Platz 47
Martin Brest, USA 1988
Martin Brest ist einer der großen, unbesungenen Regisseure des Hollywood-Kinos der Achtziger und Neunziger. Brest war kein Visionär und kein Bilderstürmer, sondern ein versierter und fähiger Handwerker mit echtem Interesse an seinen Figuren und einem Faible für Genremixe. Mit schlafwandlerischer Gelassenheit vermochte er es schon in „Beverly Hills Cop“ die Grauzone zwischen Kriminalfilm und Comedy zu beschreiten, ohne dass ein Genre, das andere dabei ausgehebelt hätte. Sein Händchen sollte sich auch im darauf folgenden Krimikomödien-Road-Movie „Midnight Run“ bezahlt machen, in dem er den großen Edelmimen Robert De Niro als schlecht gelaunten Kopfgeldjäger Jack Walsh Jagd auf einen schrulligen Mafia-Buchalter (Charles Grodin) machen lässt. Schnell hat der Profi den neurotischen Schreibtischtäter ausfindig gemacht und würde ihn auch gern einfach bei den Behörden abliefern, doch haben dessen ehemalige Chefs längst ein Kopfgeld auf den eventuellen Zeugen ausgesetzt und auch das FBI scheint nicht vertrauenswürdig zu sein. Die nun folgende Flucht ins Ungewisse gerät aller Ernsthaftigkeit des Stoffes zum Trotz zu einem höchst vergnüglichen Road-Trip zweier höchst unterschiedlicher Konzepte von Männlichkeit, die trotz zahlloser Animositäten langsam (ganz laaaaangsam) zueinander finden und so etwas wie Freunde werden, während sie sich der Kugeln ihrer Verfolger erwehren müssen und Walshs Schützling ebenfalls bei jeder Gelegenheit versucht, seinem Beschützer wider Willen zu entkommen. Das große Kunststück Brests dürfte es dabei sein, dass es ihm gelingt, Komik und Spannung gleichermaßen zu steigern, ohne dass dabei eines das andere neutralisieren oder unterlaufen würde. „Midnight Run“ ist eine in Form und Inhalt angenehm altmodische Action-Komödie, deren Qualitäten schlicht in der guten alten Schule des schnörkellosen Erzählens liegen.