„Joker“ ist in den USA bereits am 4. Oktober 2019 angelaufen, so dass nach dem Startwochenende nicht nur die Meldung vom größten Oktober-Start in der US-Kinogeschichte die Runde machte, sondern auch Berichte von Personen, die aufgrund der Gewaltdarstellung reihenweise aus den Kinos stürmten.
Ist „Joker“ also wirklich ein so schockierender, brutaler Film? Ist der Gewaltgrad so hoch, dass das Publikum das überhaupt nicht aushalten kann? Nein, natürlich nicht.
Drei Tweets sind noch kein Trend
Zum einen ist große Vorsicht und Skepsis angebracht, wenn in Überschriften der Eindruck erweckt wird, „Joker“ würde für Massenflucht aus den Kinosälen sorgen, als „Beweis“ dafür dann aber nur drei Tweets eingebettet werden, in denen Zuschauer berichten, dass sie das Kino (aus sehr unterschiedlichen Gründen!) verlassen hätten.
Wie immer gilt also: Ein paar vereinzelte Wortmeldungen in den sozialen Medien machen eben noch keine Hysterie – es ist also schlicht und ergreifend falsch, dass die US-Zuschauer massenhaft den Kinosaal verlassen hätten.
Starke Zahlen für "Joker"
Ganz im Gegenteil: In den USA spielte „Joker“ am Startwochenende die Rekordsumme von 96 Millionen Dollar ein. Wenn der Film wirklich so unfassbar brutal und verstörend wäre, wäre das Einspielergebnis kaum so hoch ausgefallen. Denn das hätte sich wohl schon während des ersten Wochenendes rumgesprochen.
Und das „Joker“ nicht alle Zuschauer restlos verstört haben kann, beweisen auch andere Zahlen: „Joker“ hat in den USA den CinemaScore B+ erhalten. Für diesen Score werden Zuschauer in vielen großen Städten der USA direkt nach der Vorstellung befragt. Anders als bei Film-Communities wie der IMDb oder auch Filmstarts sind also auch Zuschauer darunter, die sich nicht täglich mit dem Thema Film beschäftigen.
B+ (entspricht einer 2+ in Deutschland) ist bei weitem kein überragendes Ergebnis, „Joker“ ist also kein gefälliger, harmloser Blockbuster. Ein verstörender Publikumsschocker, der das Publikum vor den Kopf stößt, sieht aber auch anders aus (der meisterhafte, aber eben auch schwer verdauliche Horrorfilm „Hereditary“ erhielt etwa ein D+, also eine 4+).
Viel Lärm um nichts
Auch die Branchenexperten von Deadline kommen zu dem Schluss, dass an der Aufregung um „Joker“ nichts dran ist: „Zieht man das die Erwartungen übertreffende Einspielergebnis und die soliden Ausgangsbefragungen heran, dann widerspricht das den anekdotischen Berichten von ‚Publikumsflucht überall auf der Welt‘ oder Geldeinbußen wegen Sicherheitsbedenken.“
Ein anderes großes Aufreger-Thema, nämlich die Angst vor möglichen Anschlägen oder Amokläufen in den USA, hat also ebenfalls keine wirklichen Auswirkungen auf den Erfolg von„Joker“ gehabt – und auch nicht massenweise Zuschauer von den Kinos ferngehalten.
Wie brutal ist "Joker" denn nun wirklich?
Wir haben den DC-Film bereits bei der Weltpremiere in Venedig sowie später bei der deutschen Pressevorführung gesehen und können uns der Einschätzung der FSK in Deutschland eigentlich nur voll und ganz anschließen: Eine Freigabe ab 16 Jahren empfinden wir als angemessen.
Denn streng genommen gibt es in „Joker“ nur zwei Gewaltspitzen, die zwar im Vergleich zu anderen Superheldenfilmen sehr blutig und ernsthaft ausfallen, auf die Gesamtlaufzeit von zwei Stunden und zwei Minuten allerdings auch ziemlich weit verteilt sind. Welche das sind, wollen wir aus Spoiler-Gründen hier nicht verraten.
„Joker“ läuft seit dem 10. Oktober 2019 in den deutschen Kinos.
"Joker" ohne DCEU: Warum sich das Experiment jetzt schon gelohnt hat