Es ist kein allzu wohlgehütetes Geheimnis, dass die Schauspielarbeit eine strenge Grenzziehung zwischen dem Fiktiven und der sogenannten Realität oft nur bedingt zulässt. Um diesem Umstand zu illustrieren, wird oft die Ehe zwischen Nicole Kidman und Tom Cruise angeführt, die nicht lang nach den fordernden Dreharbeiten zu Stanley Kubricks „Eyes Wide Shut“ zerbrach. Und auch wenn beide Eheleute einen Zusammenhang des Scheiterns ihrer Partnerschaft zur gemeinsamen Arbeit am Film bestritten, fällt es vielen Leuten schwer, dies zu glauben.
Hört man nun in das Interview, das die aus „Little Women“ und „Dune: Part Two“ bekannte Florence Pugh kürzlich dem „Reign with Josh Smith"-Podcast“ gab, so scheinen sich die Dreharbeiten für die junge Britin für ihre Durchbruchsrolle in „Midsommar“ ähnlich intensiv gestaltet zu haben. Im Podcast beschreibt sie, sich während der Produktion emotional so weit verausgabt zu haben, dass sie sich in der Folge wie „misshandelt“ fühlte.
Zur Erinnerung: Im Film spielt Pugh eine von Trauer gezeichnete Amerikanerin, die mit ihrem toxischen Freund (Jack Reynor) in eine abgelegene schwedische Berggegend fährt, um das Mittsommerfest zu feiern. Im Kreise einer okkulten Gemeinde nähert sich ihr psychologischer Zustand zunehmend einem Nervenzusammenbruch.
Am Rande der Selbstzerstörung — und doch ohne Reue
Während der Dreharbeiten habe sich auch Pugh in, wie sie nonchalant angibt, „wirklich beschissene Situationen“ begeben. Situationen, die andere Schauspiel-Kolleg*innen vielleicht weit umschifft hätten. Die schlimmsten Dinge habe sie sich mitunter vorgestellt, was die Dreharbeiten immer düsterer und beängstigender werden ließ. Gewissermaßen habe sie sich, so beschreibt es Pugh, auf diese Weise selbst misshandelt, um ihre Leistungsgrenzen zu überschreiten. Indem sie sich so stark in die Rolle hineinsteigerte, fühlte sich nach Drehschluss oft so, als hätte sie Dani in ihrem emotionalen Zustand auf dem Feld zurückgelassen.
Ein Gefühl, das sie noch lange verfolgen sollte. Denn selbst während des direkt anschließenden Drehs von Greta Gerwigs „Little Women“ habe sie noch damit gehadert, ihre Protagonistin Dani inmitten all des Wahnsinns aufgegeben zu haben.
„Das war zu viel“ fasst Pugh im Hinblick auf die offenkundigen Belastungen zusammen. Trotz dieser zeigt sich Pugh stolz auf das, was sie vor die Kamera gebracht hat. Überdies habe diese Erfahrung sie gelehrt, besser auf sich Acht zu geben und zu erkennen, wo ihre Grenzen liegen. Für „Midsommar“-Regisseur Ari Aster hat sie indes nichts als Lob übrig. Dieser sei ein „verrücktes Genie“ und zugleich im Herzen ein „Stand-up-Comedian“. Was jedoch nicht heißen soll, dass die Dreharbeiten immer angenehm waren, in so einem heißen Feld unter der brennenden Sonne und den Sprachbarrieren (neben Englisch und Schwedisch wurde, da der Film hauptsächlich in Ungarn gedreht wurde, am Set auch viel Ungarisch gesprochen).
Letztlich betont Pugh aber auch, dass die Arbeit an einem Film wie „Midsommar“ vermutlich nicht angenehm sein sollte. Für die Zukunft macht sie indes deutlich, werde sie sich von solch fordernden Rollen wie in „Midsommar“ vorerst eher fernhalten, sodass ihr die Rollen nicht auch außerhalb der Arbeitszeit zur Last werden.
Dass diese Entscheidung allerdings keineswegs bedeutet, dass wir Florence Pugh von nun an nur noch in unterkühlten Filmen zu sehen bekommen, beweist sie aktuell, an der Seite Andrew Garfields, in John Crowleys niederschmetterndem Liebesdrama „We Live in Time“. Der Film läuft ab dem 9. Januar in den deutschen Kinos. Hier könnt ihr euch den Trailer anschauen: