Achtung, Spoiler: Wir verraten die Handlung von „Once Upon A Time… In Hollywood”!
Auf die Frage, ob „Once Upon A Time… In Hollywood“ ein Film über Kommunen-Anführer Charles Manson sei, antwortete Quentin Tarantino gegenüber indiewire: „Es geht nicht um Charles Manson, es geht um 1969.“ Tarantino hat Wort gehalten – sein Film ist ein sonniges Werk über ein Hollywood im Umbruch geworden, in dem ein älterer Schauspieler und sein Stuntman mit den Zeichen ihrer Zeit konfrontiert werden und Manson sowie seine mörderischen Schergen, von denen einige die schwangere Sharon Tate und ihre Gäste brutal töteten, keine zentrale Rolle spielen. Zumindest erst mal nicht.
Dabei mischt Tarantino Realität und Fiktion. Viele Figuren gab es wirklich: Charles Manson (Damon Herriman), Sharon Tate (Margot Robbie), Steve McQueen (Damian Lewis), Roman Polanski (Rafal Zawierucha) und Bruce Lee (Mike Moh). Doch die Hauptfiguren, Schauspieler Rick (Leonardo DiCaprio) und Stuntdouble Cliff (Brad Pitt), sind zwar an reale Vorbilder angelehnt, aber erfunden.
Und vor allem: Sharon Tate stirbt nicht und auch keiner ihrer Freunde! Denn Tarantino dreht in „Once Upon A Time… In Hollywood“ den Spieß mit einer fast körperlich spürbaren diebischen Freude einfach um. Die Mörder brechen statt bei Tate im Haus von Rick Dalton ein und werden von ihm, Cliff Booth und seinem Pit Bull Brandy mit Faustschlägen, Beißattacken und Ricks Flammenwerfer aus „The 14 Fists Of McCluskey“ brachial zur Strecke gebracht.
Ok, am Ende also erträumt Tarantino die Rettung von Sharon Tate, die ihr in echt verwehrt blieb. Dennoch ist vieles im Film eng an die Realität angelehnt:
Die Spahn-Ranch gab es wirklich
In „Once Upon A Time… In Hollywood“ lotst die junge Anhalterin Pussycat (Margaret Qualley) Cliff Booth zur Spahn Movie Ranch. Dort besucht Cliff den alten Besitzer George Spahn (Bruce Dern) gegen den Willen der dort lebenden Manson-Family, insbesondere gegen den Willen von Squeaky (Dakota Fanning), Tex (Austin Butler) und Clem (James Landry Hébert).
Das Setting entspricht der Wahrheit: In den späten 60ern erlaubte es der Farmer George Spahn tatsächlich, dass die Mitglieder der Manson-Family auf seiner zuvor öfters für Westernfilme genutzten Ranch leben – nach Aussagen mehrerer Mitglieder des Manson-Clans auch gegen sexuelle Gegenleistungen. Zum Zeitpunkt der Tate-Morde war Spahn, wie im Film dargestellt, blind. Teil des Deals mit Mansons Gruppe war auch die Pflege der Pferde und der Betrieb eines Ausritt-Services für Touristen, den wir im Film sehen.
Das Gebiet der Spahn Ranch liegt etwa 50 Kilometer nordwestlich von Los Angeles. Etwa ein Jahr nach den Tate-Morden und dem Räumen der Ranch durch die Polizei brannten sämtliche Gebäude auf dem Gelände ab. Heute ist das Gelände Teil eines Naturparks.
Viele Details zur Manson-Familie stimmen
Die Mansons trampten tatsächlich gerne: Mitglieder rekrutierten neue Anwärter oder erschlossen neue Verstecke durch die Autofahrer, bei denen sie mitfuhren. Dennis Wilson von den Beach Boys nahm einmal durch Zufall zwei Mitglieder des Clans mit und brachte sie zu sich nach Hause. Als er von einer Aufnahmesession nach Hause zurückkehrte, war dieses von Charles Manson und seinen Anhängern besetzt. In der nächsten Zeit nahmen sie ihn unter anderem zum Containern mit, das im Film ebenfalls dargestellt wird. Das Lied, das Mansons Anhänger dabei singen, stammt übrigens tatsächlich von ihm und heißt „Always Is Always Forever“. Manson war Musiker.
Viele im Film dargestellte Mitglieder des Kults existierten tatsächlich und sind ihren realen Vorbildern in den Eigenschaften nachempfunden: Charles „Tex“ Watson war nach Charles Manson die Nummer zwei, während Steve „Clem“ Grogan, dem Cliff Booth in „Once Upon A Time“ für das Zerstechen seiner Reifen das Gesicht poliert, wohl ähnlich eingeschränkt war wie sein filmisches Abbild. Sein Todesurteil wurde einst durch einen Richter in lebenslängliches Gefängnis umgewandelt, da Grogan „zu dämlich und zu sehr auf Drogen sei, um irgendetwas selbst entscheiden zu können.“
"I’m the devil, and I’m here to do the devil’s work"
In „Once Upon A Time… In Hollywood“ wird Cliff Booth in der Mordnacht von drei Manson-Schergen bedroht. Unter ihnen ist Tex Watson, der auf Booth anlegt und zu ihm sagt: „I’m the devil, and I’m here to do the devil’s work.“ Leider ist dieser sadistische Spruch keine reine Erfindung. Nach einem Bericht von Vincent Bugliosi, dem Chefankläger im Manson-Prozess, sprach der reale Tex Watson einen ähnlichen Satz in der Mordnacht gegenüber einem seiner Opfer aus, der genaue Wortlaut war allerdings „I’m the devil and I’m here to do the devil’s business.“
Manson suchte Tate tatsächlich vor den Morden auf
Im Film treibt sich Manson auf der Suche nach einem gewissen „Terry“ auf Tates Gelände herum, wird aber von einem ihrer Gäste konfrontiert und weggeschickt. Tatsächlich suchte Manson das Tate/Polanski-Anwesen im März 1969 auf. Er war auf der Suche nach Musikproduzent Terry Melcher, der zuvor auf dem Grundstück gewohnt und den ihm Beach Boy Dennis Wilson für mögliche Aufnahmesessions vermittelt hatte.
Eine der Theorien für die Hintergründe der Morde war, dass Manson Melcher durch die Morde an seinen Nachmietern einschüchtern oder sich an ihm rächen wollte – denn dieser hatte sich geweigert, seine Songs aufzunehmen. Als Manson das Anwesen im März 1969 aufsuchte, war Tate tatsächlich mit ihren Gästen allein, da Polanski in Europa den Film „Der Tag der Delphine“ vorbereitete.
Steve McQueen und Sharon Tate haben tatsächlich zusammen gefeiert
In einer Partyszene in „Once Upon A Time… In Hollywood“ tanzt Sharon Tate mit dem Star-Friseur Jay Sebring (Emile Hirsch) und zwei Freudinnen und Mitgliedern der Folk-Band The Mamas And The Papas, Cass Elliot (Rachel Redleaf) und Michelle Philips (Rebecca Rittenhouse), während Steve McQueen das Ganze kommentiert. Die Szene soll nicht nur den gehobenen Party-Lifestyle der 60er verdeutlichen, sondern hätte sich auch in der Realität sehr wahrscheinlich so zutragen können: McQueen kannte Tate über Elliot und Philips, Sebring war häufig sein Hairstylist.
Es gibt tatsächlich Fotos, auf denen McQueen mit Tate und Polanski auf Partys gezeigt wird – laut den Worten seiner Witwe sollte er am Abend der Manson-Morde sogar bei Sharon Tate zu Abend essen. „Er traf dann aber zufällig irgendein Mädchen und ging lieber mit ihr mit.“ Wenn die Geschichte stimmt, hat ihm sein Trieb das Leben gerettet. McQueen stand offenbar auf Mansons Abschussliste, da der Hollywood-Star ihm bei einer Auseinandersetzung die Nase gebrochen hatte.
Jay Sebring war tatsächlich Sharon Tates Ex-Freund
In der Partyszene des Films wird auch die Verbindung zwischen Sebring, Polanski und Tate deutlich. McQueen lässt Sebring wie ein drittes Rad am Wagen aussehen, das nur mit dem Ehepaar herumhängt, weil er es nicht verwunden hat, von Tate durch Polanski ersetzt worden zu sein. Tatsache ist, dass Tate etwa zwei Jahre mit Sebring zusammen war und er sie sogar heiraten wollte, bevor sie Polanski traf. Mit diesem freundete er sich aber offensichtlich in Rekordzeit an und war auch nach der Hochzeit von Tate und Polanski ein häufiger Gast auf deren Anwesen – selbst dann, wenn Polanski nicht zuhause war, wie etwa in der Nacht der Morde.
„Once Upon A Time… In Hollywood” läuft seit dem 15. August 2019 deutschlandweit im Kino.
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