Als Harley Quinn war Margot Robbie für viele Fans und Kritiker das Highlight in „Suicide Squad“. Seit ihrer Darbietung im Jahr 2016 lässt Robbie die durchgeknallte, unsterblich in den Joker verliebte Figur nicht mehr los. Noch am Set von „Suicide Squad“ kam der Schauspielerin daher die Idee zu einem eigenen Harley Quinn-Film: „Birds Of Prey (And the Fantabulous Emancipation Of One Harley Quinn)”. Das und mehr verriet uns Robbie bei unserem Besuch am Set im März 2019…
FILMSTARTS: Wie bist du auf die Idee gekommen „Birds Of Prey“ zu machen?
Margot Robbie: Da kamen unterschiedliche Dinge zusammen. Mir ist aufgefallen, dass ich in der realen Welt immer eine Girl-Gang hatte, mit der ich abhing. Aber ich habe solche Girl-Gangs kaum auf der Leinwand gesehen. Deswegen war die Hauptidee, dass Harley eine solche Gruppe von Frauen hat, mit der sie abhängt. So hat alles angefangen.
Und natürlich habe ich schon während der Arbeit an „Suicide Squad“ die Comics gelesen. Als ich alle „Harley Quinn“- und „Suicide Squad“-Storys durchhatte, las ich mich durch andere Bereiche, wie die „Gotham City Sirens“ und die „Birds Of Prey“. Ich mochte besonders Huntress als Figur, weil ich denke, dass es leicht ist, das Publikum durch eine Rachegeschichte mitzureißen.
Ich wollte eher eine Gangster-Geschichte erzählen.
Eine andere Sache, die ich für den Film wollte, ist, dass es nicht um den Untergang der Welt geht und Gebäude zerstört werden und die Städte zerfallen. Denn das hätte viele CGI-Effekte erfordert – und die auf der Leinwand zu sehen, ermüdet mich mittlerweile. Ich habe das Gefühl, das schon tausend Mal gesehen zu haben, das lässt mich mittlerweile völlig kalt. Deswegen wollte ich eher eine Gangster-Geschichte erzählen, in der nichts Größeres als die Mafia oder Gangs eine Rolle spielen.
Wir mussten rechtfertigen, warum Batman nicht kommt, um den Tag zu retten. Wenn du dir Gotham also als New York vorstellst, dann hast du Manhattan, Queens, die Bronx und Brooklyn und all das. Unser Film existiert in Brooklyn, der Bronx und Queens. Bruce Waynes Gotham sehe ich eher als Manhattan an.
"Ich war nicht bereit Harley aufzugeben"
FILMSTARTS: Warum hast du dich dafür entschieden, sowohl im Film mitzuspielen als auch zu produzieren?
Margot Robbie: Ich liebe die Figur Harley einfach. Und wie ich schon sagte, ist es aufregend, sie zu spielen. Also auch aus egoistischen Gründen. Es ist nämlich so: Manchmal beende ich einen Film und habe das Gefühl, ich habe die Figur, die ich gespielt habe, vollkommen erforscht und bin bereit, sie gehen zu lassen.
Aber andere Male spiele ich eine Figur, bei der ich das Gefühl habe, noch nicht fertig zu sein. Dann denke ich, ich möchte noch viel mehr tun und den Zuschauern viel mehr zeigen. So fühlte ich mich nach „Suicide Squad“. Da dachte ich, es gibt noch so viele andere Dinge an Harley, die ich den Leuten zeigen will und die ich als Schauspielerin entdecken möchte. Ich war einfach nicht bereit Harley aufzugeben.
"Birds Of Prey" hat keine gewöhnliche Struktur
FILMSTARTS: Warum hast du dich als Produzentin dafür entschieden, Harley als Erzählerin durch den Film führen zu lassen?
Margot Robbie: Wir wollten, dass die Zuschauer einen Einblick in Harleys Perspektive haben und etwas mehr in ihren Kopf schauen können. Und Harley erzählen zu lassen und die Ereignisse aus ihrer Sicht zu zeigen, ist natürlich einfach wundervoll. Zum einen macht es Spaß und gibt den Zuschauern die Möglichkeit zu sehen, wie Harleys Gehirn funktioniert. Und zum anderen bricht es die formale Struktur des Films auf. Denn ich bin nur gegenüber CGI-Effekten abgestumpft, sondern gegenüber der gewöhnlichen Drei-Akte-Struktur.
Die Drehbuchautorin Christina Hodson und ich haben daher begonnen, die Struktur einiger Filme aufzubrechen. Und das Lustige ist, dass sie im Endeffekt alle drei perfekte Akte hatten. Sogar sowas wie „Trainspotting“, der sich so chaotisch und unvorhersehbar anfühlt, passt perfekt in diese Struktur. Es ist nur hinter wundervollem Chaos versteckt. Daher haben wir angestrebt, dass sich unser Film nicht stark nach einer gewöhnlichen Struktur anfühlt, obwohl er klar definierte Linien aufweist.
Wir haben eine nicht linear erzählte Geschichte und springen durch die Zeit. Da ist es hilfreich und gleichzeitig lustig, dass Harley durch den Film führt und dem Zuschauer sagt: „Jetzt sind wir hier, jetzt sind wir da, konzentriert euch jetzt darauf“ – es ist ein hilfreiches Mittel und zugleich lustig.
FILMSTARTS: Können wir Harley denn trauen?
Margot Robbie: Nein. Absolut nicht! [Lacht]
Harley in der Realität gäbe ein Blutbad
FILMSTARTS: Was magst du an Harley?
Margot Robbie: Sie ist sehr unberechenbar, was für mich als Schauspielerin eine spaßige Sache ist, denn deine Optionen zu spielen sind endlos. Du musst in vielen Situationen nicht auf eine bestimmte Weise reagieren. Sie könnte schließlich alles tun. Sie könnte dein bester Freund oder dein schlimmster Feind sein.
FILMSTARTS: Würdest du auf irgendeine Weise mehr wie Harley sein wollen?
Margot Robbie: Ich glaube nicht, dass ich danach strebe, mehr wie Harley zu sein. Ich genieße die Momente, in denen ich sie spielen darf, aber ich würde definitiv keine ihrer Charakterzüge in mein eigenes alltägliches Leben integrieren wollen. Ich glaube, das gäbe sonst ein… Blutbad.
Eine Produktion ist wie eine Hochzeit
FILMSTARTS: Wie empfindest du die Doppelrolle als Produzentin und Schauspielerin?
Margot Robbie: Man muss viel jonglieren, aber ich liebe es. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich bei einem der beiden Jobs weniger gebe. Obwohl ich sagen muss, dass ich anfangs Bedenken hatte, dass ich nicht zu 100 Prozent als Schauspielerin da sein könnte, wenn ich gleichzeitig Produzentin bin. Aber ich glaube, dass es mich tatsächlich besser macht, weil ich mehr Informationen habe und daher einige Entscheidungen, die wir an der Schauspiel-Front treffen, besser nachvollziehen kann. Ich bin am Set. Ich bin physisch anwesend und sehe, was passiert. Auf diese Weise kann ich vor einigen Problemen warnen und sehen, was wir im Auge behalten müssen.
Außerdem passiert vor dem Dreh schon so viel auf der Produzenten-Seite. Es ist wie ein Hochzeitstag, sagte man mir mal: Wenn du vorab viel planst, kannst du den Tag dann genießen. So ist es ungefähr. Auf der Produktions-Seite mache ich das seit vier Jahren. Und dann drehen wir für dreieinhalb Monate und dann geht es zurück zur Produktions-Seite. Also passiert schon viel in der Prä- und Postproduktion.
FILMSTARTS: Kannst du was zum Look des Films und der Zusammenarbeit mit Kostümdesignerin Erin Benach sagen?
Margot Robbie: Erin ist einfach cool. Das ist sehr offensichtlich. Als wir das erste Mal mit ihr gesprochen haben, hatte sie schon viele bedeutende Filme gemacht, die ziemlich genau den Look hatten, den wir uns für unser Abenteuer erhofft haben.
Zum Beispiel bei „Fight Club“: Du denkst „Oh, aber das ist die reale Welt in der Gegenwart. Der Club wirkt sehr verrückt.“ Aber wenn du den Film googelst, siehst du Brad Pitt in einem rosa Bademantel. Und du denkst „Oh, wow!“. Und ich glaube, das ist eine gute Bezugsnote, weil du damit etwas Lustiges und Sensationelles gewinnen kannst – aber auf geerdete Weise. Und das streben wir den gesamten Film über an – für alle ästhetischen Entscheidungen: die Sets, Kostüme, Haare, Make-Up, was auch immer.
Es ist alles übertrieben, leuchtet und knallt und dennoch existiert das alles in einer bodenständigen Welt. Und ich denke Erin hat das wundervoll gemacht. Sie ist so cool und hat gute Ideen. Es war ein Traum mit ihr zusammenzuarbeiten.
Und zu Harleys Look im Besonderen: Ich habe viel mit Erin darüber gesprochen, wie du dich als Mädchen irgendwie für andere Mädchen oder für Kerle anziehst – je nachdem, in welcher Beziehung du zu ihnen stehst. Für mich ist es so: Wenn Harley mit dem Joker zusammen ist, zieht sie sich für ihn an und trägt, was er mag. Wenn sie ohne ihn ist, trägt sie Klamotten, die sie selbst gut an sich findet. Was sie im Film trägt ist also das, was Harley denkt, worin sie gut aussieht.
Frauen in der Regie verdienen mehr Chancen
FILMSTARTS: Warum ist Regisseurin Cathy Yan die richtige Person, um den Film zu inszenieren – sowohl für dich als Produzentin als auch als Schauspielerin?
Margot Robbie: Ich habe Cathys Film „Dead Pigs“ gesehen, der letztes Jahr auf dem Sundance Film Festival Premiere feierte. Der ist unglaublich. Und wir haben bei „Birds Of Prey“ festgestellt, dass wir einen Ensemblefilm machen. Da ist es ist schwer, jeder Figur ihren Moment zu geben und alle so einzubeziehen, dass es sich auf der Leinwand aufregend und gleichzeitig natürlich und frisch anfühlt – und nicht klobig. Und „Dead Pig“ ist ein Ensemblefilm, bei dem Cathy das toll hinbekommen hat.
Das war also schon mal sehr vielversprechend. Die Ästhetik des Films, das Design des Films – das war einfach unglaublich. Und das ganze Ding hat einfach funktioniert. Darüber hinaus hat Cathy alles in China gedreht, mit wenig Geld und wenig Zeit, und, und, und. Wer das alles so gut bewerkstelligen kann, der kann mit mehr Ressourcen und einer wundervollen Crew alles schaffen. Ihr erster Film hat mich sehr ermutigt.
Wir haben uns getroffen und sind sofort gut miteinander ausgekommen. Und dann kam Cathy natürlich, um ihre Idee für den Film zu pitchen. Und wir haben die Ideen von vielen tollen Regisseuren gehört, aber Cathy hatte es einfach drauf – um das mal klarzustellen. Wenn es um männliche und weibliche Filmemacher geht, ist meine Denkweise als Produzentin folgende: Ich glaube, wir sollten viel mehr auf Regisseurinnen schauen, denn es ist leicht mit einer Liste von Regisseuren zu kommen, die richtig für ein Projekt sein könnten.
Viele Frauen haben aber einfach nicht die Möglichkeit, sich zu beweisen. Um einen fairen Blick auf all die Regisseurinnen zu werfen, musst du also mehr Zeit aufwenden und das ist natürlich mehr Arbeit. Aber wenn du das erstmal gemacht hast, bekommt die beste Person den Job. Männlich oder weiblich – wer auch immer das Projekt am besten verstanden hat und es auf die nötige Höhe heben kann. Und Cathy hat das getan.
Sie kam rein und sie hatte es einfach drauf. Ihr Pitch war unglaublich. Sie verstand das Material, die Figuren – und ihre Vorschläge haben alles besser aussehen lassen. Sie hat vieles eingeworfen, an das wir noch nicht so sehr gedacht haben und das mit dem einherging, was wir rüberbringen wollten. Sie wirkte einfach wie die richtige Person, die das Projekt ins Leben rufen könnte. Und das hat sie gemacht. Sie ist unglaublich.
FILMSTARTS: Würdest du sagen, dass „Birds Of Prey“ ein Film ist, der Frauen ermutigen und ihnen Kraft geben kann?
Margot Robbie: Ja. Nicht auf eine konventionelle Weise, weil es ziemlich viele absurde Momente gibt und es definitiv eine übertriebene Version der Welt ist. Aber es ist eine Geschichte, die jedem Lust macht. Die Figuren im Film haben Dinge in ihren Leben, die sie ersticken oder über die sie hinauswachsen wollen. Und das machen sie letztendlich. Daher fühlt er sich sehr ermutigend an.
„Birds Of Prey läuft seit dem 6. Februar 2020 in den deutschen Kinos.
"Birds Of Prey" wird eine "absolute Harley-Quinn-Erfahrung": FILMSTARTS am Set des DC-Blockbusters