Achtung: Spoiler für „Das perfekte Geheimnis“!
Am Ende von „Das perfekte Geheimnis“ sind (fast) alle Geheimnisse, Lügen, dunklen Seiten und Betrügereien der sieben Protagonisten ans Licht gekommen: Der Lehrer Pepe (Florian David Fitz) ist schwul. Leo (Elyas M'Barek) und Carlotta (Karoline Herfurth) sind unglücklich mit ihrem Elternzeit-Arbeits-Arrangement und er ist mit einer Spielplatz-Bekanntschaft fremdgegangen.
Simon (Frederick Lau) hat Bianca (Jella Haase) betrogen und sogar eine Affäre mit der eine Brustvergrößerung anstrebenden Psychotherapeutin Eva (Jessica Schwarz) gehabt. Dabei ist Eva die Ehefrau von Simons gutem Freund Rocco (Wotan Wilke Möhring), der heimlich eine Psychotherapie angefangen hat, obwohl er gegenüber seiner Frau immer behauptet, solche Therapien seien Unsinn.
Happy End für den deutschen Markt
Aber „Das perfekte Geheimnis“ endet trotz all dieser Enthüllungen nicht auf einer düsteren oder tragischen Note. Stattdessen hat Regisseur und Drehbuchautor Bora Dagtekin („Türkisch für Anfänger“, „Fack ju Göhte“-Trilogie) noch eine Reihe von mehr oder weniger glücklichen Enden angehängt, in denen sich die allermeisten Probleme dann doch noch wieder zum Guten wenden:
Leo und Carlotta bleiben zusammen und tauschen wieder in die traditionellen Geschlechterrollen, weshalb sie wieder mit den Kindern auf den Spielplatz geht und dort Leos Affäre eine kathartische Abfuhr erteilt. Und Pepe verzeiht seinen Kumpels, obwohl sich vor allem Simon zwischendurch als homophober Idiot entpuppt hat, nachdem sie zu dritt einen schwulenfeindlichen Vater von einem von Pepes Schülern krankenhausreif geschlagen haben.
Nun könnte man sagen, dass das halt so ist in Komödien. Die haben halt meist ein Rundum-Happy-End. Aber in diesem Fall führt Dagtekin mit dem Finale den satirischen Kern des Stoffes regelrecht ad absurdum – ganz im Gegensatz übrigens zum italienischen Original „Perfect Strangers“ oder dem auf Netflix abrufbaren französischen Remake „Le Jeu - Nichts zu verbergen“, die beide mit einer wunderbar entlarvenden, schön bösen Schlusspointe enden.
So anders ist das Ende im Original
In „Perfect Strangers“ und „Nichts zu verbergen“ stellt sich nämlich am Schluss heraus, dass das Spiel mit den Handys überhaupt nie stattgefunden hat, sondern nach dem ersten Vorschlag sofort von den anderen abgelehnt wurde. Die sieben „Freunde“ haben also nie wirklich ihre Handys auf den Tisch gepackt und alle eingehenden Nachrichten vorgelesen und Anrufe auf Lautsprecher geschaltet. Stattdessen bleiben nach diesem Zurückspringen in der Handlung alle Lügen weiter im Verborgenen.
Die während der vorherigen 90 Minuten für das Publikum enthüllten Geheimnisse sind aber trotzdem wahr, was in den nächsten Szenen nach dem Twist (in der französischen Version verlässt ein Paar streitend die Wohnung und als es unten an der Haustür ankommt, ist es plötzlich so, als hätte das Spiel nie stattgefunden, was womöglich auch etwas mit der speziellen Mondkonstellation an dem Abend zu tun hat) auch sofort deutlich wird: Es werden wieder heimlich Nacktfotos verschickt und die Kollegin beim Taxidienst ist tatsächlich schwanger.
Damit weiß der Zuschauer plötzlich mehr über die Figuren als sie selbst. Während in der Runde plötzlich alles wieder „gut“ ist, weiß das Publikum, dass da gerade auch ein paar ziemliche Unsympathen den Abend miteinander verbracht haben, die wahrscheinlich überhaupt nur miteinander befreundet sein können, weil sie die Geheimnisse der anderen nicht kennen.
Überhaupt eine interessante Idee: Könnte man mit jemandem befreundet sein, wenn man tatsächlich alles über ihn und seine Gedanken weiß? In „Das perfekte Geheimnis“ gibt es dank des hinzugefügten Happy Ends eine eindeutige, aber wenig überzeugende Antwort: Ja, überhaupt kein Problem! Die früheren Verfilmungen fordern ihr Publikum da doch eine ganze Ecke mehr heraus.
„Das perfekte Geheimnis“ läuft seit dem 31. Oktober 2019 in den deutschen Kinos.