Die „Spider-Man“-Filme zu schauen, ist gar nicht mehr so einfach wie früher. Zu Zeiten von Tobey Maguire und Andrew Garfield baute jeder neue „Spider-Man“ auf den vorherigen auf – inzwischen aber gehört der Spinnenmann Peter Parker ins Marvel Cinematic Universe und daher findet seine Geschichte längst nicht mehr ausschließlich in den Filmen statt, die „Spider-Man“ im Titel tragen. So lernten wir den von Newcomer Tom Holland gespielten Spidey ja auch nicht erst in „Spider-Man: Homecoming“ kennen, sondern in „Captain America 3: Civil War“, wo er von Tony Stark (Robert Downey Jr.) mit High-Tech-Equipment versorgt und für die Konfrontation der Helden-Teams eingeflogen wurde.
Gerade stieß Tom Holland ein paar Zuschauer vor den Kopf, die ihn in der britischen Late Night Show von Graham Norton gesehen hatten: Da bewarb er „Spider-Man: Far From Home“ und verriet dabei, dass Iron Man in „Avengers 4: Endgame“ stirbt. Aber Holland wollte damit niemand ärgern. Er wollte einfach über den neuen „Spider-Man“ reden – und da dieser Film nun mal eine direkte Fortführung von „Endgame“ ist, geht das nicht, ohne über den großen Tod zu sprechen. Wo Maguire und Garfield nur in drei bzw. zwei Filmen zu sehen waren, drehte Tom Holland bereits fünf Spidey-Abenteuer: „Civil War“, „Spider-Man: Homecoming“, „Avengers 3“, „Avengers 4“ und „Spider-Man: Far From Home“. „Avengers 4“ hat dabei zentrale Bedeutung.
Menschen waren fünf Jahre weg
Diese große Überraschung in „Endgame“ hatte kaum jemand auf dem Schirm: Im Film passiert ein Zeitsprung von fünf Jahren, nachdem Thanos geköpft wurde, die weggeschnipsten Menschen und sonstigen Wesen des Universums aber eben nicht zurückgebracht werden konnten. Zum Schluss kommen die Verschwundenen zwar zurück, inklusive Peter Parker – aber sie haben eben fünf Jahre verpasst. Ihre Familie, Partner, Freunde und Kollegen haben sich weiterentwickelt: Manch einer hat neu geheiratet, jemand anderes ist tot. In „Spider-Man: Far From Home“ müssen die zwischenzeitlich verschwundenen Menschen damit klarkommen, dass andere Menschen plötzlich fünf Jahre weiter sind. Wer den neuen „Spider-Man“ guckt, ohne „Avengers 4“ gesehen zu haben, dürfte sich selbst ein bisschen wie einer dieser ahnungslosen Rückkehrer fühlen.
Iron Man ist der neue Onkel Ben
Nirgends ist die Geschichte des neuen Kino-„Spider-Man“ so gut mit dem über Jahre etablierten Marvel Cinematic Universe verzahnt wie bei der Figur Tony Stark / Iron Man. Oder weniger technisch formuliert: In Stark hat Peter Parker einen Ersatzvater gefunden, der ein Vorbild war, der ihn genervt hat, wann immer sich Peter, der unbedingt ein Avengers werden wollte, zurückgedrängt fühlte – und der ihm nach seinem Opfertod sehr fehlen wird. Iron Man stirbt, weil das der Preis ist, um die zu Asche zerfallenen Menschen und Wesen zurückzuholen. Mit diesem tragischen Opfer endet die Geschichte eines genialen Mannes, dem es am Anfang ausschließlich um sich selbst ging. Gleichzeitig sehen wir hier die „Onkel Ben“-Interpretation des Marvel Cinematic Universe.
Peter Parker war immer eine Figur, der Bezugspersonen fehlten: erst seine Eltern, dann Onkel Ben, der ihm vor seinem Tod noch den oft zitierten Leitspruch „aus großer Kraft folgt große Verantwortung“ mit auf den Weg gibt, eines der bekanntesten Zitate der Comic-Geschichte. Aber Onkel Ben spielt im MCU keine Rolle – sein Pendant heißt Iron Man.
Neue Welt in "Far From Home"
In „Far From Home” findet sich Peter Parker in einer Welt wieder, in der die Hälfte der Menschheit fünf Jahre weiter ist als er – und in der es seinen Mentor nicht mehr gibt. Peter konnte sich nicht mal anständig verabschieden, denn als er Tony am Ende von „Avengers 4“ findet, liegt dieser bereits im Sterben. Er kann nichts mehr sagen. Aber die Folge für „Far From Home“ ist nicht nur, dass Peter mit einem großen Verlust umgehen muss.
Er muss auch entscheiden, ob und wie er die Lücke füllen wird, die Tony Stark hinterlässt. Will Peter Parker, der bei Stark gelernt hat und dessen Technik am Körper trägt, nur New York verteidigen, oder die ganze Welt? Wurde der Wunsch, ein Avenger zu werden, nur aus jugendlich-naivem Überschwang geboren, oder wird Peter Parker der neue Iron Man?
„Spider-Man: Far From Home” läuft ab 4. Juli 2019 in den deutschen Kinos.
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