Ein in Sepia-Töne getränktes Los Angeles, Sprüche klopfende Testosteron-Schleudern, die die Welt retten und Explosionen, bis einem schlecht wird – ja, Jerry Bruckheimer hat dem Actionkino jahrzehntelang einen ganz speziellen, unverkennbaren Stempel aufgedrückt.
Nachdem der Kult-Produzent mit „Gemini Man“ zuletzt finanziell baden ging, soll es mit „Bad Boys For Life“ nun zurück in die Erfolgsspur gehen – ebenfalls mit Will Smith, jedoch nur in einmaliger Ausführung. Dafür erneut mit von der Partie: Martin Lawrence, der in den vergangenen Jahren so gut wie von der Bildfläche verschwand, sich 2019 aber bereits mit einer herrlichen Nebenrolle in Harmony Korines wunderbar überdrehter Komödie „Beach Bum“ zurückmeldete.
Während die Hauptakteure vor der Kamera dieselben sind, kam es auf dem Regiestuhl zu einem Wechsel. Statt Michael Bay durften die belgischen Newcomer Adil El Arbi und Bilall Fallah ran, die gerade mal im Grundschulalter waren, als „Bad Boys“ 1995 in die Kinos kam...
Kommt "Bad Boys For Life" zu spät?
FILMSTARTS: Als Jugendlicher um die Jahrtausendwende wusste ich immer, wenn ich deinen Namen auf dem Bildschirm sehe, werde ich gleich richtig Spaß haben. Trotzdem habe ich in den letzten Jahren oft von Leuten gehört, dass es für „Bad Boys 3“ zu spät wäre. Warum ist das deiner Meinung nach nicht so?
Jerry Bruckheimer: Ich finde vor allem, dass der Film großartig wurde – und für einen guten Film ist es nie zu spät. Es macht Spaß, die beiden [Will Smith und Martin Lawrence] wieder gemeinsam vor der Kamera zu sehen. Und du hast es ja gerade selbst gesagt: Wenn mein Name erschien, wusstest du, dass du Spaß haben wirst. Ich glaube, so ging es auch einigen anderen – und die sind heute ja hoffentlich auch noch da. So lange ist das ja nicht her.
Ich hoffe aber auch, dass wir mit dem dritten Film jetzt auch eine junge Generation von Zuschauern erreichen können.
Bruckheimer-Action von und für eine neue Generation
FILMSTARTS: Warum waren ausgerechnet Adil El Arbi und Bilall Fallah die Richtigen für den Regieposten? Inwiefern konnten sie die Reihe bereichern?
Jerry Bruckheimer: Vor allem mit ihrer Jugend und natürlich mit jeder Menge Talent. Sie sehen die Dinge einfach völlig anders als ich, zum Beispiel. Ich gehe 100 Mal an einem Gebäude vorbei und sehe jedes Mal dasselbe. Und dann kommen die beiden daher und entdecken Details, die mir nie aufgefallen sind. Sie haben eine völlig neue Sicht auf die Dinge.
Und ich habe gesehen, dass die beiden sogar aus Laien großartige Schauspielleistungen rausholen konnten, also wusste ich, dass das mit Will und Martin kein Problem sein wird. Die beiden funktionieren einfach so gut zusammen, dass man sie eigentlich nur vor die Kamera zu stellen braucht – und schon hat man Magie.
FILMSTARTS: Aber ursprünglich sollte doch schon Michael Bay Regie führen...
Jerry Bruckheimer: Als Will, Martin und Sony an Bord waren und wir das Budget beschlossen haben, war Michael einfach zu beschäftigt. Er hat die „Transformers“-Filme gemacht und jetzt „6 Underground“ – wir konnten einfach kein Zeitfenster finden.
Wie steht es um "Bad Boys 4"?
FILMSTARTS: Ich kann mich noch erinnern, als „Bad Boys 3“ und „Bad Boys 4“ am selben Tag einen Starttermin bekamen. Um letzteren wurde es mittlerweile aber wieder still. Können wir mit einem weiteren Film rechnen?
Jerry Bruckheimer: Chris Bremner, der Teil 3 auch geschrieben hat, hat bereits eine Idee. Wir arbeiten also gerade am Drehbuch für „Bad Boys 4“.
FILMSTARTS: Ist es heutzutage schwieriger, einen erfolgreichen Actionfilm zu machen als es vielleicht in den 90ern war?
Jerry Bruckheimer: Nein, es ist immer hart. Egal, ob ein Film zehn Millionen oder hundert Millionen kostet, es gibt einfach immer so viele Dinge, die einem im Weg stehen. Eigentlich ist jeder Film, der zustande kommt, ein Wunder.
FILMSTARTS: Und was braucht es, um einen guten Actionfilm abzuliefern?
Jerry Bruckheimer: Es geht immer um eine gute Geschichte, niemals um die Action. Es geht um die Figuren und das, was sie durchleben. Die Action ist bloß die Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Wenn du die beiden auf der Leinwand [Smith und Lawrence] nicht magst, ist es völlig egal, wie groß die Action ist – der Film wäre dann höchstens okay.
Handgemachte Action: "Top Gun 2" & Co.
FILMSTARTS: Mit „Top Gun 2: Maverick“ kommt demnächst schon die nächste Fortsetzung einer deiner Kult-Hits! Die Flugszenen im Trailer sind einfach unglaublich. Inwiefern sind die denn tatsächlich echt?
Jerry Bruckheimer: Ich erzähle dir eine kleine Geschichte: Wir haben bei „Top Gun“ damals alle Schauspieler in die Jets gesteckt, konnten das meiste Material allerdings nicht nutzen, weil sie sich übergeben mussten – alle, bis auf Tom Cruise.
Bei Teil 2 war es Tom jetzt aber wichtig, Schauspieler zu finden, die ebenfalls dazu imstande waren. Wir haben sie erst in Nachbauten gesteckt, um ein Gefühl für das Cockpit zu kommen, danach in einen Simulator, um die Manöver zu testen und dann haben wir sie erst in die F-18-Maschinen gesetzt. Ihnen wurde anfangs trotzdem schlecht, weil das dann doch nochmal was anderes ist, schlussendlich haben sie es aber geschafft. Sie saßen alle im Flugzeug – hinter dem Piloten.
Dass die Bilder so spektakulär sind, haben wir auch unseren neuartigen Kameras zu verdanken, von denen wir jeweils sechs im Cockpit hatten.
FILMSTARTS: Ist das auch etwas, für das Jerry-Bruckheimer-Filme stehen, handgemachte Action? War dir das auch bei „Bad Boys For Life“ wichtig?
Jerry Bruckheimer: Ja, ich will auf jeden Fall, dass meine Actionfilme so echt wie möglich sind! Immer geht das natürlich nicht, weil Stunts manchmal einfach zu gefährlich wären, aber wir versuchen wirklich alles, was nur möglich ist, mit praktischen Effekten umzusetzen.
"Fluch der Karibik 6" und mehr in Arbeit
FILMSTARTS: Nach „Top Gun 2“ kommt auch schon „Beverly Hills Cop 4“. Befinden sich noch weitere Fortsetzungen oder Reboots deiner Kultstoffe in Arbeit?
Jerry Bruckheimer: Natürlich. Solange ich das Gefühl habe, ich kann das Publikum damit unterhalten, bin ich auf jeden Fall an Bord. Wir arbeiten gerade unter anderem an einem dritten „Vermächtnis“-Film mit Nicolas Cage...
FILMSTARTS: Dann auch fürs Kino oder für eine Streamingplattform?
Jerry Bruckheimer: Diese Entscheidung liegt bei Disney.
FILMSTARTS: Können wir auch nach wie vor noch mit „Fluch der Karibik 6“ rechnen?
Jerry Bruckheimer: Ja, wir arbeiten gerade an einem Skript. Mehr kann ich dazu aber nicht sagen.
"Beverly Hills Cop 4" und sein Netflix-Schicksal
FILMSTARTS: „Beverly Hills Cop 4“ erscheint bei Netflix. Warum ist Streaming mittlerweile sogar für große Actionfilme die richtige Wahl?
Jerry Bruckheimer: Das war Paramounts Entscheidung, ich wollte den Film ins Kino bringen. Actionfilme gehören auf die große Leinwand. Wenn es nach mir ginge, würden meine Filme alle ins Kino kommen, aber leider geht es eben nicht immer nach mir.
FILMSTARTS: Du hast als Filmproduzent schon alles erreicht. Was treibt dich jetzt eigentlich noch an?
Jerry Bruckheimer: Weißt du, manchen Menschen macht es Freude, ein Buch zu lesen oder einen Film zu schauen. Mir macht es Spaß, Leute mit Geschichten zu begeistern. Ich mache es sicher nicht für das Geld, mir geht es finanziell wirklich nicht schlecht.
Deswegen mache ich Filme auch am liebsten fürs Kino. Es ist einfach toll, wenn sich Menschen gemeinsam einen Film ansehen, sich mitreißen lassen oder lachen. Dafür mache ich Filme.
FILMSTARTS: Das Action-Genre hat sich allein in den letzten 20 Jahren auch ziemlich verändert. Wie sieht die Zukunft von Actionfilmen aus?
Jerry Bruckheimer: Es wird sie immer geben. [lacht] Aber im Ernst: Wenn ich wüsste, was der nächste Schritt ist, dann wäre ich vermutlich schon da. Aber wir alle wollen einfach nur das machen, was wir gut können – wohin die Reise geht, werden wir dann sehen.
„Bad Boys For Life“ läuft ab dem heutigen 16. Januar 2020 deutschlandweit im Kino.
Bad Boys For Life