2015 wurde der Hashtag #OscarsSoWhite zum Twitter-Trend, 2016 ist er es wieder (ergänzt durch #OscarsStillSoWhite), der Grund bleibt gleich: Vergangenes wie dieses Jahr wurden ausschließlich weiße Schauspieler in den vier Darstellerkategorien nominiert, doch Idris Elba („Beasts Of No Nation“) und Michael B. Jordan („Creed – Rockys Legacy“) z. B. nicht (siehe auch unser Artikel „Die FILMSTARTS-Meinung zu #OscarsSoWhite: Unbedingt nötige Kritik oder übertriebene politische Korrektheit?“). Der Protest gegen die mangelnde Repräsentierung nicht-weißer Schauspieler hat die digitale Welt verlassen, Jada Pinkett Smith und andere Kollegen etwa wollen die Oscarverleihung am 28. Februar 2016 boykottieren. Spike Lee schloss sich ihnen nun an.
Spike Lee („Chi-Raq”) gehört zu den bekanntesten Vertretern des US-amerikanischen Independent-Kinos, wurde 1990 und 1998 für den Oscar nominiert und bekam gerade erst den Ehrenoscar, mit dem Lebenswerke, außerordentliche Beiträge für die Weiterentwicklung des Films oder herausragender Einsatz für die Academy gewürdigt werden. Die Verleihung der Ehrenoscars erfolgt zwar getrennt, üblicherweise werden die Preisträger bei der Haupt-Oscarverleihung aber noch mal mit kurzen Beiträgen geehrt.
Auf Instagram schrieb Spike Lee, der Rassismus schon lange anprangert und in seinen Filmen thematisiert:
Spike Lee stört sich demnach nicht alleine daran, dass das zweite Jahr in Folge nur weiße Schauspieler Oscarnominierungen erhielten, er sieht die Schuld dafür auch nicht alleine bei der Academy. Das Hauptproblem seien die Produzenten der Hollywood-Studios und der Fernsehsender. Sie treffen in ihren Büros die Entscheidungen darüber, wer welche Rolle in welchem Film und in welcher Serie spielen darf. „Leute, die Wahrheit ist, wir sind nicht in diesen Büros. Und bis sich das für Minderheiten geändert hat, werden die Oscarnominierungen lilienweiß bleiben.“
Neben Spike Lee und Jada Pinkett Smith ärgern sich auch andere schwarze Künstler öffentlich über die Nominierungsentscheidungen. David Oyelowo, der 2015 trotz seiner Leistung als Martin Luther King Jr. in „Selma“ nicht nominiert war, äußerte sich auf den King Legacy Awards – passenderweise in einer Laudatio auf Oscar-Präsidentin Cheryl Boone Isaacs, die mit dem Rosa Parks Humanitarian Award geehrt wurde. „Dass vergangenes Jahr zwanzig Chancen verpasst wurden, nicht-weiße Schauspieler und Schauspielerinnen zu feiern, ist eine Sache. Dass das dieses Jahr wieder passiert, ist unverzeihlich.“ Und weiter: „Die Academy spiegelt nicht ihre Präsidentin wider, sie spiegelt nicht diesen Saal wider. Ich bin ein Mitglied und sie spiegelt mich nicht wider, und sie spiegelt dieses Land nicht wider.“ (via The Hollywood Reporter)
Oscar-Chefin Cheryl Boone Isaacs zeigte sich selbst unzufrieden damit, dass sich die seit einigen Jahren größere Diversität in der Academy of Motion Picture Arts and Sciences bis dato nicht in einer größeren Vielfalt der Nominierten niedergeschlagen hat. Sie kündigte darum gerade erst weitere Schritte an, was die Veränderung der Mitgliederstruktur angeht. „Die Academy wird drastische Schritte unternehmen, die Zusammenstellung unserer Mitgliederschaft zu verändern. Für 2016 geht es um Inklusion in allen Facetten: Geschlecht, Abstammung, Ethnizität und sexuelle Orientierung.“ (via Entertainment Weekly) Derzeit ist die Academy zu großer Mehrheit weiß und männlich. 2012 fand zudem die Los Angeles Times in einer eigenen, Erhebung heraus, dass das Medianalter bei 62 Jahren liegt. Im Juni 2015 wurden über 300 Mitglieder neu in die Academy eingeladen, darunter viele Frauen, viele Filmschaffende von außerhalb der USA und viele Menschen unterschiedlicher Hautfarbe.
Cuba Gooding Jr., der 1997 einen Oscar als Bester Nebendarsteller für „Jerry Maguire“ erhielt, verbreitet unterdessen vorsichtigen Optimismus. Auf einer Pressekonferenz der Television Critics Association (via Variety) sagte er: „Man will, dass es vielfältig wird. Man will, dass die Arbeit gezeigt wird. Ich will, dass ‚Straight Outta Compton’ etwas gewinnt. Aber immerhin fangen Leute durch Diskussionen wie diese an, mehr nachzudenken, wenn es um die nächsten Nominierungen geht.“ Wichtig ist es für Cuba Gooding Jr., dass noch mehr qualitativ gute Filme gedreht werden, in denen die Geschichte von Afroamerikanern thematisiert wird, und dass die Academy mehr nicht-weiße Mitglieder bekommt.