Achtung, der folgende Text enthält Spoiler zu „Once Upon A Time… In Hollywood“!
Dass Quentin Tarantinos Filme untereinander verbunden sind, ist vielen Fans schon lange bewusst. Offensichtlich wird das insbesondere bei den Figuren, die sich filmübergreifend einen Nachnamen und damit vielleicht auch ein Verwandtschaftsverhältnis teilen. Vincent Vega (John Travolta) aus „Pulp Fiction“ ist wohl der Bruder des Schlitzohrs Vic Vega (Michael Madsen) aus „Reservoir Dogs“, die Braut (Uma Thurman) wird im Grab einer „Paula Schulz“ beerdigt, die die Frau (oder Nachfahrin) von Dr. King Schultz (Christoph Waltz) aus „Django Unchained“ sein könnte (Schreibweise hin oder her).
Lieb gewonnen haben die Fans auch typische Tarantino-Erkennungszeichen wie die Red Apple Cigarettes oder die Fast-Food-Kette Big Kahuna Burger, die schon in „Reservoir Dogs“ auftaucht, aber in „Pulp Fiction“ ihren wahrscheinlich prominentesten Auftritt feiert.
Ein Regisseur, zwei Universen
All diese Querverbindungen haben das Gerücht befeuert, dass Tarantinos Filme in ein und demselben Universum spielen könnten – eine von einigen Fans in Anlehnung an das Marvel Cinematic Universe auch eher scherzhaft „TCU“ („Tarantino Cinematic Universe“) benannte Welt, in der Figuren über verschiedene Filme hinweg in Zusammenhang stehen und die nach bestimmten Kriterien funktioniert. Quentin Tarantino selbst bestätigte die Gerüchte dann in einem Interview in der australischen TV-Sendung The Project:
„Es gibt das realer-als-die-Realität-Universum, das von allen Figuren bevölkert wird. Aber dann ist da noch das Filmuniversum. Filme wie ‚From Dusk Till Dawn‘ und ‚Kill Bill‘ spielen in diesem speziellen Filmuniversum. Wenn also die Figuren aus ‚Reservoir Dogs‘ oder ‚Pulp Fiction‘ ins Kino gehen, schauen sie sich ‚Kill Bill‘ oder ‚From Dusk Till Dawn‘ an.“
„Once Upon A Time... In Hollywood“ verbindet beide Universen
Jetzt ist „Once Upon A Time... In Hollywood“ aber ein Film, in dem nicht nur über das Kino geredet wird, sondern der sich komplett ums Hollywood-Kino dreht, die Grenzen also verschwimmen lässt – mit anderen Worten: Aldo Raine (Brad Pitt) gibt es als Nazijäger nur in einem Universum. Aber Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) gibt es sowohl als Figur, die sich mit ihrem Stuntdouble Cliff Booth (ebenfalls Brad Pitt) betrinkt, als auch in diversen Rollen wie Nebraska Jim oder Caleb DeCoteau. In welchem Universum spielt also „Once Upon A Time... In Hollywood“?
Vermutlich zeigt „Once Upon A Time“ beide Universen auf einmal. Die Handlung um Dalton, Booth, Sharon Tate (Margot Robbie) und die Manson-Bande spielt dann im „realer-als-die-Realität“-Universum, das sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass historische Tatsachen, insbesondere Verbrechen, durch die Figuren verhindert oder gerächt werden, wie es die tatsächliche Geschichte nicht zugelassen hat – man denke an die „Basterds“, die Hitler töten, Django, der sich an seinen weißen Peinigern rächt, oder nun eben Rick Dalton und Cliff Booth, die der Manson-Gang mit Prügel, Pitbull und Flammenwerfer den Garaus machen.
Rick Daltons Filme gehören dann ins Filmuniversum, zu dem eben auch „Kill Bill“ oder „From Dusk Till Dawn“ gehören – eine skurril-bunte und ultrabrutale Parallelwelt, die näher an Comics als an historischen Bezügen dran ist, in der Kung-Fu-Techniken ein Herz zum Explodieren bringen („Kill Bill“), oder eine Striptease-Bar das Tor zur Unterwelt darstellt („From Dusk Till Dawn“).
Wie hängen beide Universen zusammen?
Laut Tarantino schauen sich Figuren aus dem „realen“ Universum Figuren aus dem „Filmuniversum“ im Kino an. Für „Once Upon A Time... In Hollywood“ ist dafür vor allem Rick Daltons Szene aus „The 14 Fists of McCluskey“ interessant, der sich stark auf „Inglourious Basterds“ bezieht (in beiden Filmen werden Nazigrößen von einer Galerie herab abgeschlachtet). Man könnte also argumentieren, dass Aldo Raine aus dem „realen“ Universum das Vorbild für McCluskey im Filmuniversum liefert.
Es wäre nicht das erste Mal, dass Tarantino seine Universen auf diese Weise verbindet: In der berühmten 50er-Bar-Szene in „Pulp Fiction“ erzählt Mia Wallace (Uma Thurman) Vince Vega von einer Rolle in der fiktionalen Actionserie „Fox Force Five“, deren Protagonistinnen stark den Attentäterinnen aus „Kill Bill“ ähneln – eine ist die „tödlichste Frau auf der Welt mit einem Messer“ (Beatrix Kiddo), eine ist eine schwarze Sprengstoffexpertin (Vernita Green), es gibt eine asiatische Kung-Fu-Meisterin (O-Ren Ishii) und eine Französin (Sofie Fatale) im Team. Tarantino dreht also gewissermaßen nicht nur Filme für uns oder sich selbst – sondern auch für seine eigenen Figuren.
„Once Upon A Time… In Hollywood“ ist seit dem 15. August 2019 in den deutschen Kinos zu sehen.
Brad Pitt hat offenbar das größte Geheimnis von "Once Upon A Time In Hollywood" ausgeplappert!