„Dune“ und „Avatar“ sind zwei große, teure Science-Fiction-Blockbuster mit tollen Schauwerten, doch auch darüber hinaus gibt es – zumindest auf den ersten Blick – eine Gemeinsamkeit: In beiden Filmen kommt ein weißer, männlicher Held in eine Gemeinschaft von Einheimischen und rettet diese aus ihrer Not. Im Fall von „Avatar“ sind es die blauhäutigen Na'vi von Pandora, die von Jake Sully (Sam Worthington) in den Kampf gegen die böse RDA geführt werden. Und in „Dune“ wird Paul Atreides (Timothee Chalamet) zum Messias der dunkelhäutigen Fremen im Kampf gegen die bösen Harkonnen und das Imperium.
Es ist ein bekanntes Erzählmuster, das häufig als White Savior Trope bezeichnet wird, als Erzählung über einen „weißen (im Sinne von hellhäutigen) Retter“ also. Dieses Muster dient auch als Grundlage für zahlreiche andere Filme. Vor allem in den vergangenen Jahren wurde dieses Erzählmuster häufig als rassistisch und bevormundend kritisiert, und zwar nicht nur bei „Avatar“ und anderen großen Blockbustern. Doch bei „Dune“ liegt der Fall ein wenig anders. Dafür muss man allerdings einen Blick über die in „Dune: Part One“ erzählte Geschichte hinauswerfen – es folgen also Spoiler.
Denis Villeneuve: Paul ist kein White Savior
Inwiefern unterscheidet sich „Dune“ also von „Avatar“? Schließlich könnte man argumentieren, dass die Grundkonstellation trotzdem bestehen bleibt: Die Fremen werden von ihrem Heiland Paul in eine bessere Zukunft geführt. Mit dieser Frage wurde auch „Dune“-Regisseur Denis Villeneuve bereits konfrontiert. Seine Antwort:
„Das ist eine sehr wichtige Frage und genau darum ist ‚Dune‘ so relevant, so wie ich das Buch verstehe. Es ist eine Kritik des [White-Savior-Klischees]. Es wird darin kein Retter gefeiert. Die Idee eines Retters wird kritisiert, die Idee von jemandem, der ankommen und einer anderen Bevölkerung erklären wird, wie sie zu sein haben und was sie zu glauben haben. Die Idee wird zwar nicht verdammt, aber kritisiert.“
Daher habe er das Gefühl, dass das Buch und die Geschichte auch heute noch relevant seien. Man könnte sie sogar als hochaktuell bezeichnen, so Villeneuve (via CinemaBlend). „Dune“ sei also sogar das Gegenteil einer White-Savior-Geschichte.
Ob man das genauso sieht wie Villeneuve, muss jeder und jede für sich entscheiden, allerdings hat der Regisseur durchaus einige Argumente auf seiner Seite: Im Film „Dune“, in der Buchvorlage „Der Wüstenplanet“ von Frank Herbert und in den Fortsetzungen „Der Herr des Wüstenplaneten“ und „Die Kinder des Wüstenplaneten“ werden nämlich die (vor allem) negativen Auswirkungen der externen Einmischung gezeigt.
Schon in „Dune“ sehen wir, dass Paul eine Vision hat, die ihn und Chani (Zendaya) mit Fremen-Kriegern auf seinem Heimatplaneten Caladan zeigt. Wir sehen, wie Paul mit seiner Rolle als vermeintlicher Messias hadert und wie ihn die offenbar unausweichliche Zukunft voller Tod und Gewalt verstört.
Was hier angedeutet wird, tritt am Ende des Romans „Der Wüstenplanet“, dessen erste Hälfte in Denis Villeneuves „Dune“ adaptiert wird, tatsächlich ein: Paul wird zum neuen Imperator und die Fremen beginnen einen heiligen Krieg gegen das restliche Universum, das sie schließlich unterwerfen. Trotz aller Macht und trotz aller prophetischen Visionen ist Paul machtlos, die Fremen zu kontrollieren, auch nach der Eroberung des bekannten Universums gibt es keinen Frieden und die von Paul gegründete Kirche entwickelt sich innerhalb weniger Jahre zu einer korrupten und verkommenen Theokratie.
Paul selbst ist also auch nur ein Spielball der Ereignisse und wirklich besser hat es durch ihn im Endeffekt niemand – auch und vor allem nicht die Fremen. Ganz im Gegenteil: Wie im dritten Buch der Reihe geschildert wird, verlieren die Fremen nach und nach ihre über Jahrhunderte entwickelte Kultur und verstricken sich untereinander in einen Generationen- und Bürgerkrieg.
So geht es in "Dune 2" weiter