Achtung, der folgende Text enthält Spoiler zu „Black Panther“ und „Aquaman“!
Sowohl „Aquaman“ als auch „Black Panther“ sind Comicverfilmungen aus dem Jahr 2018 und es geht darin um einen Superhelden, der gleichzeitig ein König ist. Dort hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf, dachte ich eigentlich. Doch als ich „Black Panther“ kürzlich noch einmal gesehen habe, habe ich festgestellt, dass es zahlreiche viele weitere Parallelen zwischen den beiden Superheldenfilmen gibt.
Und damit meine ich nicht, dass sowohl in „Aquaman“ als auch in „Black Panther“ eine neue, fantastische und nicht real existierende Kultur gezeigt wird. Sowohl Atlantis als auch Wakanda wurden bekanntlich in vorherigen Filmen bereits angeteast – Atlantis in „Justice League“ und Wakanda in der Mid-Credit-Szene von „Civil War“ –, doch erst in den beiden Solofilmen bekamen wir die beiden Reiche wirklich zu sehen.
Der (ver-)zweifelnde König
Denn wichtiger als die Kulisse vor der „Aquaman“ und „Black Panther“ spielen, sind die handelnden Figuren. Und tatsächlich ähneln sich auch die beiden Haupt- und Titelfiguren, auch wenn sie ganz unterschiedliche Superkräfte haben. Beide Könige zweifeln nämlich an ihrer Berufung und verzweifeln teilweise an ihren Aufgaben: T’Challa (Chadwick Boseman) wird schon direkt am Anfang von „Black Panther“ zum König gekrönt, gerät jedoch im Laufe des Films ins Grübeln, als er erfährt, dass sein Vater T’Chaka (John Kani) vor vielen Jahren seinen Onkel N’Jobu (Sterling K. Brown) umgebracht hat und dessen Sohn N'Jadaka alias Erik (Seth Carr) allein in den USA zurückgelassen hat. Dadurch und durch den Konflikt mit dem erwachsenen Erik (auf den ich später noch einmal zu sprechen kommen werde) beginnt er auch, an Wakandas bisheriger Politik der Nichteinmischung und Abschottung zu zweifeln.
Arthur Curry (Jason Momoa) hat hingegen zunächst gar keine Lust auf die Königswürde und lässt sich nur widerwillig dazu überreden, seinem Halbbruder Orm (Patrick Wilson) überhaupt den Thron streitig zu machen, weil er sich nicht sicher ist, ob er als König geeignet ist. Genau das sagt er auch zu Mera (Amber Heard), als sie ihn nach Atlantis mitnehmen will. Da er an der Oberfläche unter Menschen aufgewachsen ist, ist vieles in dem Unterwasserreich für ihn fremd – und mit der Politik seines Bruders, der die Sieben Königreiche von Atlantis gegen die Menschen vereinen will, ist er kein bisschen einverstanden.
Der Bösewicht
Dabei hat Orm sogar einen guten Grund für seinen Hass auf die Oberflächenbewohner, schließlich verwüsten und verpesten diese seit Jahrzehnten die Meere, seine Heimat. Nicht nur in dieser Hinsicht ähnelt der Bösewicht aus „Aquaman“ dem Hauptwidersacher aus „Black Panther“, also Erik Killmonger (Michael B. Jordan). Denn beide Schurken werden von einer nachvollziehbaren und im Grunde genommen völlig richtigen Motivation angetrieben: Orm will die Verschmutzung der Meere stoppen und Killmonger will der Unterdrückung und Ausbeutung von nicht-weißen Menschen auf der ganzen Welt ein Ende bereiten.
Problematisch und moralisch verwerflich sind lediglich die Methoden, die Orm und Killmonger zur Umsetzung ihrer Ziele anwenden. Beide versuchen nämlich, die Ungerechtigkeit durch Gewalt und Krieg aus der Welt zu schaffen und neben gleichgültig zahllose Todesopfer in Kauf: Orm plant einen Angriff der Unterwasservölker auf die Menschen und Killmonger will einen Aufstand der Unterdrückten mit wakandanischen Waffen auslösen.
Beide Bösewichte scheitern schlussendlich, auch das haben sie also gemein, doch es gibt auch einen wichtigen Unterschied: Während Killmonger immerhin erreicht, dass sich Wakanda der Welt öffnet und versucht, mit Stiftungen und gemeinnütziger Arbeit für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, wird in „Aquaman“ gar nicht darauf eingegangen, dass Orm ja eigentlich auch irgendwie Recht hat. Womöglich wächst Arthur dann erst in „Aquaman 2“ in seine Rolle als Beschützer der Meere hinein.
Zwei Duelle
Die Gemeinsamkeiten zwischen „Aquaman“ und „Black Panther“ betreffen jedoch nicht nur das Setting und die Figuren, sondern auch die Struktur der Handlung. So kommt es etwa in beiden Filmen zu jeweils zwei Duellen zwischen Held und Schurke. Das erste Duell (das in der Unterwasserarena in „Aquaman“ und das am Wasserfall in „Black Panther“) geht dabei klar an die Bösewichte, also Orm und Killmonger, was vor allem daran liegt, dass die beiden zweifelnden Helden nicht mit ganzem Herzen bei der Sache sind und im Gegensatz zu den Schurken nicht hundertprozentig an ihren Erfolg glauben.
Arthur und T’Challa müssen also eine schwere Niederlage verkraften, kämpfen sich jedoch zurück und treten schließlich am Ende des Films weiser und stärker zu einem erneuten Kampf gegen ihren jeweiligen Widersacher an: Arthur besiegt Orm beim Duell auf dem Deck eines atlantischen U-Boots und T’Challa tötet Killmonger nach einem Kampf in Shuris Labor. Die Zweifel der Protagonisten sind damit Geschichte und beiden Helden akzeptieren ihre Königsrolle nun voll und ganz.
Kein Plagiatsvorwurf
Wenn man die Figurenkonstellation und die Struktur des Plots genauer anschaut, gibt es zwischen „Aquaman“ und „Black Panther“ also tatsächlich jede Menge Gemeinsamkeiten – und auf die Frauenfiguren, die den männlichen Titelhelden immer wieder in den Schatten stellen (Mera auf der einen, Nakia, Okoye und Shuri auf der anderen Seite), bin ich dabei noch nicht mal eingegangen.
All diese Gemeinsamkeiten machen „Aquaman“ jedoch nicht zu einem „Black Panther“-Plagiat. Zwar finde ich durchaus, dass „Aquaman“ sich unnötigerweise an der Marvel-Formel versucht (und im direkten Vergleich den Kürzeren zieht), aber die Ähnlichkeiten bei der Figurenkonstellation und der Struktur des Plots lassen sich wohl eher auf Blockbuster-Erzählkonventionen zurückführen: Der Held muss nun einmal eine Entwicklung durchmachen und dazu gehört oft, dass er zuerst eine Niederlage einstecken muss. Und wenn der Held ein König ist, bietet sich ein Rivale um den Thron als Gegenspieler einfach an.