Wenn von großen Horror-Legenden gesprochen wird, fallen meist Namen wie Romero, Craven, Argento, Carpenter oder Cronenberg. Doch es gibt noch deutlich mehr Autorenfilmer des Schreckens zu entdecken, die zwar nie den Ritterschlag des Feuilletons erhalten haben, jedoch so manchen Kulthit fabrizierten. Einer dieser beherzten Handwerker ist Don Coscarelli. Mit kleinen, manchmal feinen, manchmal fiesen Streifen wie seiner „Das Böse"-Reihe oder „Beastmaster" hat er sich in die Herzen der Fans gesplattert und 2002 mit „Bubba Ho-Tep" ein verschrobenes Alterswerk abgeliefert. Sein hemdsärmliger Regiestil wirkte schon damals etwas antiquiert, was er jedoch mit Herzblut und schrägen Ideen wettmachen konnte. Ähnliches lässt sich auch über seine elfte Regiearbeit „John Dies at the End" sagen, die zwar an erzählerischer Kopflosigkeit und einer gewissen Atemlosigkeit krankt, für hundert Minuten aber wilde Unterhaltung bietet.
Vergesst Crystal Meth, Krokodil und all die Designer- oder Straßendrogen, vor denen gewarnt wird: „SoySauce" lässt alle bisher bekannten Substanzen wie „Kaba Fit" wirken. Der „Genuss" schickt den Konsumenten auf einen Horrortrip sondergleichen. Wer „SoySauce" nimmt, sieht sich bald grausigen und übernatürlichen Verschwörungen ausgesetzt und kann durch Dimensionen, Zeitzonen und sogar in den Geist seiner Mitmenschen blicken, was bald schon die Polizei, untote Gesellen und okkulte Mächte anzieht. Schon Normalos würde die Horrordroge aus den Socken hauen, doch für die beiden antriebslosen und mit dem Leben ohnehin überforderten Slacker David (Chase Williamson) und John (Rob Mayes) wird es besonders schwer, nicht den Verstand zu verlieren. Da John sich in mehrere Identitäten aufsplittet, sein Körper verschwindet und er Kumpel David bald nur noch als Stimme im Kopf begleitet, liegt es an David, nicht nur seinen Verstand zu bewahren, sondern auch sein Leben. Als er seine Geschichte dem Reporter Blondestone (Paul Giamatti) erzählt, glaubt der ihm zuerst nicht. Doch die Kette an Absonderlichkeiten reißt nicht ab...
Schon der originelle Prolog von „John Dies at the End" über die Probleme beim Zerstückeln rechtsradikaler Bullys macht Laune und gibt den Ton des folgenden Trips durch diverse Horror-Szenarien vor. Lässig begleitet ein abgeklärter Off-Kommentar die Handlung, wobei dem Zuschauer gleich klar gemacht wird, dass er das Geschehen nicht allzu ernst nehmen soll: „John Dies at the End" ist ein wilder Ritt durch Horrorklischees und grausige Slapstick-Paraden. Das Problem ist nur, dass Coscarelli zwar gut darin ist, schräge Situationen auf originelle Art aus dem Ruder laufen zu lassen, als Erzähler aber nicht über das Gespür verfügt, die Kabinettstücke mit so etwas wie Handlung zu verbinden. Zwischen all den absurden Highlights gibt es schlicht keinen Normalzustand. Und wo das Skurrile alltäglich ist, kann keine Fallhöhe und somit auch keine Spannung entstehen.
In „John Dies at the End" gibt es einfach viel zu viel von dem, was den meisten Genre-Produktionen heute abgeht: lustvolle Verspieltheit. Ohne Bodenhaftung wird diese nicht zu verachtende Qualität schnell zur Last. Wenn David hier in dichter Folge von einem aus Fleisch (!) bestehenden Monster attackiert wird, Kakerlaken auskotzt (!!), von einem zur Horror-Fledermaus mutierten Schnurrbart (!!!) attackiert wird und wenig später mit einer Bratwurst (!!!!) telefoniert, mag das alles für sich schräg und unterhaltsam sein. Da Coscarelli diesen Wahnsinn dem Zuschauer aber ohne Unterlass ins Gesicht schleudert, fühlt man sich irgendwann eher überfahren und überfordert als unterhalten. Und zu diesem Zeitpunkt ist erst die Halbzeit erreicht.
Es scheint als hätte der auch für die Adaption verantwortliche Autor Coscarelli möglichst viele irre Szenen aus David Wongs gleichnamiger Buchvorlage in die Verfilmung übernehmen wollen, ohne Rücksicht auf Aufnahmefähigkeit der Zuschauer oder eine filmische Logik. Doch was als Buch funktioniert, funktioniert nicht automatisch im Kino. Da nutzt es auch wenig, dass es Regisseur Coscarelli mit seiner Routine vermag, das überschaubare Budget so gut es geht zu kaschieren und sogar zum eigenen Vorteil umzumünzen. So verzichtet er nicht nur weitestgehend auf CGI-Spielereien, sondern bedient sich oft angenehm altmodischer Effekte. Die sehen zwar bisweilen etwas albern aus, erinnern jedoch auch an das besondere Feeling einer 80er-Jahre-Horror-Farce wie „Basket Case - Der unheimliche Zwilling" oder „Katzenauge".
Die jungen Hauptdarsteller Chase Williamson („Sparks") und Rob Mayes („90210"), die im Gegensatz zu Co-Stars wie Clancy Brown („Die Verurteilten") als zwielichtigem TV-Magier oder Paul Giamatti („Sideways") als ungläubig lauschendem Reporter nicht zur ersten Garde ihrer Zunft zählen, verfügen über genügend Timing und Charisma, so dass man ihren Abenteuern interessiert, amüsiert und mit genug Sympathie folgt. In ihren besten Momenten erinnern sie an die tumben, doch liebenswerten Narren aus Drew Goddards „The Cabin in the Woods". An den von Joss Whedon produzierten Instant-Horror-Kultfilm erinnert die irre Sause von Don Coscarelli mehrfach, der dramaturgische Feinschliff fehlt hier allerdings. So ist nur zu erkennen, dass „John Dies at the End" mit einem besseren Erzählfluss einen Platz zwischen schrägen Horrorperlen wie „Donnie Darko" und Sam Raimis „Drag me to Hell" hätte einnehmen können, statt nur eine turbulente Melange durchgeknallter Szenen zu sein.
Fazit: „John Dies at the End" ist ein wilder Mix aus Horror und Komödie, in dem aberwitzige Ideen und schräge Szenarien bis unters Dach gestapelt werden. Horror-Oldtimer Don Coscarelli lässt es jedoch an erzählerischem Fingerspitzengefühl mangeln, so dass der ständig bemühte Irrsinn mit fortschreitender Laufzeit mehr erschöpft als unterhält. Für einen launigen DVD-Horror-Abend reicht es dennoch allemal.