Die Amerikanisierung von Filmstoffen aus aller Welt hat in Hollywood mittlerweile beängstigende Ausmaße angenommen, das Geschäftsmodell lautet schlicht: Möglichst viel Profit durch die Minimierung künstlerischen Risikos. Dem umgarnten US-Publikum wird dabei nicht ganz ohne Grund fehlendes Interesse am Ungewohnten und Unbekannten unterstellt. Und so wird etwa der erste Teil der fabelhaften „Millennium"-Trilogie („Verblendung", „Verdammnis", „Vergebung") aus Schweden gerade zwei Jahre nach der Premiere als amerikanisches Remake unter der Regie von David Fincher in die Kinos kommen, weil es in den USA unpopulär ist, sich Filme mit Untertiteln anzusehen und eine Synchronindustrie wie in Deutschland sowieso gar nicht existiert. Lone Scherfig setzt mit ihrem Liebesdrama „Zwei an einem Tag" nun ein klares Zeichen gegen diesen Trend. Die dänische Regisseurin widerstand der Versuchung, bei der Verfilmung von David Nicholls‘ Bestseller die Schauplätze von Edinburgh und London in die USA zu verlegen. Diese Entscheidung beschert dem romantischen Reigen viel Lokalkolorit und authentischen Charme. Dagegen krankt „Zwei an einem Tag" an einem allzu starren Erzählkonzept und leider ist auch die Chemie zwischen den für sich genommen durchaus überzeugenden Hauptdarstellern Jim Sturgess und Anne Hathaway nicht immer stimmig.
Edinburgh, der 15. Juli 1988: Während ihres Studiums schenkten sich die aus der Mittelschicht stammende Emma Morley (Anne Hathaway) und der Upper-Class-Dandy Dexter Mayhew (Jim Sturgess) kaum Aufmerksamkeit. Aber am Tag ihrer Examensfeier kommen sich die beiden nach einer durchzechten Nacht sehr nah und wollen zusammen ins Bett steigen, ein Vorhaben, das an Dexters alkoholbedingter Müdigkeit scheitert. Das ungleiche Duo geht fortan getrennte Wege, verliert sich jedoch nie aus den Augen und vereinbart, sich fortan immer am 15. Juli eines Jahres zu treffen. Emma will unterdessen Kinderbücher schreiben und ganz allgemein die Welt verbessern. Sie zieht nach London, strandet dort aber als Kellnerin in einem mexikanischen Restaurant und bandelt mit dem untalentierten Stand-Up-Komiker und Arbeitskollegen Ian (Rafe Spall) an. Dexter macht Karriere beim Fernsehen als hochgejubelter Moderator einer sinnbefreiten Talkshow. Er wird zum Star, die Frauen liegen ihm zu Füßen und Dexter genießt das oberflächliche Leben in den Neunzigern mit Koks und Alkohol bis zum Exzess. Als seine Mutter Alison (Patricia Clarkson) an Krebs erkrankt, ist der Partyhengst mit der Situation vollkommen überfordert, was ihn von seinem Vater Steven (Ken Stott) entfremdet. Dexter sucht Trost bei Emma...
In „Zwei an einem Tag" kommt ein nicht erst seit „Harry und Sally" dutzendfach bewährtes Erzählprinzip der Filmromanze zur Anwendung: Zwei Freunde gelangen erst nach gehörigen Umwegen und Komplikationen zu der Erkenntnis, dass die ganz große Liebe direkt vor der eigenen Nase zu finden ist. Hier müssen die Protagonisten nun einen besonders langen und steinigen Weg zurücklegen – dabei verläuft die Entwicklung der Figuren einander genau entgegengesetzt: Überflieger Dexter startet ganz oben, setzt dann zu einem jahrelangen Sinkflug an und muss nach seinem Absturz vom Star zum Niemand erst noch die harten Lektionen des Lebens lernen, während die gute Seele Emma sich mit Bescheidenheit und Beharrlichkeit ganz langsam nach oben arbeitet. Auf durchaus reizvolle Weise werden persönliche Entwicklung und romantische Annäherung miteinander verknüpft, wobei die doch eher grobe Figurenzeichnung nicht frei von Klischees ist - was Regisseurin Lone Scherfig („An Education", „Italienisch für Anfänger") wiederum mit ihrer atmosphärisch großartigen Inszenierung ausgleicht.
Trotz hübscher Ideen ist der Handlungsaufbau und mit ihm die Entwicklung der Figuren insgesamt etwas schematisch geraten. Das ist in erster Linie auf die vom Roman vorgegebene Struktur der jährlichen Treffen jeweils am 15. Juli zurückzuführen, ein dramaturgischer Kunstgriff, der den Ideenreichtum der Filmemacher herausfordert. Es gelingt Scherfig zwar, die Begegnungen durchaus abwechslungsreich zu gestalten - vor allem fängt sie das jeweilige typische Zeitkolorit der verschiedenen Jahre geradezu genial ein -, letztlich sind aber die vor Dialogwitz sprühenden Einzelszenen klar besser als der Film als Ganzes. Das Bemühen darum, immer wieder etwas Besonderes passieren zu lassen, unterstreicht die Künstlichkeit des Konzepts noch und so kommt die Handlung nie in einen organisch wirkenden Fluss. „Zwei an einem Tag" bleibt stets eine bloße Aneinanderreihung von kaum verbundenen Momenten und Szenen, die auch durch die Regie höchstens notdürftig zusammengehalten werden.
Eine ähnliche Feststellung wie für den Handlungsverlauf trifft auch für die Schauspieler zu: Jeder Darsteller setzt gelungene Akzente, aber im Zusammenspiel erzielen sie trotzdem nicht immer die gewünschte Wirkung. Für sich genommen liefert vor allem Anne Hathaway („The Dark Knight Rises", „Rachels Hochzeit") eine großartige Leistung ab. Die Amerikanerin wirkt auch als Britin in jeder Situation authentisch und souverän, selbst wenn sie zu Beginn etwas plump mit einer klobigen Brille und schlampigem Outfit vom Schwan zum wenig hübschen Entlein degradiert wird. Bei Hathaway fallen Leinwandausstrahlung und Charakterzeichnung im gesamten Film glücklich zusammen. während Jim Sturgess („The Way Back", „Across the Universe") in erster Linie als machohafter, koksender Dandy brilliert. In einem entscheidenden Punkt hapert es aber: Dass sich dieser von Frauen umschwärmte Dexter so unsterblich in die graue Maus Emma verliebt hat, kann Sturgess nicht glaubhaft rüberbringen – das bleibt pure Behauptung. Und so etwas hat natürlich Auswirkungen auf die gemeinsamen Szenen von Dexter und Emma, denen damit auch ein wenig die Emotionen fehlen.
„Zwei an einem Tag" ist insgesamt also weniger als die Summe seiner Einzelteile, aber die sind dagegen oft exquisit. Das gilt auch für einige Schauspieler in den Nebenrollen. So glänzen Charakterdarstellerin Patricia Clarkson („The Station Agent", „Shutter Island") und Ken Stott („Toast", „Der Krieg des Charlie Wilson") als Dexters Eltern. Vor allem Stott verleiht seiner Figur eine bis ins Mark gehende Traurigkeit, die weit mehr berührt als Sturgess‘ Versuche, sich aus dem Dilemma von Dexters Leben zu befreien.
Fazit: „Zwei an einem Tag" ist eine vorzüglich ausgestattete Romanze voller erfrischendem Witz, der aber der letzte Pfiff fehlt. Vor allem das dramatische Potential wird nicht ausgeschöpft, weil der Funke zwischen Jim Sturgess und Anne Hathaway nicht so recht überspringt.