Ein humpelnder Arzt ohne weißen Kittel, den Krückstock in der rechten, die Dose mit Vicodin-Pillen in der linken Hand – ganz klar: Die Rede ist von Publikumsliebling und Quotengarant „Dr. House“. In der gleichnamigen Serie verkörpert vom Briten Hugh Laurie, der mittlerweile nicht mehr nur zum gewohnten Termin am Dienstagabend, sondern auch in Werbespots für Männer-Pflegeprodukte über die deutschen Fernsehbildschirme flimmert. Zwar ist der Name Laurie – ähnlich wie zum Beispiel Christoph Maria Herbst mit seiner Paraderolle als „Stromberg“ – untrennbar mit der beliebten Arztfigur verknüpft, doch kann der Schauspieler weit mehr, als lediglich das medizinische Genie zu verkörpern, das seine fleißigen Kollegen mit zynischen Kommentaren und diffamierenden Provokationen zur Weißglut bringt. Laurie begann seine Karriere als Comedian, stand seit Mitte der 90er Jahre häufig auch für Kinofilme vor der Kamera und ist darüber hinaus erfolgreich als Blues-Musiker und Schriftsteller tätig.
Oxford, Eton und Cambridge
James Hugh Calum Laurie wurde am 11. Juni 1959 als jüngstes von vier Kindern im britischen Oxford geboren. Sein Vater war sogar Arzt und legte damit vielleicht schon früh den Grundstein für die spätere „Dr. House“-Karriere des Briten. Lauries schulische Ausbildung liest sich makellos: Beginnend in Oxford, führte es Laurie später aufs College von Eton, bevor er schließlich das College in Cambridge besuchte. Hier kam er erstmalig mit dem Theater in Kontakt und wurde Mitglied des Theater-Clubs „Footlights“, einer Art Theater-AG der Hochschule, dem bereits viele andere, später zu Berühmtheiten gereifte Darsteller und Comedians wie Emma Thompson, Sacha Baron Cohen und John Cleese angehörten. Mit der gleichaltrigen Schauspielerin war Laurie einige Zeit liiert, und auch heute ist er noch eng mit Thompson befreundet. Neben seiner Begeisterung fürs Theater war Laurie, ganz dem britischen College-Klischee entsprechend, auch als Ruderer erfolgreich und trat damit in die Fußstapfen seines Vaters, der 1948 die Olympische Goldmedaille im „Zweier“ gewann.
TV-Comedian und Serien-Darsteller
Im Footlights-Club lernte Hugh Laurie schließlich Stephen Fry kennen, mit dem er in den 80er und 90er Jahren ein erfolgreiches Comedy-Duo in vielen britischen Fernseh-Produktionen bildete. Von 1986 bis 1995 drehten Laurie und Fry die erfolgreiche Sketch-Serie „A Bit of Fry & Laurie“, die über vier Staffeln in der BBC fortgesetzt wurde. Auch in der Comedy-Reihe „Blackadder“ waren Laurie und Fry an der Seite von „Mr. Bean“-Darsteller Rowan Atkinson zu sehen. „Blackadder“ wurde 2004 zur zweitbesten britischen Sitcom aller Zeiten gewählt. In „Jeeves and Wooster“, einer BBC-Verfilmung der Buchreihe von P. G. Wodehouse, übernahm Laurie – ein großer Fan des Autors – die Rolle als Bertie Wooster, während Fry Butler Jeeves spielte. Darüber hinaus initiierte das kongeniale Duo immer wieder verschiedene TV- und Wohltätigkeits-Veranstaltungen. Im Jahr 2010 kamen Laurie und Fry, die nach der Jahrtausendwende getrennte Wege gingen, noch einmal für die Show „Fry and Laurie Reunited“ vor der Kamera zusammen.
Der Sprung auf die große Leinwand
Hugh Laurie begann jedoch schon in den 90er Jahren damit, neben seiner Comedy-Karriere auch ins Kinogeschäft zu schnuppern. Nachdem er 1985 zunächst in David Hodgsons Fernseh-Film „Letters from a Bomber Pilot” zu sehen war und auch für das Musikvideo zu „Walking On Broken Glass“ von Annie Lennox vor der Kamera stand, ergatterte der Brite Anfang der 90er Jahre schließlich erste Nebenrollen in Hollywood-Produktionen. Den Auftakt dazu bildete 1992 Kenneth Branaghs Tragikomödie „Peter’s Friends“, in der auch seine Weggefährten Stephen Fry und Emma Thompson mitspielten. In Ang Lees „Sinn und Sinnlichkeit“, in dem Thompson neben dem Drehbuch auch die Hauptrolle übernahm, war Laurie ebenfalls zu sehen. In Disneys erfolgreichem Familien-Abenteuer „101 Dalmatiner“ verkörperte er 1996 den Bösewicht Jaspar, in den Kinderfilmen „Stuart Little“ und dessen zwei Nachfolger lieh Laurie Frederick Little seine Stimme. Auch in Randall Wallaces Mantel-und-Degen-Film „Der Mann mit der eisernen Maske“ war der Brite zu sehen, wenn auch nur in einer kleinen Nebenrolle als königlicher Berater. Ein Jahr zuvor hatte Laurie bereits in „Spiceworld – Der Film“ mitgewirkt, der „Der Mann mit der eisernen Maske“ qualitativ mühelos unterbot und in der Rangliste der schlechtesten Filme aller Zeiten einen der vorderen Plätze belegt.
Serienstar statt Leinwandheld
Weil die Kinokarriere nicht so Recht in Schwung kommen wollte, konzentrierte sich Hugh Laurie nach der Jahrtausendwende wieder verstärkt aufs Fernsehen. Nachdem er 1998 bereits für die Erfolgs-Sitcom „Friends“ gedreht hatte, stand er 2003 für die britische TV-Serie „Spooks – Im Visier des MI5“ vor der Kamera, die mit dem renommierten BAFTA Award als Beste Drama-Serie ausgezeichnet wurde. Im selben Jahr war er als „Dr. Slippery“ in der gleichnamigen britischen Comedy-Serie zu sehen, blieb als Arzt aber nicht annähernd so nachhaltig in Erinnerung wie mit seiner folgenden Parade-Rolle, in der er 2004 das erste Mal zu sehen war: Als mies gelaunter „Dr. House“ spielte er sich in der gleichnamigen Krankenhaus-Serie der etwas anderen Art in die Herzen der Zuschauer auf der ganzen Welt. Seine zynischen One-Liner, die eigenwillige Berufsauffassung, die köstliche Arroganz und nicht zuletzt die omnipräsente, brüllend komische politische Unkorrektheit kennzeichnen ein Genie und Bilderbuch-Arschloch, das mit diebischer Vorliebe die Anweisungen seiner vollbusigen Vorgesetzten Dr. Lisa Cuddy (Lisa Edelstein) ignoriert und am Ende doch immer die verzwicktesten medizinischen Rätsel zu lösen vermag. „Dr. House“ läuft mittlerweile in der achten Staffel und hat schon viele Nebendarsteller kommen und gehen sehen. Laurie aber bleibt – eine Fortsetzung ohne den charismatischen Briten in der Hauptrolle scheint völlig undenkbar. Im Kino war Laurie zuletzt 2008 in „Street Kings“ zu sehen.
Angesichts der zeitintensiven Dreharbeiten zu „Dr. House“ und des enormen internationalen Erfolgs der Serie ist es umso verwunderlicher, dass Hugh Laurie Zeit bleibt, sich auch als Musiker und Autor zu betätigen: Im April 2011 erschien sein erstes Blues-Album „Let Them Talk“, das es in Deutschland in die Top Ten der Charts schaffte. Für das Album arbeitete der Brite unter anderem mit Pop-Legende Tom Jones zusammen. Sein 1996 veröffentlichtes Buch „Der Waffenhändler“ avancierte auf der Insel zum Bestseller und wurde einige Jahre später auch in Deutschland veröffentlicht. Sein zweiter Roman „The Paper Soldier“ ist bereits in Arbeit. Seit 1989 ist Laurie mit Theater-Managerin Jo Green verheiratet. Sie leben gemeinsam mit ihren beiden Söhnen Charlie und Bill, sowie mit ihrer Tochter Rebecca gemeinsam in London.