Alle Filme von Matt Reeves, mit Ausnahme der David-Schwimmer-und-Gwyneth-Paltrow-Romanze „Der Zufallslover“, gehören jeweils (mal mehr, mal weniger) zu einer Art von Franchise – von „Cloverfield“ über das Remake „Let Me In“ bis hin zu den „Planet der Affen“-Filmen und „The Batman“. Dennoch hat der Filmemacher eine Grenze für sich definiert, die er nicht überschreiten möchte. Es ist die Grenze zum Marvel Cinematic Universe.
Zu wenig Freiheit bei Marvel
Dem Branchenmagazin Variety sagte Matt Reeves: „Ich habe großen Respekt vor Kevin Feige und auch den Marvel-Filmemachern. Aber um ehrlich zu sein, weiß ich einfach nicht, wie ich da durchkommen würde. Es muss ein Mindestmaß an Entdeckungen geben, wo ich eine gewisse Freiheit habe, meinen Weg zu finden. Wenn ich bei etwas dazustoßen würde, das schon zu sehr in Stein gemeißelt ist, würde ich, so denke ich, verloren gehen. Und ich glaube, auch sie wären nicht glücklich mit mir.“
Matt Reeves hat einen Punkt: Die Filme und Serien des Marvel Cinematic Universe sind wie kleine Puzzleteile konstruiert, die gemeinsam ein großes Bild ergeben sollen. Zwar können sich einzelne Stücke durchaus voneinander unterscheiden, sie müssen aber stets zusammenpassen. Marvel-Studios-Chef Kevin Feige wacht über die Kohärenz, jeder Filmemacher und jede Filmemacherin muss sich der großen Vision unterordnen. Wenn jemand seinen eigenen Stil einbringt, wie jüngst Chloé Zhao in „Eternals“, dann nur in einer kontrollierten Umgebung.
Die stilistischen Unterschiede zwischen den MCU-Filmen und -Serien sind nie extrem (der eine Film ist ein wenig lustiger, die andere Serie ist etwas gruseliger), werden auch bei recht deutlichen Ausreißern wie der zunächst als altmodische Sitcom inszenierten Serie „WandaVision“ früher oder später in gewohnte Bahnen gelenkt und niemand kann gegen den Willen von Kevin Feige auf Plot bzw. Figurenentwicklung Einfluss nehmen.
Reeves ist nicht der einzige Marvel-Verweigerer
Manche Regisseure wie Matt Reeves lassen sich darum gar nicht erst auf das MCU ein, andere toben sich in den Grenzen ihrer Nische aus (etwa James Gunn mit seinen „Guardians“-Filmen) und wieder andere machen mit, bis sie die Wand spüren:
Nerd-König Edgar Wright stieg nach langer Vorarbeit bei „Ant-Man“ aus und „Doctor Strange“-Regisseur Scott Derrickson bei der Fortsetzung „Doctor Strange In The Multiverse Of Madness“, was aber, wie Kevin Feige nun gegenüber Empire sagte (via Slashfilm), nichts mit der deutlich gruseligeren Färbung des neuen Films zu tun gehabt haben soll, sondern mit anderen kreativen Differenzen.
Freiheit bei DC?
Nachdem Warner damit gescheitert war, das immens erfolgreiche Marvel-Konzept zu kopieren, entschied man sich für den gegenteiligen Ansatz: Die Filmemacher*innen und ihre jeweiligen Ideen sollen stärker im Vordergrund stehen, inhaltlich müssen die Filme aber nicht mehr groß zusammenpassen. Nach „Joker“ ist „The Batman“ nun der zweite Film, bei dem der neue Ansatz kommerziell gefruchtet hat (im Unterschied zum Kino-Flop „Birds Of Prey“ und dem mutmaßlich ebenfalls hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Streaming-Start „Zack Snyder’s Justice League“).
Die verregnete und – im doppelten Sinne – düstere Detektiv-Story „The Batman“ ist ein Kino-Hit. Wie Reeves im weiteren Gespräch mit Variety anmerkt, gehört auch sein „Batman“-Film zu einem größeren Franchise: „Die Industrie hat sich dramatisch verändert. Wenn du einen Film drehst, der in die Kinos kommt, machst du nichts, das nicht zu einem Franchise mit Wiedererkennungswert gehört.“ Insofern kann Matt Reeves auch in weiteren „The Batman“-Filmen nicht machen, was er will. Die Zeit wird zeigen, ob die Grenzen dieses neuen „Batman“-Universums aus weiteren Filmen und Serien-Ablegern weit genug sind, damit Reeves sich dort auch künftig wohlfühlt.
"The Batman" ist nur der Anfang: Neben "The Batman 2" sollen noch andere Fortsetzungen zum DC-Hit kommen