatz das Leben rettet kurz bevor der Waffenstillstand die Kampfhandlungen zum Erliegen bringt. Puh, dann ist ja noch mal alles gut gegangen.


    Ein weiterer Punkt der mir unangenehm aufgestoßen ist - und vielleicht habe ich das ja auch nur einfach falsch verstanden - ist das Hervorheben, dass es nun endlich eine deutsche Verfilmung des Romans gebe. Nur, was heißt das? Ergibt sich daraus ein Mehrwert? Wird damit irgendetwas korrigiert was zuvor falsch dargestellt wurde? In vielen Hollywood-Streifen ist man es ja gewohnt die Germans als tumbe Nazis zu sehen. Aber gilt das auch für den Roman IWnN oder den älteren Verfilmungen? Nicht wirklich.
    Hier findet m.E. vielmehr eine Umkehrung bekannter Klischees statt. Nun sind es die deutschen Frontsoldaten die heroisch kämpfen und fallen, widerwillig den Feind umbringen und vom vielen Kämpfen erschöpft sind. Dagegen sind die Franzosen erbarmungslos, verstecken sich in gemeinen Panzern aus denen sie anonym die deutschen abknallen und sorgen mit Flammenwerfer für menschenverachtende (und nebenbei eher schlecht animierte) Todesszenen.
    Im Zugwaggon in Compiègne menschelt der deutsche Verhandlungsführer und sorgt sich um das Leben aller Soldaten während die Franzosen unnachgiebig dem absehbaren Verlierer ihren Willen aufzwingen wollen, koste es was es wolle. Die Karikatur des deutschen Generals der zu einen letzten sinnlosen Angriff bläst hilft nur bedingt diesen Eindruck abzumildern.
    spoiler: Und was sollte die Szene bei der Kat von dem aus dem Nichts aufgetauchten Bauernsohn kaltblütig erschossen wird?

    Vielleicht irre ich mich, aber gefühlt war das alles schon hart am Rand der Propaganda.

    Weitere Punkte bei denen ich so meine Probleme hatte:

    * die Heavy Metal Einlagen im Score fand ich befremdlich, kann aber auch mit meinen altmodischen Hör- und Sehgewohnheiten zusammenhängen
    * aufgrund der Vertonung, des Dialekts und der etwas nuscheligen Aussprache hatte ich insbesondere bei Albrecht Schuch Probleme das Gesagte akustisch zu verstehen
    * monieren könnte man auch historische Ungenauigkeiten. So kurz vor der Unterzeichnung des Waffenstillstands gab es m.W. keine Verzweiflungsangriffe mehr. Schließlich war es sogar die oberste Heeresführung die aufgrund der aussichtslosen militärischen Lage die Beendigung der Kämpfe beim Kaiser einforderte. Der Wunsch der Admiralität mit einem letzten Auslaufen der Flotte eine Entscheidungsschlacht herbeizuführen mündete sogar in den Matrosenaufstand und der Novemberrevolution. Im Film wird es dagegen so dargestellt als ob die Soldaten auch am Ende noch bedingungslos ihrer Führung gehorchten. Etwas strange wirkte auch die Szenerie kurz nach Verkündung des Waffenstillstands. Eben noch hat man sich bis aufs Blut bekämpft und im nächsten Moment spaziert man einander vorbei als ob nichts gewesen wäre.

    Einen Oscar wird es für so wenig Film wohl kaum geben.
    FILMGENUSS
    FILMGENUSS

    783 Follower 942 Kritiken User folgen

    3,5
    Veröffentlicht am 6. November 2022
    UM ELF UHR IST DER KRIEG VORBEI
    von Michael Grünwald / filmgenuss.com

    Sie sitzen sich gegenüber: Der Sozialdemokrat Matthias Erzberger (Daniel Brühl) von den Rechten als Novemberverräter später ermordet, und die französische Delegation, in einem Zug nahe Compiègne. Deutschland akzeptiert seine Niederlage und unterzeichnet den Waffenstillstand für den elften November um elf Uhr vormittags. So leicht geht das. Einfach die Unterschrift auf ein Blatt Papier setzen, und die wenigen Soldaten, die das Schlachten im zermürbenden Stellungskrieg in Nordfrankreich jahrelang geführt hatten, dürfen endlich heimkehren – sofern manch rechtsgesinnter General nicht auf die Idee kommt, diesen weitreichenden Entschluss zu ignorieren. Auf der einen Seite: das gesittete Schachern um Menschenleben, auf der anderen Seite das entmenschlichte Grauen. Mit dieser erschreckenden Diskrepanz weiß Regisseur Edward Berger geschickt zu arbeiten, und gerade in diesen Szenen, wenn der sattgefressene Oberbefehlshaber Friedrich (Devid Striesow) sein mehrgängiges Dinner verzehrt, während auf der anderen Seite Soldaten ihren Durst mit verdrecktem Regenwasser stillen, erinnert so manches an die grotesken Episoden aus Karl Kraus Den letzten Tagen der Menschheit, und wäre es nicht ein so erschütternder Teil der europäischen Geschichte, ließe sich fast eine Satire draus machen, wie Starship Troopers von Paul Verhoeven, der seine in Propagandawerbespots eingebetteten Rekruten für aussichtslose Kämpfe gegen Superinsekten verheizt. Doch das hier, Im Westen nichts Neues, ist realer Stoff, während das andere nur Mittel zum Zweck erscheint, die naive Euphorie einer Hurra-Kriegsführung den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen. Berger lässt es bleiben, seine Schlachtplatte als künstlerisch motivierte Ansage gegen die Verrohung des Menschen zu inszenieren, wie es Francis Ford Coppola in Apocalypse Now getan und damit eine humanphilosophische Metaebene geschaffen hat. Im Westen nichts Neues ist, was es ist, bis auf seine letzten Szenen vielleicht, denn da erlaubt sich Berger eine frappante Änderung gegenüber der Vorlage. Der sinnlose Tod des Paul Bäumer wird dadurch noch sinnloser, falls das überhaupt möglich ist. Der Wille der Mächtigen zum Krieg noch bizarrer, falls man auch hier noch steigern kann. Bis dahin aber liefert ein opulent ausgestatteter, fast schon konventioneller Eventfilm Bilder von selten gesehener Detailperfektion, die an Sam Mendes‘ Schlachtenszenen in 1917 erinnern. Mendes aber setzt den Fokus sofort auf seine beiden Hauptdarsteller George McKay und Dean Charles Chapman und findet mit diesen Identifikationsfiguren sofort den richtigen Zugang zum Publikum. Die großen Schlachtfelder bleiben dort meistens irgendwo im Peripheren, die Odyssee der beiden durch eine unwirklich scheinende Apokalypse besitzt die nötige Subjektivität, um näher an die Protagonisten heranzukommen.

    In der Verfilmung von Erich Maria Remarques Roman ist zwar auch Paul Bäumer die zentrale autobiographische Figur des Geschehens, doch Berger lässt gleich mehrere Rollen gleich wichtig erscheinen, wird flächendeckender und zieht seinen Radius viel weiter. In dieser Verfilmung wird, so unpassend es auch klingen mag, ein groß angelegtes Gemetzel zu großem Kino. Die Kamera blickt wie auf ein akribisch gesetztes Diorama, von links rücken die Tanks über das endzeitliche Schlachtfeld, rechts stürmen Miniaturen von Soldaten die mit allerlei Leichen und ausgebrannten Trümmern übersäte Landschaft. Und dann im Detail, wie bei Sam Mendes: Die Entbehrungen im Schützengraben. Verstümmelte Opfer, Blut, Mord, Totschlag. Wer sowas aushält, bekommt einiges serviert. So hat der erste Weltkrieg auszusehen, und mit Sicherheit hat sich das Team um Berger allerhand Experten zurate gezogen, um jeder Authentizitätsprüfung standhalten zu können. Der Einklang mit den tatsächlichen Ereignissen wird hingegen soweit gebogen, dass er gerade mal nicht bricht. Und dennoch: Ungefähr so muss es gewesen sein, und wenn all den Frischlingen beim ersten Granatenhagel das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben steht, wird einem selbst etwas mulmig.

    Den Kreislauf des Tötens und Getötet-Werdens unterstreicht Im Westen nichts Neues bereits eingangs mit ernüchternder Erkenntnis, um sich am Ende zu beklemmendem Irrsinn hinreißen zu lassen, der nicht im Buche steht. Dazwischen: Krieg von seiner malerischsten Seite, in atemberaubenden Aufnahmen zwischen Giftgas und schlammverkrusteten Gesichtern. Manche Szenen sind meisterlich in ihrer Intensität, vor allem jene, die Paul Bäumer das ganze Unrecht begreifen lassen.

    Im Ganzen aber muss Berger mit Remarques Vorlage arbeiten, und kann diese nicht komplett anders gestalten, denn dann wäre es nicht mehr Im Westen nichts Neues. Was daraus geworden ist, sind mitunter zeitgemäße Betrachtungen zum Wesen der modernen Kriegsführung und des Krieges an sich, bleibt aber sonst traditionelles, fürchterliches Schlachtenkino für die große Leinwand. Beeindruckend, bis in die Nebenrollen erstklassig besetzt, aber distanziert wie der Blick auf eine monumentale Miniatur in einem Glaskasten irgendwo in einem Museum für Heeresgeschichte.
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    SMTX 79
    SMTX 79

    2 Kritiken User folgen

    4,5
    Veröffentlicht am 5. November 2022
    Ein hervorragender und intensiver ANTI-Kriegsfilm!

    Die Buchvorlage dient im Wesentlichen als Titelgeber und Vorlage für einige der handelnden Personen.
    Oliver Jaeckel
    Oliver Jaeckel

    1 Kritiken User folgen

    1,5
    Veröffentlicht am 5. November 2022
    Ich habe das Buch gelesen und den alten Film gesehen. Sicher. Manches verdient zu Recht eine Neuauflage, um auch bei den jungen Zuschauern Aufmerksamkeit zu erregen.

    Ich hatte mich ob des Themas sehr für den Film interessiert und war gespannt, wie die neue Umsetzung ist.
    Ich hoffte das Beste und wurde enttäuscht. Dieser Film gibt nur noch in Bruchstücken das Buch wieder und entfernt sich somit klar von der eigentlichen Intention des Werkes.
    Schade, dass wichtige Szenen wie z.B. die Ausbildungszeit sowie deren Sinnlosigkeit auf dem Schlachtfeld, sowie der Grund, warum der Film "im Westen nichts Neues" heißt...dahinter steckt nämlich sehr viel Zynismus und Menschenverachtung.

    Diesem wird der neue Film leider nicht gerecht und versucht in Hollywood-Manier das Thema zu greifen und schafft es doch nicht. Mein Lehrer hätte mir mit dieser Zusammenfassung den Aufsatz mit "Thema verfehlt" zurück gegeben.

    Ich finde es gut, dass gerade in der momentanen Situation so ein Film gebracht wird. Keine Frage. Vor allem, damit der Inhalt in der jungen Generation nicht vergessen wird und wieder darüber gesprochen wird.
    Leider wissen von diesen jungen Menschen die wenigsten, dass es das Buch gibt. Geschweige denn, dass sie es lesen. Und somit vertrauen sie auf diese zerstückelte und somit auch bruchstückhafte Darstellung eines wirklich meisterlichen Buches.

    Großes Kino sieht in meinen Augen anders aus.
    Aber leider geht es ja oft nur darum, wie viele Menschen den Film sehen. Leider leidet darunter manchmal die Qualität.
    Ich würde mir wünschen, dass Netflix auch den alten Film parallel dazu aufgenommen hätte...dann wären die Unterschiede deutlicher.
    Oder noch besser den Hinweis mitliefern "Lest das Buch
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