Von geifernden Zombiehorden zu schwertschwingenden Spartanern: Mit seinen ersten zwei Filmen, dem freien Remake von George A. Romeros Zombie-Klassiker „Dawn Of The Dead“ und der erfolgreichen Frank-Miller-Comicadaption „300“, sicherte sich der ehemalige Werbefilmer Zack Snyder die Aufmerksamkeit der weltweiten Filmgemeinde, die er mit jedem weiteren Werk mehr zu spalten scheint. Während über die Bildgewalt seiner Filme weitestgehend Konsens herrscht, werden ihm oft mangelnder Tiefgang und Effekthascherei vorgeworfen. Mit seinem kontrovers diskutierten Autoren-Debüt „Sucker Punch“ polarisierte er mehr denn je – an der Kasse erlitt Snyder Schiffbruch, Kritiker derweil warfen ihm unverhohlenen Sexismus vor. Bei seinem für 2013 angekündigten „Superman“-Reboot überlässt er zwar wieder anderen das Schreiben, dafür darf er nun eine der ikonischsten Popkultur-Figuren überhaupt in Szene setzen.
Zombies stürmen die Kinokassen
Zachary Edward Snyder wurde am 1. März 1966 in Green Bay, Wisconsin geboren und besuchte die Daycroft School in Connecticut. Schon als Kind träumte er vom Filmemachen, nachdem er 1977 „Krieg der Sterne“ im Kino gesehen und von seinen Eltern eine Super-8-Kamera geschenkt bekommen hatte. Nach seinem Schulabschluss studierte er Malerei am Heatherlies College in London und ging anschließend an das Art Center College of Design in Kalifornien, wo er sein Studium mit besonderer Auszeichnung beendete. Mit Werbespots (u.a. für BMW, Audi, Nike und Reebok) und Musikclips (u.a. für Morrissey und Heather Nova) konnte sich Snyder bereits in den Neunzigern einen Namen als Regisseur machen, außerdem drehte er Fernseh-Porträts über berühmte Sportler wie Michael Jordan und Martina Navratilova. Seine Leidenschaft allerdings galt dem Genrefilm: Im Jahr 2004 feierte er mit „Dawn of the Dead“ sein Kino-Regiedebüt. Die Neuverfilmung von George A. Romeros „Zombie“ von 1978 wurde von der Kritik überwiegend positiv aufgenommen und spielte weltweit rund das Vierfache des Budgets von 26 Millionen Dollar ein. Mit seiner Geschichte einer bunt zusammengewürfelten Gruppe von Menschen, die sich nach einer globalen Epidemie in einem Einkaufscenter verbarrikadiert und von Zombie-Heerscharen belagert wird, orientiert er sich nur lose an der langsam erzählten Vorlage. Bei Snyder liegt der Schwerpunkt auf kompromissloser Hochglanz-Action und morbidem Humor. Der Erfolg seines Erstlings verschaffte dem Regisseur nicht nur eine Nominierung für den besten Debüt-Film bei den Filmfestspielen in Cannes, sondern auch zahlreiche Angebote von großen Filmstudios. Nachdem er 2003 bereits den Regieposten zu „S.W.A.T. - Die Spezialeinheit“ ablehnte, nahm er sich viel Zeit bei der Auswahl und Vorbereitung seines nächsten Projekts - erst 2007 meldete er sich schließlich mit der Comic-Verfilmung „300“ zurück.
Sparta: Eine neue Front im Iran-Konflikt
Wie bei „Dawn Of The Dead“ war Zack Snyder auch bei „300“ als Co-Autor beteiligt, das auf dem gleichnamigen Comic-Epos von Frank Miller basiert und die mythische Geschichte der Schlacht bei den Thermopylen erzählt. Mit einem weltweiten Einspielergebnis von über 445 Millionen Dollar wurde der Film einer der größten Erfolge des Jahres und machte Snyder zu einem der gefragtesten Filmemacher in Hollywood. Gleichzeitig sorgte „300“ aber auch für eine handfeste Kontroverse: Kritiker unterstellten Snyder eine unreflektierte Darstellung von faschistoidem Gedankengut und ein Propaganda-Programm für den andauernden Irakkonflikt. Zudem sorgte die Darstellung der Perser als Freaks und Monster für Empörung im Iran. In den Abendnachrichten eines staatlichen Fernsehsenders hieß es sogar, Hollywood hätte eine „neue Front im Krieg gegen Iran eröffnet“ und auch hochrangige Politiker, etwa der iranische Kultusminister Hussein Safar Harand, protestierten scharf gegen den Kassenschlager aus den USA. Snyder selbst hält eine Politisierung seines Films für abwegig und streitet ab, damit den Irakkrieg bzw. den Irankonflikt kommentieren zu wollen. Auch den Vorwurf, sein Film sei faschistische Propaganda, weist der Regisseur vehement von sich: Seine Protagonisten bezeichnet er als „moralisch bankrott“ und will sie keineswegs als Vorbilder verstanden wissen.
Superhelden im Ruhestand
Schon Mitte der 80er Jahre wollte Terry Gilliam eine Verfilmung von Alan Moores Comicroman „Watchmen - Die Wächter“ auf die Leinwand bringen. Die komplexe Vorlage und ihre aufwendig gestalteten Bilder jedoch galten den Studiobossen als filmisch nicht realisierbar, erst 2000 wurde wieder über eine Adaption verhandelt. Zack Snyder sicherte sich den Regieposten und brachte den Film im Jahr 2009 in die Kinos. „Watchmen – Die Wächter“ erzählt von einer Truppe kostümierter Helden, die den USA im Vietnamkrieg zum Sieg verholfen haben und die ab 1985 durch einen Staatserlass in den Ruhestand gezwungen werden. Als plötzlich einer von ihnen ermordet wird, begibt sich der letzte aktive „Watchman“, der Soziopath Rorschach (Jackie Earle Haley), auf die Suche nach dem Mörder und kommt dabei einer entsetzlichen Verschwörung auf die Spur. Bei seiner Umsetzung hält sich Snyder dicht an die düstere Vorlage und erzählt die Geschichte über seine inzwischen zum persönlichen Markenzeichen gewordenen hochästhetischen Bildern. Obwohl der Film vornehmlich positive Kritiken erhielt, konnte das fast dreistündige Antihelden-Epos, das mit seiner vertrackten Erzählstruktur und der harten Gewaltdarstellung an aktuellen Trends des Blockbuster-Kinos vorbei lief, nicht ganz die Erwartungen an den Kinokassen erfüllen und fand international vergleichsweise wenig Beachtung. Mit der Romanverfilmung „Die Legende der Wächter“ ging Snyder im Jahr 2010 in eine völlig andere Richtung und wandte sich erstmals an ein jüngeres Publikum: Der Animationsfilm auf Basis der gleichnamigen Kinderbuch-Reihe von Kathryn Lasky handelt von dem Eulenjungen Soren, der sich auf die Suche nach den Wächtern von Ga'Hoole begibt, um seine Heimat vor der Tyrannei zu bewahren. Zwar liefert der Effektspezialist atemberaubende Bilder und Einstellungen, die technisch auf ganzer Linie überzeugen, inhaltlich ist „Die Legende der Wächter“ jedoch von vielen als belanglos empfunden worden.
Unerwarteter Schlag
2011 trat Zack Snyder mit „Sucker Punch“ erstmals als Autor in Erscheinung. Zu Beginn der Vor-Produktion im Jahr 2007 beschrieb der Regisseur seine Idee als „Alice im Wunderland mit Maschinengewehren, Drachen und Bordellen“. Der Film handelt von Babydoll (Emily Browning), einer jungen Frau, die gegen ihren Willen in einer Nervenheilanstalt eingesperrt wird und der dortigen düsteren Realität mit Hilfe von fantasievollen Tagträumen begegnet, in denen sie gemeinsam mit vier Leidensgenossinnen ihre Freiheit wiederzuerlangen versucht. Für seinen ersten Originalstoff bezog Snyder heftige Prügel, der Blockbuster wurde von nicht wenigen als ebenso sexistisches wie sinnentleertes Durcheinander abgetan und erlitt vor allem an den US-amerikanischen Kinokassen Schiffbruch. Versprachen die ersten bewegten Bilder von „Sucker Punch“ noch ein unkompliziertes Action-Feuerwerk, bot der fertige Film überraschend viel Interpretationsspielraum. Um die gewünschte PG-13-Altersfreigabe zu erhalten, musste der Regisseur massive Kürzungen in Kauf nehmen und sein Werk in einer um knapp 18 Minuten geschnittenen Fassung in die Kinos bringen. Mittlerweile wurde der ursprünglich als Kinofassung geplante „Extended Cut“ auf Blu-ray veröffentlicht.
The Man Of Steel
Seit Ende 2010 ist Zack Snyder mit den Dreharbeiten zu „Superman“ beschäftigt. Das von Christopher Nolan produzierte Reboot soll Anfang 2013 in die Kinos kommen und wird angesichts der stargespickten Darstellerriege (u.a. Michael Shannon, Russell Crowe, Diane Lane und Laurence Fishburne) um Hauptdarsteller Henry Cavill bereits sehnsüchtig erwartet. Mit dem Kriegsdrama „The Last Photograph“, das auf einer Idee von Snyder und Drehbuchautor Kurt Johnstad („300“) basiert, wird der Actionspezialist anschließend Genre-Neuland betreten. Der Film handelt von einem Ex-Soldaten, der im afghanischen Kriegsgebiet nach einem entführten Familienmitglied sucht und dabei von einem Kriegsberichterstatter unterstützt wird, der im Gegenzug die Exklusivrechte an der Geschichte erhält. Für die Hauptrollen sind seit geraumer Zeit Christian Bale und Sean Penn im Gespräch. Im Jahr 2013 soll „300: Battle of Artemisia“ in die Kinos kommen. Das Drehbuch zum „300“-Ableger hat Snyder zusammen mit Co-Autor Johnstad verfasst, den Regiestuhl überlässt er diesmal allerdings dem Werbefilmer Noam Murro („Smart People“).
Zack Snyder lebt mit seiner zweiten Ehefrau, seiner Co-Autorin und Produzentin Deborah Snyder, und seinen sechs Kindern in Pasadena, Kalifornien.