Dany Boon ist eine singuläre Erscheinung im französischen Kino: Ein Komiker aus dem Norden des Landes – geboren in Armentières direkt an der Grenze zu Belgien –, der als Kind fast nie Französisch sprach, sondern nur den Dialekt seiner Heimat, und daraus später mit "Willkommen bei den Sch'tis" den zu diesem Zeitpunkt erfolgreichsten französischen Film aller Zeiten bastelte. Und das Phänomen blieb nicht auf die Heimat beschränkt. Auch außerhalb Frankreichs avancierte Boon zum beliebten Komödienmacher und –star.
Erfolgreiche One-Man-Show
Dany Boon, Sohn eines aus Algerien stammenden Fernfahrers und einer französischen Mutter, studierte zunächst an der Kunsthochschule im belgischen Tournai, ging dann in den 1980er Jahren nach Paris, wo er als Zeichner für Trickfilme arbeitete. Zugleich versuchte er sich als Musiker und Straßenclown und bekam Engagements an kleineren Bühnen. 1992 wurde er von Patrick Sébastien in dessen Fernsehshow eingeladen, und zur gleichen Zeit begann seine Karriere als Komiker Tempo aufzunehmen. Er trat erfolgreich bei mehreren Festivals auf und zog schließlich genug Publikum an, um mit seinen One-Man-Shows und Kabarettprogrammen auf Tournee gehen zu können. Bis heute ist Boon auf der Bühne noch sehr aktiv, allerdings füllt er inzwischen die ganz großen Hallen wie das berühmte Olympia im 9. Pariser Bezirk. Darüber hinaus inszeniert er gelegentlich für das Theater, wie etwa 2007 das Erfolgsstück "Le Dîner de cons", das bereits mehrfach verfilmt wurde ("Dinner für Spinner").
Die ganz große Leinwand
Nach einigen kleineren Rollen in den 1990er Jahren und einer längeren Pause begann Dany Boon ab 2004 wieder an seiner Karriere als Filmschauspieler zu arbeiten; 2005 hatte er einen bemerkenswerten Auftritt im Weltkriegsdrama "Merry Christmas" von Christian Carion. Ein Jahr später versuchte er sich mit der Komödie "La Maison du bonheur" bereits daran, selbst Regie zu führen, und dieser Weg führte ihn dann auch 2008 zu seinem bis dahin größten Erfolg. Für "Willkommen bei den Sch'tis" wurden allein in Frankreich über 20 Millionen Eintrittskarten verkauft, mehr als für irgendeinen französischen Film zuvor.
Der Mann aus dem Norden
Liebevoll nimmt Dany Boon in seinem Film Sprache und Gebräuche seiner eigenen Heimat auf die Schippe – vor allem aber stellte er die Menschen seiner Heimatregion, die in Frankreich gerne als etwas tumb wahrgenommen werden, als kluge und sympathische Figuren vor. Seine Geschichte scheint freilich nicht frankreichspezifisch zu sein, ist doch schon keine drei Jahre später das italienische Remake "Willkommen im Süden" entstanden, in dem Boon in einer kleinen Cameorolle seinen Postboten Antoine wieder auftreten lässt. Schon vor "Willkommen bei den Sch'tis" hatte der Komiker in seinen Shows mit dem Dialekt Ch'ti, einer Variation des Pikardischen, gespielt – und auch eine seiner erfolgreichsten Shows (auf DVD mit französischen Untertiteln) ausschließlich in Ch'ti durchgezogen.
Ein eigenwilliger Komödiant
Für "Nichts zu verzollen", einer durchaus komplexen Geschichte um Nationalismus, Liebe und das zusammenwachsende Europa, kehrte Dany Boon 2011 nach Hauptrollen in "Auf der anderen Seite des Bettes", "Affären À La Carte" und "Micmacs - Uns gehört Paris" wieder nach Nordfrankreich und auf den Regiestuhl zurück. Er zeigt, dass er eben kein Komödiant ist, der auf Schenkelklopfer zielt, sondern den feinsinnigen, manchmal skurrilen Humor bevorzugt. Man darf vermuten, dass seine Existenz zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen – der Vater von fünf Kindern ist 2002 zum Judentum konvertiert – dabei nicht gerade abträglich war.