Bei der königlichen Jagdgesellschaft in Folge 3 von „House Of The Dragon“ erfährt Viserys (Paddy Considine), dass im Wald ein seltener weißer Hirsch gesichtet wurde – ein fast schon heiliges Symbol für die Königswürde und für den Geist von Westeros in der Geschichte von „Game Of Thrones“, dem sogar magische Kräfte nachgesagt werden.
Dass ein solches Tier gerade am Namenstag des zweijährigen Prinzen Aegon II. gesichtet wird, hält Viserys für ein Zeichen – was ihn in seiner Überzeugung schwanken lässt, seine erstgeborene Tochter Rhaenyra (Milly Alcock) sei die richtige Wahl für den Thron. Ganz zu schweigen von seinen Träumen, von denen Viserys nicht weiß, ob er sie als prophetisch einstufen soll – aber dazu später mehr.
Schwach: Viserys tötet braunen Hirsch
Dass Viserys bei der Jagd letzten Endes doch nur einem braunen Hirsch gegenübersteht, zerstreut zum einen erst einmal seine Zweifel. Zum anderen zeigt es aber auch, wie es um Viserys als Herrscher bestellt ist: Nicht nur, dass er, der König, nicht den weißen Hirsch sieht – seine Tötung des braunen Hirschs verkommt dann auch noch zum wahren Trauerspiel. Dass der Hirsch angebunden werden muss, damit Viserys ihn töten kann, und er dann immer noch zwei Speerstöße braucht, macht seine Schwäche als Herrscher deutlich.
Auch Rhaenyra tötet in der Folge „Der Zweite seines Namens“ ein Tier – bzw. verpasst sie dem Eber den Todesstoß, nachdem dieser, verletzt durch Criston Cole (Fabien Frankel), auf ihr zusammengebrochen war, aber immer noch lebte. Nicht nur einen Stoß verpasst Rhaenyra dem Eber, sie hackt geradezu auf das Tier ein und lässt ihrem Frust so freien Lauf. Wichtig jedoch ist: Die Prinzessin beweist wahre Stärke, indem sie in Selbstverteidigung ein Tier tötet, das sie bereits angegriffen und zu Boden geworfen hatte – während im Gegenzug ihr Vater sein Opfer wie ein Lamm auf der Schlachtbank vorgeführt bekommen muss.
Stark: Rhaenyra lässt weißen Hirsch leben
Doch nicht nur bezwingt Rhaenyra einen Eber – die Art von Tier wohlgemerkt, die in „Game Of Thrones“ König Robert Baratheon getötet hat. Sie ist es auch, die den weißen Hirsch sieht. Und symbolhafter könnte eine Szene nicht sein: Die Prinzessin muss das seltene Tier gar nicht jagen, es zeigt sich ihr ganz von selbst. Dass sie ihn nicht tötet, beweist, über welches Selbstbewusstsein und welchen Gerechtigkeitssinn die junge Frau verfügt. Sie erachtet es nicht als notwendig, sich mit dieser so begehrten Trophäe zu schmücken, und sie scheint nicht bereit, einfach nur aus Gier zu töten, wenn sie nicht angegriffen wird – Eigenschaften, die sie zu einer guten Königin machen könnten.
Dass sich Rhaenyra der weiße Hirsch zeigt, ihrem Vater am Namenstag ihres Bruders Aegon jedoch nur der braune Hirsch, kann also als deutliches Zeichen verstanden werden, dass Rhaenyra über die Sieben Königslande herrschen soll und nicht ihr kleiner Bruder Aegon – den viele Berater von Viserys wegen seines Geschlechts bevorzugen. ABER: Da wäre ja noch der Traum von Viserys, in dem er seinen Sohn gekrönt sieht...
Traum oder Vision?
Und sollte dieser Traum tatsächlich prophetischer Natur sein, stünde der Symbolkraft des weißen Hirschs auf der Seite von Rhaenyra dann diese Prophezeiung auf der Seite von Aegon gegenüber. Warum aber glaubt Viserys, dass sein Traum mehr als nur das sein könnte? In Folge 3 erklärt es der König selbst:
„Viele in meiner Linie sind Drachenreiter gewesen – aber die wenigsten von uns hatten die Gabe zu träumen. Was ist die Macht eines Drachen schon neben der Prophezeiung? Als Rhaenyra noch ein Kind war, da hatte ich einen Traum. Er war so lebhaft wie diese Flammen vor uns. Ein männlicher Nachfolger ward mir geboren. Er trug die Krone des Eroberers. Ich wollte so sehr, dass es wahr ist, dass ich selbst die Traumgabe hätte.“
Diese Traumgabe, von der Viserys spricht, ist in der Targaryen-Familie schon einige Male vorgekommen – es ist also nicht verwunderlich, dass der König annimmt, er habe hier vielleicht einen Blick in die Zukunft erhascht. Und sollte dies tatsächlich eine Vision und kein Traum gewesen sein, würde er sich gezwungen sehen, Aegon zum Erben machen – obwohl er Rhaenyra geschworen hat, es nicht zu tun.
"House Of The Dragon": Das steckt hinter den Verletzungen von König Viserys am Eisernen ThronDass die Visionen der Targayrens nicht zu unterschätzen sind, wurde bereits gleich in der ersten Folge von „House Of The Dragon“ deutlich gemacht. Viserys erzählt nämlich von einer Vision seines Vorfahren Aegon des Eroberers, der in der Zukunft eine Bedrohung aus dem Norden kommen sah, und diese Vision „Das Lied von Eis und Feuer“ nannte. Und wie wir wissen, hat sich diese Prophezeiung schließlich bewahrheitet…
Rhaenyra oder Aegon: Wer gehört auf den Eisernen Thron?
Beide Kinder von König Viserys haben nun also ein starkes Symbol auf ihrer Seite, das ihren jeweiligen Herrschaftsanspruch legitimieren könnte – Rhaenyra den weißen Hirsch, Aegon die Vision seines Vaters. Doch war das wirklich eine Vision oder doch nur ein Traum? Das ist die Frage, die Viserys zerfrisst und seine Entscheidung für Rhaenyra als Thronerbin immer mehr in Frage stellen lässt… wodurch er schließlich das ganze Land ins Unglück, nämlich in den Bürgerkrieg „Tanz der Drachen“ stürzen wird.
Wie es weitergeht, erfahren wir am 12. September 2022: Dann kommt Folge 4 von „House Of The Dragon“ zu Sky und WOW. Und wer noch mehr über Folge 3 erfahren möchte: Schaut einfach unser oben eingebundenes Video, in dem Redakteur Sebastian Gerdshikow die Folge analysiert – und nicht nur die Hirsch-Szenen unter die Lupe nimmt (ca. ab Minute 9:00), sondern auch Jason und Tyland Lannister (Jefferson Hall), das schockierende Episodenfinale mit Daemon (Matt Smith) und dem Crabfeeder (Daniel Scott-Smith) und noch viel mehr.
Sorry, "House Of The Dragon" – aber das Finale von Folge 3 war eine echte Enttäuschung!