François Truffaut ist neben Jean-Luc Godard, Claude Chabrol, Eric Rohmer und einigen anderen einer der wesentlichen Protagonisten der Nouvelle Vague, einer filmischen Erneuerungs-Bewegung, die das französische Kino in den 60er Jahren modernisierte. Sein Erstlingswerk „Sie küssten und sie schlugen ihn“ (1959) ist einer der ersten Filme der Nouvelle Vague und brachte den jungen Regisseuren um Truffaut viel Aufmerksamkeit. In seiner Laufbahn drehte der Autoren-Filmer Klassiker wie „Jules und Jim“ (1962), „Die amerikanische Nacht“ (1973) oder „Die letzte Metro“ (1980), wobei die Werke Truffauts – im Gegensatz zu jenen von Godard – dem Erzählkino immer verbunden blieben und ein breiteres Publikum erreichten.
Cahiers du cinéma
Seine Kindheit und Jugend verbrachte François Truffaut in mehreren Erziehungsheimen, bevor er einige Gelegenheits-Jobs annahm und Soldat in der französischen Armee wurde. Weil Truffaut von dort desertieren wollte, wurde der spätere Filmemacher unehrenhaft aus dem Dienst entlassen. Ab 1951 schrieb der vom Beginn seiner Jugend an Film-begeisterte Truffaut als Filmkritiker beim renommierten Kinomagazin „Cahiers du cinéma“, das der Film-Theoretiker André Bazin gegründet hatte – weitere Autoren des Magazins waren Jacques Rivette, Jean-Luc Godard, Claude Chabrol und Éric Rohmer, die später ebenfalls zu wichtigen Protagonisten der Nouvelle Vague aufstiegen. Während seiner Zeit als Filmkritiker erregte François Truffaut 1954 mit seinem polemischen Artikel „Eine gewisse Tendenz im französischen Film“ Aufsehen, in dem er die etablierten französischen Filmemacher und deren Qualitätskino aufs Schärfste kritisierte. Im praktischen Filmbereich sammelte Truffaut als Assistent von Roberto Rossellini erste Erfahrungen, gründete 1957 eine eigene Produktions-Firma und realisierte den Kurzfilm „Die Unverschämten“ (1957).
„Sie küssten und sie schlugen ihn“
Mit dem damals 14-jährigen Jean-Pierre Léaud drehte François Truffaut sein viel beachtetes Kino-Debüt „Sie küssten und sie schlugen ihn“ (1959), das die schwierige Jugendzeit der Hauptfigur Antoine Doinel ins Zentrum rückt und teilweise auf Truffauts eigenen Erlebnissen beruht. Der mit innovativen Mitteln inszenierte Film gewann in Cannes eine Goldene Palme für die beste Regie und lieferte dem Kino der jungen Vertreter der Nouvelle Vague, darunter Jean-Luc Godard und Claude Chabrol, ordentlich Auftrieb. Im Jahr 1960 folgte der mit Motiven des amerikanischen Gangsterfilms spielende „Schießen Sie auf den Pianisten“ mit Charles Aznavour, worauf Truffaut die Dreiecks-Geschichte „Jules und Jim“ (1962) mit Jeanne Moreau, Oskar Werner und Henri Serre folgen ließ, die zu einem seiner bekanntesten Filme wurde. Nach dem klassisch inszenierten Drama „Die süße Haut“ (1964) wandte sich Truffaut – im Gegensatz zu seinem Freund und Kollegen Godard – weiter dem Erzählkino zu und verfilmte die Anti-Utopie „Fahrenheit 451“ (1966) mit Oskar Werner in den britischen Pinewood Studios.
Truffauts Erzählkino
In der Folge stieg François Truffaut zum erfolgreichsten Regisseur der Nouvelle Vague auf. Mit Jeanne Moreau inszenierte Truffaut 1967 den Krimi „Die Braut trug schwarz“. Anschließend knüpfte Truffaut an seinen Erstling „Sie küssten und sie schlugen ihn“ an und erzählte die Geschichte der Hauptfigur Antoine Doinel in „Geraubte Küsse“ (1968) weiter. Mit „Tisch und Bett“ (1970) und „Liebe auf der Flucht“ (1979) folgten zwei weitere Filme rund um den von Jean-Pierre Léaud verkörperten Antoine Doinel. In „Das Geheimnis der falschen Braut“ (1969) besetzte Truffaut Catherine Deneuve als femme fatale, die einen von Jean-Paul Belmondo verkörperten Zigaretten-Fabrikanten hinters Licht führt. Viel Resonanz erntete François Truffaut mit dem auf einer wahren Begebenheit basierenden Drama „Der Wolfsjunge“ (1969), das vom Leben eines Jungen handelt, der alleine im Wald aufwächst. Im ausgehenden 19. Jahrhundert siedelte der Regisseur seine klassisch erzählte Liebesgeschichte „Zwei Mädchen aus Wales und die Liebe zum Kontinent“ (1971) mit Jean-Pierre Léaud an, worauf die leichtfüßige Komödie „Ein schönes Mädchen wie ich“ (1972) mit Bernadette Lafont folgte. In „Die amerikanische Nacht“ (1973) thematisierte François Truffaut das Medium Film und erzählte von menschlichen Irrungen und Wirrungen während der Dreharbeiten zu einem Film – Truffaut selbst übernahm die Rolle des Regisseurs. Im selben Jahr veröffentlichte der Filmemacher sein umfangreiches Interview mit Alfred Hitchcock („Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“), das zum Klassiker der Literatur über Film wurde.
Die letzten Filme
In den 70er Jahren drehte François Truffaut weiterhin erfolgreiche Filme wie „Die Geschichte der Adèle H.“ (1975), für den Isabelle Adjani eine Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin erhielt, den mit Kindern besetzten „Taschengeld“ (1976) und die frivole Komödie „Der Mann, der die Frauen liebte“ (1977). Mit sich selbst in der Hauptrolle realisierte Truffaut das Drama „Das grüne Zimmer“ (1978), bevor er mit Catherine Deneuve und Gérard Depardieu in „Die letzte Metro“ (1980) drehte, ein zur Zeit der Nazi-Besatzung spielendes Drama, das mit zehn Césars prämiert wurde und zu den Klassikern des französischen Kinos zählt. Erneut mit Gérard Depardieu in der Hauptrolle, dem er dieses Mal Fanny Ardant zur Seite stellte, realisierte Truffaut 1981 den tragischen Romanze „Die Frau nebenan“, in dem sich ein früheres Liebespaar nach einigen Jahren wiedertrifft. Truffauts letzter Film war die Schwarzweiß-Krimi-Komödie „Auf Liebe und Tod“ (1983) mit Fanny Ardant und Jean-Louis Trintignant, eine Hommage an Hollywoods Schwarze Serie – im Alter von 52 Jahren verstarb François Truffaut 1984 in einem Pariser Krankenhaus an einem Hirntumor.
Von 1957 bis 1965 war Francois Truffaut mit Madeleine Morgenstern verheiratet, aus deren Ehe zwei Töchter namens Laura (*1959) und Eva (*1961) entstammen. Nach einer Beziehung mit der verstorbenen Schauspielerin Francoise Dorleac von 1963 bis 1967, verlobte er sich mit Claude Jade, ebenfalls Schauspielerin. Ab 1979 war er dann schließlich bis zu seinem Tod im Jahr 1984 mit Fanny Ardant zusammen, mit der öfter zusammen gearbeitet und die gemeinsame Tochter Josephine (*1983) hatte.