„Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ ist einer der Sci-Fi-Klassiker schlechthin und stilprägend für ein ganzes Genre. Doch wie so oft in der Traumfabrik Hollywood spielt dabei der Zufall eine große Rolle und es hätten nur Kleinigkeiten anders sein müssen und „Alien“ wäre heute ein schnell runtergekurbelter, günstig produzierter Trashfilm geworden. Und der entscheidende Faktor war - wie bei so vielen Filmen in den 70er und 80er Jahren am Ende: „Star Wars“.
Doch der Reihe nach: Drehbuchautor Dan O'Bannon, der zuvor mit John Carpenter „Dark Star“ machte, wollte unbedingt einen Horrorfilm rund um ekelige Außerirdische machen. In Ronald Shusett fand er einen Partner, der ähnlich dachte. Ihr erster Versuch verlief eher im Sande und O’Bannon verabschiedete sich bald gen Paris, wo ein exzentrischer Regisseur, der große Alejandro Jodorowsky, den Kultroman „Dune“ verfilmen wollte. Das Projekt scheiterte zwar, doch Dan O'Bannon lernte den Künstler H.R. Giger kennen und bekam so zusätzliche Ideen für seinen Horrorfilm. Zurück in den USA schrieb er mit Shusett schließlich das Drehbuch zu „Star Beast“, was später in „Alien“ umgetauft werden sollte.
Doch ihr großes Problem war: In Hollywood interessierte sich niemand für Geschichten im Weltall und das war O'Bannon und Shusett bewusst, weswegen sie die großen Konzerne gar nicht erst ansprachen. Als sie Ende 1976 ein Studio suchten, wanden sie sich daher schnell an den unabhängigen Produzenten Roger Corman, der auch als einziger bereit war, sie unter Vertrag zu nehmen. Corman produzierte Filme günstig und schnell, doch er scheute vor keinem Stoff und keinem Genre zurück. Nur ein Zufall verzögerte den Vertragsabschluss zwischen den Autoren und der Filmemacher-Legende, der seine Autobiografie ganz passend „How I Made a Hundred Movies in Hollywood and Never Lost a Dime“ betitelte.
Ein Freund überredete O'Bannon und Shusett, es doch vor dem Abschluss mit Corman noch einmal bei der Produktionsfirma von Walter Hill zu versuchen, die Verbindungen zu Fox hat. Dort sei man aufgeschlossener gegenüber Stoffen, die etwas anders sind. Alan Ladd von Fox gefiel das ihm von Hill angetragene Projekt zwar, doch er konnte dem Autorenduo nicht helfen. Er stand bei seinen Bossen gerade selbst unter Druck, denn man nahm ihm übel, dass er ein Sonderling-Projekt namens „Star Wars“ ins Haus geholte hatte, das gerade zum Millionengrab zu werden drohte. Noch einen zweiten absonderlichen Weltall-Film produzieren? Undenkbar! Während der enttäuschte O’Bannon, der sich in Wartezeit übrigens über Runden hielt, in dem er George Lucas kurzfristig eine kleine Animation für ebenjenen „Star Wars“ erstellte, zu Corman zurückkroch, veränderte sich plötzlich die Filmwelt: „Star Wars“ kam ins Kino und schlug ein wie eine Bombe.
Plötzlich wollte jeder etwas vom Kuchen abhaben. Jedes Studio wollte sein eigenes „Star Wars“ haben, was die absonderlichsten Blüten trug. Der italienische Trashfilm „Raumkreuzer Hydra - Duell im All“ war zwar schon mehr als zehn Jahre alt, wurde aber einfach mal schnell neu synchronisiert und nur wenige Monate nach „Star Wars“ als „Star Pilot“ in die US-Kinos gehievt. Selbst ein deutscher Erotikfilm und David Hasselhoff spielten in diesem „Star Wars“-Kopienwahn eine Rolle. Beworben als „das $innliche Sequel zu ‚Star Wars‘“ bekam der deutsche Erotikstreifen „Ach jodel mir noch einen - Stoßtrupp Venus bläst zum Angriff“ den Titel „2069: A Sex Odyssey“ verpasst. Gipfel des Plagiate-Wahnsinns war aber der schnell heruntergekurbelte „Star Crash“ mit Christopher Plummer als Imperator, David Hasselhoff als Prinz mit Lichtschwert und einer Superwaffe, die ganze Planeten zerstören kann…
Doch ausgerechnet bei Fox, dem Studio, das mit „Star Wars“ Reibach machte, brach Panik aus, denn man hatte ein Problem: Schnell umbenannte, neu synchronisierte und runtergekurbelte Plagiate wie die Konkurrenz konnte man nicht herausbringen, weil man die Marke „Star Wars“ nicht selbst verwässern wollte. Und einen qualitativ hochwertigen Sci-Fi-Film im Weltall besaß man nicht. Man hatte ja alle Projekte abgelehnt, die nur ansatzweise in diese Richtung gingen. Zum Glück lag irgendwo noch das Drehbuch zu „Alien“ rum und plötzlich wollte man einen Film unbedingt haben, den man vorher nicht einmal mit der Kneifzange angefasst hätte. Walter Hill und Co. waren sofort auch wieder an Bord und auch Roger Corman zeigte sich generös. Corman war zwar ein Geschäftsmann, aber er erkannte und förderte auch Talente. Leute wie James Cameron, Martin Scorsese oder Peter Bogdanovich durften sich bei ihm austoben und lernen, doch wenn sich ihnen Möglichkeiten eröffneten, größere Filme zu machen, ließ er sie gehen und pochte nicht auf bestehende Verträge. So gab er auch „Alien“ frei. Statt einer in sieben bis zehn Tagen in Billigkulissen gedrehten Produktion für den schnellen Genuss entstand so einer der größten Sci-Fi-Klassiker, der nach einigen Drehbuchüberarbeitungen und fast schon ausufernden, Monate langen Dreharbeiten 1979 in die Kinos kam. Und dabei hätte alles anders kommen. Wäre „Star Wars“ nur wenige Monate später gestartet, wäre „Alien“ statt bei Fox wohl endgültig bei Corman gelandet…