Morgan Freeman versteht es wie kaum ein anderer Darsteller, zwischen gütig-warmherziger und grimmiger Ausstrahlung zu tänzeln. Zu seinen bekanntesten Filmen zählen die Dramen „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ und „Amistad“, das Actionspektakel „Outbreak“, David Finchers Meisterwerk „Sieben“ und Christopher Nolans Batman-Welterfolge („Batman Begins“, „The Dark Knight“).
Erst die Armee, dann das Theater
Morgan Freeman wurde am 1. Juni 1937 in Memphis, Tenessee, geboren. Während seiner Kindheit zog er oft um und entwickelte früh eine Leidenschaft für das Theater. So trat er bereits mit 9 Jahren in Schultheaterinszenierungen auf. Nach seinem High-Shool-Abschluss verpflichtete er sich bei der US-Luftwaffe und arbeitete dort vier Jahre als Mechaniker, bevor er auf die Bühne zurückkehrte. In den frühen 1960ern war Freeman in diversen künstlerischen Ensembles aktiv, nahm dort aber keine herausgehobene Stellung ein. Erste Erfahrungen beim Film sammelte er mit Statistenrollen, beispielsweise in Sidney Lumets Drama „Der Pfandleiher“.
Erfolgreiche Bühnenkarriere
Parallel zu seiner Theaterarbeit nahm Morgan Freeman weitere winzige Rollen in Hollywoodfilmen an. 1967 gab er sein Off-Broadway-Debüt in dem Stück „Niggerlovers“ über die sogenannten „Freedom-Riders“, einer Gruppe von Bürgerrechtsaktivisten, die gegen die Aufrechterhaltung der Rassentrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln der Südstaaten protestierten. Die Rechte der afroamerikanischen Bevölkerung sind ein Thema, das Freeman in seiner langen Karriere immer wieder aufnahm. An der Seite von Cab Calloway und Pearl Bailey tauchte Freeman nur ein Jahr später in einer afroamerikanischen Version des Musicals „Hello Dolly“ in Erscheinung. Einem breiteren, amerikanischen Publikum wurde er aber erst in den 70ern durch sein Engagement im Kinder-TV-Format „The Electric Company“ bekannt, wo er bis 1977 in 780 Folgen verschiedene Rollen ausfüllte, darunter einen skurrilen Vampir. Daneben war er weiter am Theater aktiv und feierte nach dem Ende der TV-Serie Erfolge als tragischer Feldherr Coriolanus im gleichnamigen Shakespeare-Drama oder auch als sympathischer Chauffeur Hoke Colburn, der in dem Bühnenstück „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ mit der älteren Dame Daisy über politische Fragen spricht. Freeman wurde für diese und zwei weitere Rollen jeweils mit einem Obie Award ausgezeichnet, einem vom Herausgeber des Village Voice Magazins gestifteten Theaterpreis.
Morgan schleicht sich an Hollywood an
Mit Beginn der 80er nahm Morgan Freemans Filmkarriere zaghaft Fahrt auf. So durfte er in Stuart Rosenbergs kritischer Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Strafvollzug „Brubaker“ mitspielen, in dem sich Robert Redford in der Titelrolle als Gefängnisdirektor inkognito in sein eigenes Gefängnis einsperren lässt, um die Zustände am eigenen Leib zu erfahren. Weitere Rollen waren ein Polizist in Peter Yates' Thriller „Eyewitness“ oder der väterliche Besitzer einer Billardbar, der sich im thrillerartigen Jugenddrama „Jungs auβer Kontrolle“ schützend vor die von Emilio Estevez und Craig Sheffer gespielten Freunde mit Problemen stellt. Mit dem Thriller „Glitzernder Asphalt“ von 1987 setzte Freeman ein erstes Ausrufezeichen. In dem bei Kritikern durchwachsen aufgenommenen Werk gab der Schauspieler einen finsteren Zuhälter, der auch vor Folter nicht zurückschreckt. Diese Figur stand im scharfen Gegensatz zu seinen bis dahin eher sympathischen Rollen und bescherte ihm eine Oscar- und eine Golden Globe-Nominierung.
Durchbruch als Chauffeur
Seinen Durchbruch feierte Morgan Freeman zwei Jahre später mit der Filmfassung des Bühnenstücks „Miss Daisy und ihr Chauffeur“. An der Seite von Jessica Tandy in der Rolle der jüdischstämmigen Miss Daisy brillierte Freeman als Chauffeur Hoke Colburn, der die ältere Dame zunächst gegen ihren Willen fährt. Zwischen den beiden entwickelt sich langsam eine Freundschaft, die auch von Gesprächen über Rassenunterdrückung und Antisemitismus getragen wird. Freemans sensible Annäherung an seinen scharfzüngigen Fahrgast verströmt eine warmherzige Güte ohne falsche Rührseligkeit. Dafür wurde er erneut mit einer Oscar- sowie Golden Globe-Nominierung bedacht. Auf der Berlinale erhielten er und Jesica Tandy einen Silbernen Bären.
Freeman Filmstar
Im Anschluss an seine große Rolle erhielt Morgan Freeman gute Angebote, mit denen er sich im Filmgeschäft etablierte. Unter Brian De Palma spielte er im satirischen Drama „Fegefeuer der Eitelkeiten“ einen Richter und im rasanten Abenteuerfilm „Robin Hood - König der Diebe“ war Freeman als Robin Hoods (Kevin Costner) maurischer Freund Azeem zu sehen. Regisseur Clint Eastwood forderte in seinem Spätwestern „Erbarmungslos“ dann wieder das dramatische Können Freemans. Dort verkörperte er den ehemaligen Revolverhelden Ned Logan, der seinen alten, von Eastwood selbst gespielten Freund William Munny auf der Jagd nach zwei Cowboys begleitet, auf die ein Kopfgeld ausgesetzt wurde. Während Munny aufgrund akuter Geldnot den Job durchziehen möchte, kommen Logan Zweifel – dabei pendelt Freeman sensibel zwischen Loyalität und ethischer Besinnung hin und her.
Stabile Karriere
Mit seinen bisherigen Filmen hatte sich Morgan Freeman einen respektablen Ruf erworben, seine Karriere konnte er auf hohem Niveau fortsetzen. In Frank Darabonts Gefängnisdrama „Die Verurteilten“ überzeugte der Mime als Insasse einer Strafvollzugsanstalt, der sich mit dem unschuldig inhaftierten Andy Dufresne (Tim Robbins) anfreundet. Für seine bewegende Darstellung wurde Freeman erneut mit einer Oscar-Nominierung bedacht, ging aber wieder leer aus. In der Folge tauchte Freeman nun auch in hochbudgetierten Filmen auf. Im Actionthriller „Outbreak“ spielte er einen Armee-Insider, der in ein schreckliches Geheimnis involviert ist. Unter Wolfgang Petersens Regie bewies Freeman einmal mehr, dass er auch zwiespältige Charaktere souverän zum Leben erwecken kann. Als kurz vor der Pensionierung stehender Polizist William Sommerset strahlte er in David Finchers Serienkiller-Thriller „Sieben“ an der Seite von Brad Pitt die Ruhe, ebenso aber die Resignation eines erfahrenen Ermittlers aus. In Steven Spielbergs Sklavendrama „Amistad“ von 1997 betonte er die afroamerikanische Geschichte einmal mehr als wichtiges Thema seiner Karriere.
Der unermüdliche Arbeiter
Auf ein Genre ließ sich Morgan Freeman nie festlegen. In Lee Tamahoris „Im Netz der Spinne“ war er als Polizeipsychologe Alex Cross dabei, eine Figur, die er bereits in Gary Fleders „Denn zum Küssen sind sie da“ gespielt hatte. Auch Horror-Auftritte wie in „Dreamcatcher“ nach einem Roman von Stephen King oder Komödien-Ausflüge wie im Jim-Carrey-Vehikel „Bruce allmächtig“ meisterte der vielseitige Darsteller. In der Fortsetzung „Evan allmächtig“ mit Steve Carell als Kongressabgeordneter, der wegen einer drohenden Sintflut eine Arche baut, tauchte Freeman erneut als Gott höchstpersönlich auf. Besondere Beachtung wurde ihm 2005 zuteil, als er für seine Rolle in Clint Eastwoods Boxerdrama „Million Dollar Baby“ den Oscar als Bester Nebendarsteller erhielt. Darin gab Freeman den blinden Ex-Boxer und Hausmeister Eddie 'Scrap' Dupris, der zum Mentor der aufstrebenden Boxerin Maggie Fitzgerald (Hilary Swank) wird. Freeman verlieh dem tragischen Drama eine mitreißende Traurigkeit, ohne sich mit seinem sparsamen Minenspiel allzu sehr in den Vordergrund zu drängen. Diese innere Stärke ist ein Markenzeichen Freemans, auf diese Weise verleiht er auch kleineren Rollen Bedeutung. So überzeugte er als Batman-Gehilfe Lucius Fox in Christopher Nolans Welterfolgen „Batman Beginns“ und „The Dark Knight“.
Hohes Drama und altersweiser Humor
Steven Spielbergs Alien-Invasions-Spektakel „Krieg der Welten“ von 2005 lieh Morgan Freeman seine eindrucksvolle Erzählerstimme. In Rob Reiners hoffnungsvoller Tragikomödie „Das Beste kommt zum Schluss“ durfte er wieder eine Hauptrolle übernehmen. Als Automechaniker lernt er im Krankenhaus einen Milliardär (Jack Nicholson) kennen, mit dem er zusammen eine Liste von Dingen abhakt, die beide vor dem nahenden Krebstod noch erleben wollen. 2009 besetzte Clint Eastwood seinen „Million Dollar Baby“-Gefährten als südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela im sozialpolitischen Sportdrama „Invictus - Unbezwungen“. Mit stiller Autorität verkörperte Freeman den Integrationswillen Mandelas, der sich für die südafrikanische Rugby-Mannschaft einsetzte, obwohl sie als Symbol der Apartheid galt. Zuletzt war Freeman in der Rolle eines alternden EX-CIA-Agenten zu sehen, der in „R. E. D.“ an der Seite von Bruce Willis, John Malkovich und Helen Mirren eine Verschwörung aufdecken muss. Mit seinem dritten Auftritt als Lucius Fox ist er außerdem in einem der größten Blockbuster des Kinojahres 2012 dabei: Christopher Nolans Batman-Finale „The Dark Knight Rises“.