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    Kritik zu "Shadow And Bone": Der nächste Netflix-Fantasy-Hit nach "The Witcher" und "Winx Saga"?

    Review: Die Netflix-Serie „Shadow And Bone” basiert auf den Grishaverse-Büchern von Leigh Bardugo. Jessie Mei Li spielt Alina, die entdeckt, dass sie eine Grisha ist. Wir haben alle acht Folgen gesehen – hier ist unsere Kritik zu „Shadow And Bone“:

    Netflix

    Am 23. April 2021 schickt Netflix mal wieder eine Fantasy-Serie ins Rennen: Nach Serien wie „Cursed - Die Auserwählte“, „The Witcher“, „Ragnarök“ und „Fate: The Winx Saga“ ist „Shadow And Bone - Legenden der Grisha“ ein weiteres Netflix Original aus diesem Genre.

    Die Serie spielt im Grishaverse, einem Erzähluniversum, das Buchautorin Leigh Bardugo geschaffen hat. Für die Serie dienen Bardugos „Grisha“-Trilogie und „Krähen“-Dilogie als Vorlage. Viel Stoff also, aus dem Serienentwickler Eric Heisserer (Co-Drehbuchautor von Denis Villeneuves Meisterwerk „Arrival“) für die Fantasy-Serie schöpfen konnte.

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    Somit geht es also nicht nur um das Schicksal von Alina Starkov, Heldin der „Grisha“-Romane, sondern eben auch um die Diebesbande, die in den „Krähen“-Büchern vorkommt – und die Serie verbindet nun beide Handlungsstränge.

    Hat sich Heisserer da zu viel vorgenommen? Muss man die Bücher kennen, um die Serie zu verstehen? Und kommen Fantasy-Fans auf ihre Kosten? Das Genre erfreut sich ja allerspätestens seit „Game Of Thrones“ (wieder) großer Beliebtheit – doch dass die Serien und Filme, die derzeit in großer Zahl auf den Markt schwappen, erfolgreich sind, sagt noch nicht viel über die Qualität aus. Und auch bei „Shadow And Bone“ wird viel in die Waagschale geschmissen – in einigen Punkten haben sich Heisserer und sein Team jedoch in der Tat verhoben...

    Review zu "Shadow And Bone - Legenden der Grisha": Sieht gut aus!

    Gleich in den ersten Minuten der ersten Episode „Das blendend helle Licht“ lässt sich feststellen: „Shadow And Bone - Legenden der Grisha“ sieht super aus. Hier hat Netflix nicht gekleckert, sondern geklotzt, und hievt in den allermeisten Szenen ein Fantasy-Spektakel auf die Bildschirme, das sich auch auf der großen Leinwand nicht verstecken müsste.

    Special-Effects-Gewitter wie bei „Der Herr der Ringe“ oder „Game Of Thrones“ gibt es hier zwar nicht – immer wenn am Computer getrickst wurde, sind die Ergebnisse eher solide –, aber dass man in „Shadow And Bone“ insgesamt ein ordentliches Budget investiert hat, ist der Serie anzumerken, und da es weder große Schlachten noch allzu viele CGI-Figuren gibt, konnte das Geld in eines der großen Pfunde der Serie investiert werden: das fantastische Produktionsdesign, detailliert eingerichtete (bzw. im Fall der Stadt Ketterdam dann doch eher computergenerierte) Sets, überzeugende Kostüme.

    Ein Fest für’s Auge ist „Shadow And Bone“ also allemal – doch nur eine schöne Optik reicht nicht. Lasst uns also tiefer in Handlung und Figurenzeichnung eintauchen. Und auch, wenn die Serie hier vieles richtig macht, ist sie nicht ohne Schwachstellen.

    Die Handlung kommt schwer in die Gänge

    Die Serie beginnt mit der Einführung von Alina Starkov (Jessie Mei Li), die im ans zaristische Russland angelegten Land Ravka in die Armee des Königs eintritt, nachdem sie ihre Kindheit in einem Waisenhaus verbrachte. Als „halbe Shu“, also zur Hälfte aus dem wiederum eher asiatisch anmutenden Land Shu-Han stammend (eine Änderung gegenüber der Buchvorlage!), wurde sie dort gemobbt und freundete sich mit einem anderen Außenseiter an: Malyen Oretsev (Archie Renaux), genannt Mal.

    Ihrem besten Freund begegnet die junge Kartografin nun in der Armee wieder, die am Rande der Schattenflur stationiert ist: einer gigantischen Schattenmauer, die von blutrünstigen Wesen namens Volkra bevölkert wird und Ost- von West-Ravka trennt.

    Schon in der ersten Folge wird die Außenseiterin zur widerwilligen Heldin – ein ganz klassisches Fantasy-Topos also: Alina muss nicht nur feststellen, dass sie in Wahrheit eine Grisha ist, also einer jener Menschen, die mit besonderen Kräften geboren und vom Rest der Bevölkerung skeptisch beäugt werden. Sie ist sogar eine ganz besondere Grisha, eine, die eher als Legende galt: eine Sonnenkriegerin, die aus sich heraus Licht produzieren kann. In der Tat eine praktische Eigenschaft, wenn man die düstere Flur mit ihren mörderischen Wesen durchqueren – und vielleicht sogar zerstören – will.

    Parallel dazu werden in einer zwielichtigen Ecke der Hafenstadt Ketterdam die Figuren Kaz Brekker (Freddy Carter), Inej (Amita Suman) und Jesper (Kit Young) eingeführt, die zur Gaunerbande The Dregs gehören und vom Crow Club aus ihre kleineren und größeren Raubzüge planen. Da bekommen sie Wind von einem besonders großen Auftrag, den aber auch andere kriminelle Gangs haben wollen.

    Die Vorstellung der Figuren ist natürlich wichtig, paradoxerweise erfährt man aber zu Beginn dennoch nicht allzu viel über sie. So richtig in ihre Welt hineingezogen wird man anfangs trotz der langatmigen Einführung noch nicht, was uns zum nächsten Problem führt (auch wenn immerhin später mehr Tempo in die Geschichte kommt):

    Zeit, die man für Worldbuilding hätte nutzen können

    Während also Alina am Hof des Königs unter Anleitung des mysteriösen Grisha-Generals Kirigan (Ben Barnes) unter Beweis stellen muss, dass sie wirklich die Sonnenbeschwörerin ist und sich mit der ein oder anderen Grisha in Kirigans Ausbildungszentrum anfreundet bzw. -feindet, planen die Dregs ihren Heist – und die Folgen dümpeln so vor sich hin.

    Erst in der zweiten Hälfte der Staffel kommen die verschiedenen Handlungsstränge mehr in Fahrt, endlich geht es um etwas, werden geschmiedete Pläne in die Tat umgesetzt, kommt Dynamik in die ganze Entstehungsgeschichte der Schattenflur und das Vorhaben ihrer Zerstörung, sowie die Mission von Brekkers Bande. Endlich wird all den Geheimnissen mehr auf den Pelz gerückt und die Figuren nehmen ihre Schicksale weitaus bewusster in die Hand als noch in den ersten Episoden.

    Dadurch wirkt der Staffelauftakt aber etwas wie verschenkte Erzählzeit: Denn gerade in dem eher behäbigen Auftakt wäre genug Raum gewesen, um den Zuschauer*innen mehr Informationen über das Grishaverse an die Hand zu geben – etwas, das Leser*innen dem reinen Seriengucker voraus haben.

    Wer aber gerne wissen würde, wie denn die Landkarte der gezeigten Welt aussieht, welche verschiedenen Kräfte und Gruppen es bei den Grisha gibt und was viele Begriffe bedeuten, wird sich außerhalb der Serie selbst informieren müssen – zum Beispiel in einem von Netflix veröffentlichten Erklär-Video:

    Natürlich sollte eine Serie auch nicht allzu erklärbärig sein. Aber gerade beim Worldbuilding fantastischer Erzählwelten sind Zusatzinformationen, die einem einen besseren Überblick geben und vor allem viel besser in die Welt eintauchen lassen, willkommen. Auch mehr Eindrücke vom kriegsgebeutelten Land Ravka und den anderen Handlungsorten hätten dem Worldbuilding gut getan. Vielleicht dann doch eine Frage des Budgets?

    Jonglieren mit mehreren Handlungssträngen

    Im Gegensatz zur behäbigen ersten Hälfte der Staffel wirkt die zweite Hälfte dann fast schon wieder zu vollgepackt. Eines ist den Drehbuchautor*innen auf jeden Fall gelungen: Die Figuren aus den „Krähen“-Romanen sinnvoll in die „Grisha“-Handlung zu integrieren – das Verschmelzen beider Buchreihen funktioniert (bis auf den Nina-Handlungsstrang, der gut ist, aber komplett aus der Geschichte fällt).

    Jedoch werden hier so viele Figuren reingepackt, von denen jede einzelne noch ihre Hintergrundgeschichte mitbringt (die hoffentlich in Zukunft noch entfaltet wird), dass sich die Frage stellt, wie Heisserer und sein Team all das in den kommenden Staffeln jonglieren wollen. „Game Of Thrones“ ist das meistens gelungen (auch wenn man in manchen Staffeln das Gefühl hatte, für jede Figur und jeden Handlungsstrang waren jeweils nur 15 Minuten Zeit), aber „Shadow And Bone“ ist dann doch eben kein „Game Of Thrones“, was die Qualität der Drehbücher und Inszenierung betrifft.

    Sympathische Figuren und Darsteller*innen

    Dass die Figuren und ihre Geschichten einen interessieren und man mehr erfahren will, ist ja aber auf jeden Fall schon mal ein guter Punkt. Noch besser: Die Darsteller*innen bringen sie auch überzeugend rüber. Jessie Mei Li ist eine tolle Alina, verletzlich aber gleichzeitig willensstark und tapfer, mit einem gut funktionierenden moralischen Kompass und einem überzeugenden inneren Kampf mit ihrer neuen Rolle als Auserwählte.

    Ben Barnes als charismatischer und undurchschaubarer General Kirigan ist fantastisch. Und Freddy Carter, Amita Suman und Kit Young spielen das liebenswerte Underdog-Trio Kaz, Inej und Jesper mit Witz und Charme.

    Was Fantasy-Fans mit viel Lese- und Seherfahrung jedoch ein wenig ermüden könnte: Das Team von „Shadow And Bone“, zu dem übrigens auch Romanautorin Leigh Bardugo selbst gehört, hat weder mit der Geschichte noch mit der Inszenierung vieler Szenen das Rad neu erfunden. Das ist natürlich nicht per se schlecht, aufregend ist es allerdings auch nicht, wenn bekannte Fantasy-Klischees abgearbeitet werden.

    Viele Klischees, aber auch einige frische Ideen

    Die Idee, mal statt des europäischen Mittelalters das zaristische Russland als Vorbild für eine Fantasy-Welt zu nehmen und den Figuren Gewehre statt Schwerter in die Hand zu drücken, ist auf jeden Fall erst mal innovativ. Allein schon die Kostüme und Anreden wirken dadurch anders, als man sie aus den meisten Fantasy-Sagen kennt. Doch daraus hätte man viel mehr machen können – das „exotische“ Setting bleibt leider reiner Hintergrund.

    Stattdessen kennen Fantasy-Fans die Idee einer Schattengrenze, in bzw. hinter der grausige Wesen leben, schon aus Tad Williams‘ „Shadowmarch“, die verruchte Hafenstadt Ketterdam soll zwar an das alte Amsterdam erinnern, wirkt dann aber eben doch wie das viktorianische London in „Sherlock Holmes“ (auch die Musik in den Szenen ist ähnlich!) oder davon inspirierte Städte in Fantasy-Serien wie „Carnival Row“, an die „Shadow And Bone“ generell nicht selten erinnert.

    Und wenn Matthias (Calahan Skogman) mit seiner Gefangenen Nina (Danielle Galligan) durch den Schnee stapft, mit dem festen Vorsatz, sie seinen Leuten zu übergeben und ihre Anziehungskraft zu ignorieren, während sie ihn unablässig neckt und mit ihrer sexuellen Offenheit irritiert, sind das eins zu eins Jon Snow und Ygritte aus „Game Of Thrones“.

    DAVID APPLEBY/NETFLIX

    Diesen etwas uninspirierten Momenten steht dann aber dennoch die ein oder andere erfrischende Idee gegenüber, wie zum Beispiel die schiffähnlichen Landfahrzeuge „Skiffs“ oder die Verstärker der Grisha-Macht wie der weiße Hirsch. Wie genau mit dem Hirsch zu verfahren ist, um an dessen Stärke zu kommen, dürfte Freunde von Helden-Geschichten zwar kaum überraschen, wie allerdings dessen Geweih genutzt wird, gibt der sonst recht braven Young-Adult-Story dann aber sogar einen überraschenden Horror-Touch.

    Das FILMSTARTS-Fazit zu "Shadow And Bone"

    Fazit: Mit „Shadow And Bone - Legenden der Grisha“ ist Netflix eine ordentliche Adaption der Grishaverse-Romane von Leigh Bardugo gelungen, die sich anfangs allerdings etwas zu viel Zeit lässt. Wer Geduld mitbringt, wird in der zweiten Hälfte der ersten Staffel aber mit einem wesentlich rasanteren Tempo und zwar wenig überraschenden, aber dennoch interessanten Twists belohnt. Vor allem für die sympathischen Figuren kann man sich gut erwärmen – hier wäre fast schon mehr Zeit für ihre individuellen Geschichten wünschenswert gewesen.

    Das Fantasy-Rad erfindet „Shadow And Bone“ zwar nicht neu, bietet aber solide und optisch gut gemachte Unterhaltung für ein Binge-Wochenende und hat einen am Ende der Staffel dann doch genug am Haken, damit man wissen will, wie es in Staffel 2 weitergeht.

    Ab Freitag auf Netflix: Die ersten Kritiken zu "Shadow And Bone" versprechen ein Fest für Fantasy-Fans

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