„Joker“ scheint mit einer nahezu perfekten Einstellung des berühmten Batman-Bösewichts zu enden: Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) tanzt auf der Motorhaube des verunglückten Polizeiwagens, während ihm die durch seine Taten aufgestachelten Joker-Nachahmer zujubeln. Arthur hebt den Kopf und zieht mit dem Blut, das ihm aus dem Mund läuft, die blutrote Clowns-Fratze auf seinem Gesicht nach.
Hier hätte Regisseur Todd Phillips „Joker“ enden lassen können, doch er entscheidet sich für eine Art Epilog: In einer weiteren Szene sehen wir Arthur in weißer Insassenkluft im Arkham State Hospital im Gespräch mit einer Psychiaterin oder Betreuerin. Eine denkbar einfach verständliche Szene – oder etwa doch nicht?
Der Joker ist geboren
Zuerst einmal das offensichtliche: Die Psychiaterin fragt Arthur, was er so lustig findet, woraufhin er antwortet, dass sie den Witz, an den er gerade denkt, sowieso nicht verstehen würde. Danach sehen wir ihn durch die Gänge von Arkham stolzieren und vor einem Wärter davonrennen, wobei er rote Fußabdrücke hinterlässt.
Es ist also klar: Irgendwie hat es Arthur geschafft, sich von seinen Handschellen zu befreien und die Betreuerin zu ermorden – die roten Fußabdrücke stammen von ihrem Blut. Offenbar hat sich Arthur hier also endgültig vom missverstandenen, von der Gesellschaft herumgeschubsten Außenseiter, der unversehens zu einem Symbol des Widerstands wird und aus Notwehr oder im Affekt tötet, zu dem durchgeknallten, mörderischen Batman-Schurken gewandelt, den man aus den Comics kennt.
Alles nur gelogen?
Doch es gibt auch noch eine zweite Interpretationsmöglichkeit: Womöglich war die Handlung des ganzen Films frei erfunden. Es ist gut möglich, dass Arthur in Wahrheit die ganze Zeit über an dem Tisch in Arkham saß und seiner Betreuerin die komplett fiktive Geschichte erzählt hat, die wir in „Joker“ sehen.
Genügend Anhaltspunkte dafür gibt es in „Joker“ ohne Frage. Bereits im Film wird etwa anhand der Szenen mit Sophie (Zazie Beetz) etabliert, dass nicht alles so ist wie es scheint, denn die gemeinsamen Szenen mit den beiden gab es nur in Arthurs Fantasie. Und erfahren wir nicht an einer Stelle, dass Arthur in der Vergangenheit in Arkham einsaß? Womöglich hat das Krankenhaus also nie verlassen, sondern war die ganze Zeit dort.
Keine offizielle Lesart
Regisseur Todd Phillips wollte gegenüber der LA Times übrigens keine der beiden Lesarten bestätigen. „Es gibt viele Möglichkeiten, wie man diesen Film betrachten könnte. Zum Beispiel: ‚Das ist nur eine von seinen Multiple-Choice-Geschichten. Nichts davon ist passiert.‘“
Er wolle nicht sagen, welche Interpretation denn nun die richtige sei, fuhr Phillips fort. „Aber viele Leute, denen ich den Film gezeigt habe, haben gesagt „Oh, ich verstehe. Er hat sich eine Geschichte ausgedacht. Der ganze Film ist ein Witz. Nur etwas, das dieser Typ im Arkham Asylum ausgebrütet hat. Vielleicht ist er gar nicht der Joker.‘“
Ganz so einfach und selbsterklärend ist das Finale also nicht. Wie habt ihr das Ende von „Joker“ verstanden? Welche Möglichkeit haltet ihr für wahrscheinlicher? Und glaubt ihr, dass Arthur Fleck der Joker in „Joker“ ist?
Darum gibt es in "Joker" keine Post-Credit-Szene