Ein Star, der nie abgehoben erscheint, ein Mann der Marke „gutaussehender Typ von nebenan“: Männer möchten mit ihm ein Bier trinken, Frauen seufzend in seine Arme sinken. Durch seine vielfältige Rollenwahl, die ihn nie auf einen Typ festlegte, etablierte sich der charismatische Schotte Ewan McGregor als Schauspieler der A-Klasse, jedoch ohne die entsprechenden Allüren an den Tag zu legen. Unauffällig auf den roten Teppichen Hollywoods, dafür umso präsenter auf der Leinwand, ist Ewan McGregor, der in den Weltraumabenteuern der neuen „Star Wars“-Trilogie genauso überzeugte wie als Junkie im Drogendrama „Trainspotting“, die beinahe perfekte Symbiose aus Blockbuster-Star und Independent-Darsteller gelungen.
Vom Schulabbrecher zum Junkie
Ewan Gordon McGregor wurde am 31. März 1971 im schottischen Crieff in der Grafschaft Perthshire geboren. McGregors verständnisvolle Eltern entdeckten das schauspielerische Talent ihres Sohnes früh und ermutigten ihn, mit 16 Jahren die Schule abzubrechen, um am Perth Repertory Theatre zu arbeiten und später an der Londoner Guildhall School of Music and Drama Schauspiel zu studieren. Seine Ausbildung besiegelte der sympathische Schotte nie durch einen offiziellen Abschluss, dennoch wurde er schon bald für die Leinwand entdeckt: 1993 gab er sein Kino-Debüt in der Tragikomödie „Wer hat meine Familie geklaut?“ unter der Regie von Bill Forsyth und nur ein Jahr später erfolgte das schicksalhafte Zusammentreffen mit Danny Boyle, mit dem er 1994 die schwarze Komödie „Kleine Morde unter Freunden“ drehte und einen Arthouse-Erfolg landete. Zwei Jahre später ließ das Duo die Romanadaption „Trainspotting – Neue Helden“ folgen. Der virtuos inszenierte Trip avancierte schnell zum Kultfilm, McGregor erregte als Junkie und Anti-Held Renton auch persönlich einige Aufmerksamkeit.
Mission: Vielseitigkeit
Ewan McGregor avancierte außerhalb des Mainstreams bald zum Star und pickte sich immer wieder zielsicher die unterschiedlichsten Rollen heraus, um nicht auf ein bestimmtes Image oder eine diffuse Erfolgsformel festgelegt werden zu können. Dass der charismatische Darsteller selbst die prestigeträchtige Rolle des James Bond ausschlug, als die Verantwortlichen des Franchises einen Nachfolger für Pierce Brosnan suchten, zeigt, wie sehr es McGregor widerstrebt, zu stark mit einer bestimmten Rolle identifiziert zu werden. Stattdessen ließ sich der Jung-Star für Nischen-Projekte wie „Die Bettlektüre“, „Brassed Off - Mit Pauken und Trompeten“, „Emma“ und das Remake „Freeze - Alptraum Nachtwache“ verpflichten und erweiterte mit der Arbeit in unterschiedlichen Genres - vom Horror-Thriller bis zur romantischen Komödie und zum experimentellen Kunstfilm – seinen darstellerischen Erfahrungsschatz.
Die helle Seite der Macht war stark in ihm
1999 übernahm Ewan McGregor dann eine Rolle, die ihn einem breiten Publikum bekannt machen und in Fankreisen für immer unsterblich werden lassen sollte: George Lucas besetzte ihn als Jedi-Ritter Obi-Wan Kenobi in der neuen „Star Wars“-Trilogie und bescherte dem Mimen dadurch seinen bis dato größten Erfolg an den Kinokassen. Fortan orientierte sich McGregor zunehmend in Richtung kommerziellerer Projekte und drehte unter anderem den Action-Streifen „Die Insel“ unter der Regie von Michael Bay, blieb aber im Großen und Ganzen seinem Motto der Vielfalt treu und begeisterte sowohl als liebenswerter Fantast in Tim Burtons kunstvoll-versponnenem „Big Fish“, als auch in der Rolle des liebestollen Poeten Christian an der Seite von Nicole Kidman in der Musical-Romanze „Moulin Rouge“, die ihm 2002 eine Golden-Globe-Nominierung einbrachte. Hier konnte McGregor erneut sein großes musikalisches Talent unter Beweis stellen, das er bereits 1998 in der fiktiven Musiker-Biografie „Velvet Goldmine“ erstmals gezeigt hatte und durch das Einsingen verschiedener Songs auf den Soundtracks von beispielsweise „Nora - Die leidenschaftliche Liebe von James Joyce“, „Emma“ und „Lebe lieber ungewöhnlich“ auch danach immer wieder aufblitzen ließ.
Auf dem Motorrad um die Welt
Um nicht die Bodenhaftung zu verlieren, achtete Ewan McGregor weiter auf Abwechslung und suchte neue Herausforderungen. So gründete er mit seinen Schauspiel-Kollegen Jude Law, Jonny Lee Miller, Sean Pertwee und Sadie Frost die Produktionsfirma „Natural Nylon“, versuchte sich zwischenzeitlich erfolgreich als Theater-Schauspieler und trat in eher sperrigen Filmen wie dem Independent-Drama „Young Adam“ (2003) mit Tilda Swinton auf, der ihm weltweiten Kritiker-Respekt einbrachte. Sein bislang ungewöhnlichstes Projekt realisierte McGregor jedoch 2004, als er mit seinem Freund Charley Boorman auf eine Motorrad-Tour quer durch Europa und über den amerikanischen Kontinent startete und diese in einer Fernsehserie und einer DVD-Reihe mit dem Titel „Long Way Round“ dokumentierte. 2007 folgte eine weitere Reise von Schottland nach Kapstadt, die „Long Way Down“ betitelt wurde. McGregors Image als weltenbummelnder Abenteurer machte sich unter anderem die Firma Davidoff für eine Werbekampagne zunutze und setzte den Schauspieler als Gesicht für das Parfum „Adventure“ ein.
Die Erfolgsgeschichte geht weiter
Auch Jahre nach dem letzten „Star Wars“-Auftritt ist Ewan McGregors Erfolg ungebrochen: 2009 drehte er die Bestseller-Verfilmung „Illuminati“ an der Seite von Tom Hanks, 2010 folgte der vielbeachtete RRoman Polanski-Thriller „Der Ghostwriter“, dessen Titelrolle dem Schotten den Europäischen Filmpreis als Bester Darsteller einbrachte. Im Anschluss drehte er die Tragikomödie „Beginners“ mit Christopher Plummer und Mélanie Laurent, die im Frühsommer 2011 auch in die deutschen Kinos kommt.
So vielfältig seine Rollenwahl, so beständig sein Privatleben: Seit 1995 ist Ewan McGregor mit Eve Mavrakis verheiratet. Das Paar hat zwei Töchter und eine Adoptivtochter, die McGregor auf seiner Motorradreise durch die Mongolei kennenlernte.