Fast können einem die Marketing-Verantwortlichen von „Abikalypse“ ein bisschen leidtun: Nicht, weil die Schul-Komödie von Regisseur Adolfo Kolmerer ein schlechter Film wäre, ganz im Gegenteil. Aber es ist eben wesentlich leichter, einen neuen „Fack ju Göhte“ oder ein deutsches „Project X“ zu vermarkten – doch eine knallbunte, versaute Komödie über die krasseste Abi-Party aller Zeiten ist „Abikalypse“ trotz des nach Partyexzess klingenden Titels nun wirklich nicht.
Trotzdem soll der Trailer offenbar genau so einen Partyfilm verkaufen: Das Vorschauvideo beginnt mit elektronischer Musik und den Worten „Das Leben ist eine einzige Party“, dazu sehen wir Bilder von tanzenden Jugendlichen. Nur die wenigsten Einstellungen in dem knapp eine Minute langen Trailer zeigen keine Party, keine tanzenden Menschen oder irgendwelche verrückten Autoverfolgungsjagden:
Der Trailer lügt
Doch damit weckt der Trailer die falschen Erwartungen: „Abikalypse“ ist nämlich eher ein „durchgängig charmanter Film über Freundschaft und das Erwachsenwerden der Generation Instagram“, wie FILMSTARTS-Autorin Karin Jirsak-Biemann in ihrer 3,5-Sterne-Kritik schreibt. Zwar dreht sich die Handlung darum, dass die Außenseiter Hannah (Lea van Acken), Yannick (Jerry Hoffmann) und Tom (Lucas Reiber) gemeinsam mit ihrem Freund Musti (Reza Brojerdi) die Abi-Party ihres Jahrgangs organisieren müssen, nachdem dieser vollmundig die größte Feier aller Zeiten angekündigt hat.
Doch das zentrale Thema des Films ist eben nicht Feiern, sondern die Angst der vier jungen Protagonisten vor der Zukunft, die Kolmerer in starken, immer wieder eingestreuten Albtraumsequenzen visualisiert. Tom sieht etwa sein zukünftiges Leben mit Hannah vor sich (die beiden sind ineinander verliebt, wissen aber nicht, ob sie ihre Freundschaft riskieren wollen), vom ersten Glücksgefühl über das gemeinsame Kind bis zur hässlichen Scheidung. Und Musti, der einfach nur dazugehören möchte, findet in seiner Vision kein Gehör bei seinen Klassenkameraden, während er selbst immer weiter schrumpft.
Social-Media-Satire
Die Generation Instagram hat es zwischen Selbstinszenierung im Netz und Selbstfindung im echten Leben nicht leicht und dafür zeigt Kolmerer durchaus Verständnis und Mitleid. Doch gleichzeitig ist nicht schwer zu sehen, was von beiden der Regisseur für wichtiger hält. Immer wieder baut Kolmerer nämlich Seitenhiebe auf die Auswüchse der Social-Media-Kultur ein.
„Wenn zum Beispiel beim Zelten am See eine Challenge ausgerufen wird, bei der sich alle mit Brennnesseln das Gesicht einreiben, danach Selfies machen und der Gewinner mit den meisten Instagram-Likes für diese Dokumentation gnadenloser Blödheit anschließend mit der Krankentrage abtransportiert wird, ist das schon ein ganz schön bissiger Kommentar“, heißt es dazu in unserer Kritik.
„Abikalypse“ läuft seit dem 25. Juli 2019 in den deutschen Kinos und ist durchaus einen Blick wert – solange man weiß, worauf man sich einlässt.
Abikalypse