Helen Mirren hat im Grunde alles erreicht, was man als Filmschauspielerin erreichen kann: Nicht nur hat sie mit Queen Elizabeth II. eine noch lebende Monarchin gespielt und dafür einen Oscar abgeräumt; auch die übrige Karriere der Britin liest sich als Erfolgsmärchen. Als Schauspielerin gewann sie über die Jahre zahlreiche Preise und wurde 2003 von Prinz Charles zur Dame Commander of the Order of the British Empire ernannt. 2010 bewies Mirren mit 64 Jahren, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehört, als sie sich für das „New York Magazine“ nackt in einer Badewanne ablichten ließ.
Very British?
Mirren wurde am 26. Juli 1945, kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als Ilyena Vasilievna Mironov in Chiswick im Westen Londons geboren. Ihr Vater war Vasiliy Petrovich Mironov, Sohn eines zaristischen Offiziers und Diplomaten, der sich mit seiner Familie nach dem Ausbruch der Oktoberrevolution in Russland nach England absetzte. Der Vater legte großen Wert darauf, als Brite erkannt und anerkannt zu werden und nannte sich fortan nur noch Basil. Aus diesem Grund wurde im Haus der Familie auch kaum Russisch gesprochen. In Interviews führte Mirren allerdings ihre nachdenkliche, philosophische Ader wiederholt auf ihre russische Abstammung zurück.
Die Bretter, die die Welt bedeuten
Mirren begann bereits in der Schule mit dem Theaterspielen und bewarb sich mit 18 Jahren erfolgreich für das „National Youth Theatre“, eine Förderschmiede für junge Schauspieler, aus der auch andere große Namen wie Daniel Day-Lewis, Chiwetel Ejiofor und Daniel Craig hervorgegangen sind. Ihre Fortschritte dort brachten sie recht bald zur „Royal Shakespeare Company“, für die sie ab Mitte der 60er Jahre vor allem in London und Stratford-upon-Avon Auftritte absolvierte. Ihre Leidenschaft fürs Theater hat Mirren bis zum heutigen Tage nicht verloren - so kehrt sie hin und wieder auf die Theaterbühne zurück, auch wenn für sie das Film- und Fernsehgeschäft längst den Großteil ihres Erfolges ausmacht.
Von Hamlet umworben, zur Queen gekrönt
Bereits während ihrer Theaterkarriere übernahm Mirren kleinere Rollen in Filmen. Analog zu ihrer Theatererfahrung waren darunter vor allem kleinere Auftritte in Shakespeare-Verfilmungen. So gab sie etwa 1976 die Ophelia in der "Hamlet"-Adaption von Celestino Coronado. Erst 1990 fiel Mirrens Schwerpunkt endgültig auf den Film. Einen wichtigen Wegstein setzte vor allem eine große Rolle an der Seite von Michael Gambon in Peter Greenaways „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“. Nach diesem Auftritt waren ihre Rollen deutlich umfangreicher, wenn auch nicht immer mainstreamtauglich – eine Eigenart Mirrens ist bis heute, dass sie sich nur schwer auf ein bestimmtes Genre oder einen Rollentyp festlegen lässt. Deutlich wird ihre Bandbreite etwa anhand von zwei Karrierestation: 1979 war Mirren noch für Tinto Brass' pornografisch angehauchten "Caligula" angetreten; 2006 besetzte Stephen Frears sie hingegen für die prestigeträchtige Rolle der britischen Queen.
Ihre Majestät im Geheimdienst
Für Mirren bedeutete die Titelrolle im Monarchen-Drama „Die Queen“ nicht nur zahlreiche Auszeichnungen – vom Oscar über einen BAFTA- und einen BSFC-Award bis hin zum Europäischen Filmpreis, von vielen kleineren Preisen ganz zu schweigen –, sondern auch eine noch größere Freiheit in der Rollenwahl, die sie seither auch nutzt. Neben Shakespeare-Stoffen wie „The Tempest - Der Sturm“ war Mirren auch in verschiedenen Blockbustern zu sehen („Das Vermächtnis des geheimen Buches“, „Tintenherz“). Spaß scheint ihr auch ihre Rolle als Ex-Agentin in der dezidierten Actionkomödie „R. E. D.“ (2011) gemacht zu haben, denn nur ein Jahr darauf trat sie für John Maddens Thriller "Eine offene Rechnung" als Mossad-Agentin Rachel Singer erneut einem Geheimdienst bei.
Die vielen Gesichter der Helen Mirren
Neben ihren hochdotierten Filmrollen hatte Mirren auch immer wieder in den verschiedensten TV-Rollen geglänzt und war für ihre Leistungen immer wieder ausgezeichnet worden. Insbesondere ihre herausragende Leistung als Hauptfigur Jane Tennison in der Serie „Heißer Verdacht“ brachte ihr sechs Emmy-Nominierungen als beste Hauptdarstellerin ein, von denen sie zwei gewann. Mirren, die sich in Interviews immer wieder als diszipliniert und arbeitsam beschreibt, führt ein für Hollywood-Verhältnisse skandalfreies Leben. Ein Kind von Traurigkeit ist die Britin aber dennoch nicht: In ihrer Autobiographie „In the Frame“ sind unter anderem Fotos von ihr zu sehen, die einen LSD-Rausch dokumentieren. Es scheint also fast so, als habe die smarte Mitsechzigerin nicht nur in ihren Rollen verschiedenste Gesichter.
Helen Mirren ist seit dem 31. Dezember 1997 mit dem Regisseur Taylor Hackford verheiratet. Seit 1998 ist sie Botschafterin der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam und setzt sich vor allem für deren Kampagne Control Arms ein.